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Erste Liebschaften
ОглавлениеIch machte erste ernstzunehmende Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht. Selbstverständlich habe ich, wie alle anderen frühpubertären Jungs auch, heimliche Schwärme gehabt. Es begann im Alter von etwa 14 Jahren. In meiner Klasse auf dem Gymnasium gab es ein Mädchen namens Josefine. Damals hätte ich nicht erklären können, was mich an Josefine so faszinierte, aber ich verliebte mich unsterblich in sie und war, ob meiner Unfähigkeit ihr meine Liebe zu gestehen, totunglücklich. Mit dem Erfahrungsschatz von heute weiß ich, dass es ihr Gesicht war, denn bis heute sind es solche Gesichter, die Emotionen in mir hervorrufen. Es gibt keinen Typ Frau, der ganz besonders anziehend auf mich wirkt, und ich habe auch keine speziellen Vorlieben. Mir ist es egal, ob die Haare lang oder kurz, blond oder rot sind, ob die Brüste klein oder groß sind, der Hintern aussieht wie ein Apfel oder eine Birne. Es ist immer das Gesicht, dass für mich eine entscheidende Rolle spielt. Josefine hatte dieses Gesicht, und wann immer ich sie sah, versetzte es mir einen schmerzhaften Stich.
Ich habe es ihr nie gestanden, denn so populär ich aufgrund meiner großen Klappe bei meinen Mitschülern auch war, so heftig wurde ich von großen Minderwertigkeitskomplexen geplagt, wenn es um Mädchen ging. Für mein Alter war ich recht klein, und zu Hause achtete eigentlich nie jemand darauf, ob und wie ich mich pflegte. Das Ergebnis war, dass ich zeitweise rumlief wie der letzte Mensch. Fettige Haare, dreckige Jeans und ungepflegte Fingernägel waren nur einige der Attribute, die mich damals auszeichneten und die ich selbst natürlich auch wahrnahm. Ich kann mir rückwirkend nicht erklären, warum mir das egal war und ich somit nichts daran änderte.
Langer Rede kurzer Sinn, ich erreichte dieses Mädchen nie und war deshalb sehr verzagt. Nach diesem Unglück stürzte ich mich in ein anderes gleichartiges Desaster, denn ich verliebte mich in Anette, aus der Parallelklasse. Auch ihr gestand ich meine Liebe nie, und wahrscheinlich hat sie meine Existenz niemals wahrgenommen.
Meine erste richtige Freundin war Carina. Ich war sechszehn, als ich sie kennenlernte. Wir waren beide Gäste einer Party, die von einem Kumpel aus meiner Clique gegeben wurde. Damals war es, wenn die Umstände es zuließen, auf solchen Feten üblich irgendwann das Licht zu verdunkeln. Jeder Junge, jedes Mädchen versuchte dann die Dunkelheit auszunutzen, um zu knutschen und ein bisschen zu fummeln. Irgendwie war ich mit Carina ins Gespräch gekommen und fand mich kurze Zeit später wild knutschend auf einer Matratze wieder. Es passierte nicht viel, denn im Focus stand lediglich die wilde Knutscherei, aber mir genügte das, und ich fand es sehr aufregend. Nicht dass sie das erste Mädchen war, dass ich mit Zunge küsste, doch eine solche Intensität war mir bis dahin nicht begegnet.
Von diesem Tage an sahen wir uns so oft es irgend ging. Ich war bis über beide Ohren in sie verliebt, und zu meinem eigenen größten Erstaunen sagte ich ihr das auch. Anfangs schien sie meine Liebe zu erwidern, aber Carina war nicht perfekt. Als ihr bewusst wurde, dass ich alles für sie tun würde, nutzte sie diesen Umstand schamlos aus. Sie bestimmte, wann wir uns trafen, und sie bestimmte, dass ich sie täglich von der Schule abzuholen hatte. Schließlich hatte ich ein Moped. Zu dieser Zeit jedoch war ich selbst noch Schüler und musste regelmäßig Unterrichtsstunden schwänzen, um dieser Anweisung Folge leisten zu können. Wenn sie sich mit Freundinnen traf, holte ich sie zu Hause ab, brachte sie dorthin und hatte dann zu verschwinden. Erst wenn sie wieder nach Hause musste, wies sie mich an, sie abzuholen und sie dort abzusetzen.
Natürlich nahm ich das wahr, aber meine pubertäre Liebe war so unermesslich, dass ich diesen Umstand einfach verdrängte. Ich hatte zwar das Gefühl, dass unsere Freundschaft sehr körperbetont war, weil wir jedes Mal, wenn wir allein waren, umgehend damit begannen uns zu küssen und zu streicheln, doch mein Gefühl, so denke ich im Nachhinein, täuschte mich. Sie investierte wenig in unsere Beziehung. Zwar durfte ich meine Hand unter ihren Pullover schieben, um ihren jungen kleinen Busen zu liebkosen, aber mehr ließ sie meistens nicht zu. Natürlich wollte ich irgendwann auch andere Regionen ihres Körpers in die Entdeckungsreise meiner Hände einbeziehen und dachte damals, dass das auch ihr Wunsch ist. Es kostete mich allerdings sehr viel Überredungskunst, bis ich mit meiner Hand auch in ihre Hose wandern durfte. Dazu durfte ich allerdings nicht mehr, als ihren Gürtel und den obersten Hosenknopf öffnen. Die Hosen waren damals hauteng, und es erforderte eine gewisse Geschicklichkeit, meine Hand hinunter zu ihrem Schritt zu führen.
Meine Finger liebkosten ihren zarten Busch und wagten sich bis zu ihrer Vagina vor. Ich berührte vorsichtig ihre Schamlippen und versuchte einen Finger in ihrer Spalte zu versenken. Sehr weit kam ich allerdings nie, denn wenn sie das Gefühl hatte, dass es zu viel wurde, unterband sie dieses Vorhaben umgehend. So oft ich ihre Scham berührte, ich habe sie nie gesehen. Dass ich mir von ihr nichts sehnlicher wünschte als eine Berührung meines eigenen Geschlechtsorgans, versteht sich von selbst. Diesen Wunsch erfüllte sie nur in so weit, als dass sie es durch die geschlossene Jeans massierte. Ich konnte sie nie überreden, es auch nur zu berühren. So ging das ein paar Monate.
Natürlich wurde ihr keusches Gebaren zu einem Problem. Zwar forderte ich diese Dinge nicht ein, aber meine Unzufriedenheit übertrug sich in solchen Momenten auf sie, und es entwickelte sich eine gewisse Spannung zwischen uns. Erschwerend kam hinzu, dass Carina anfing, Ansprüche an unsere Freizeitgestaltung zu stellen, doch außer meinem Moped hatte ich nichts zu bieten. Das wenige Taschengeld, das ich bekam, ging für Sprit und Tabak drauf. Sie selbst bekam überhaupt kein Taschengeld. Wir konnten also nicht wesentlich mehr tun, als nur gemeinsam ›abzuhängen‹.
Und so endete diese dennoch sehr schöne Episode schon nach zirka drei Monaten. Ich heulte mir nächtelang die Augen aus dem Kopf und wünschte sie mir zurück. Dieser Wunsch jedoch ging nie in Erfüllung. Tage und Wochen gingen ins Land, und meine Trauer schien nicht enden zu wollen. Dann aber gab es eine weitere Party, diesmal in einem Keller eines Mehrfamilienhauses in der Nachbarschaft. Ich trank ziemlich viel, jedenfalls deutlich zuviel für meine damalige Konstitution. Es lief ›Hiroshima‹ von Wishful Thinking, und ich saß in der Ecke des Kellerraums auf einer Matratze, als ich plötzlich hemmungslos anfing zu heulen. Das war sehr uncool, aber ich war so betrunken, dass mir das total egal war. Es war Biggi, die sich neben mich setzte und mich zu trösten versuchte. Sie nahm mich in den Arm und redete mir leise gut zu. Und dann gestand sie mir flüsternd ihre Liebe. Trotz meines fortgeschrittenem Alkoholkonsums erreichte mich ihr Geständnis, und ich sah sie an.
Bis zu diesem Tag war sie, obwohl sie hervorstechende körperliche Merkmale hatte, die alle Jungs dazu verleiteten, ihr immer wieder auf den Hintern oder auf den Busen zu starren, für mich immer nur ein Freund. Sie zeigte ihre Formen durchaus gern und kleidete sich so, dass die genannten Merkmale jedermann direkt ins Auge stachen. Biggi war schlank, hatte einen wirklich großartigen Hintern und eine große Oberweite. Ich guckte natürlich auch danach, doch mir ist nie in den Sinn gekommen, dass dieses Mädchen mehr als nur Freundschaft für mich empfinden könnte.
Der Abend nahm eine Wendung, und wir verzogen uns in eine stille Ecke des Kellers, um dort ungestört rumzuknutschen. Sie war genauso alt wie ich, aber sehr viel erfahrener. Wir gingen für einige Wochen miteinander, und sie war das erste Mädchen, mit dem ich schlief. Es war ein großartiges Erlebnis, und noch heute schäme ich mich für meine Ungeschicklichkeit. Auch wenn diese Beziehung nur wenige Wochen Bestand hatte, erinnere ich mich bis heute gerne an sie zurück. Ich glaube, Biggi war sehr verliebt in mich, aber ich erwiderte ihre Liebe nicht in dem Maße, wie ich es hätte tun sollen, um ihr gerecht zu werden. Etwas fehlte, und das sorgte bei mir für Gewissensbisse, die mich dazu trieben, es zu beenden, um nicht länger unehrlich sein zu müssen. Wie ich ihr das beibrachte, weiß ich nicht mehr, aber immerhin führte das Ende unserer Beziehung nicht zum Ende unserer Freundschaft. Dieses ›Lass uns Freunde bleiben‹, hat bei uns tatsächlich funktioniert. Wir waren nicht nur noch einige Jahre dick befreundet, wir schliefen immer wenn uns danach war und wir beide solo waren, miteinander. Das ging einige Jahre so und war ganz sicher etwas Besonderes.
Es folgten vier oder fünf weitere Liebschaften, die allesamt so schnell endeten, wie sie begannen. All diese Mädchen hatten eines gemeinsam, sie waren mir sexuell deutlich überlegen, denn für keine dieser Freundinnen war des Miteinanderschlafen eine Frage. Sie taten es einfach, und ich lernte sehr, sehr viel dazu.
Eine dieser Freundinnen hieß Carola. Ursprünglich kannten wir uns von der Schule, aber in dieser Epoche interessierten wir uns noch nicht füreinander. Erst später im Mes Amis, eine Kneipe, in die damals die halbe Jugend Bochums rannte, lernten wir uns näher kennen. Dort frönten wir regelmäßig unserem gemeinsamen Hobby und soffen bis der Arzt kam, und das hatte zur Folge, dass wir oft ziemlich enthemmt miteinander umgingen. Carola hatte einen ganz eigenen Kopf.
Wir waren gerade mal einen Tag zusammen, als sie mich einlud mit ihr nach Berlin zu fahren und dort bei Freunden von ihr zu übernachten. Für mich, der aus Bochum fast noch nie herausgekommen war, war das eine Weltreise. Ohne Carola hätte ich eine Fahrt solchen Ausmaßes nie ins Auge gefasst. Da war sie deutlich mutiger als ich. Zu dieser Zeit arbeitete ich bereits, so dass ich die Zugfahrkarte finanzieren konnte.
In Berlin angekommen, sind wir zu ihren Freunden gegangen und dort sofort im Bett verschwunden. Ich glaube, wir haben den größten Teil unserer Zeit in diesem fremden Bett verbracht, während ihre Freunde nebenan saßen und unserem Treiben zuhörten, aber das hat uns seinerzeit nicht interessiert.
Carola war ein ungewöhnliches Mädchen. Sie war äußerlich sehr selbstbewusst und, höflich formuliert, ungemein stur, denn wenn sie etwas wollte, dann blitzte blanker Fanatismus aus ihren Augen. Beim Sex kämpfte sie mit aller Kraft um ihre Befriedigung, und die konnte sie nach meiner Erinnerung nicht durch einen langweiligen einfachen Geschlechtsakt erreichen, also wurde der Sex mit ihr überaus variantenreich. Hatte er bisher aus Petting und der Missionarsstellung bestanden, probierte sie mit mir jede nur denkbare Stellung aus. Ich war begeistert und fand es wahnsinnig spannend, und wir haben es wirklich stundenlang getrieben. Als jungen und unerfahrenen Heißsporn ereilte mich, angesichts all dieser neuen Praktiken und dieser aufregenden Frau, mit stoischer Regelmäßigkeit ein vorzeitiger Orgasmus. Meistens kam er deutlich schneller als mir lieb war. Carola störte das nie. Sie baute die Resultate meiner Höhepunkte ins Spiel ein und setzte wie selbstverständlich voraus, dass ich ein zweites und ein drittes Mal in der Lage sein würde, meinen Körper in die für eine weitere Runde notwendige Ekstase zu versetzen. In diesem jungen Alter stellte das erfreulicherweise nie ein Problem dar. Nach der ersten Entladung war ich sehr viel gelassener und nahm mir die Zeit, die wir brauchten, um gemeinsam auf Expedition zu gehen.
Was mich an ihr damals außerordentlich beeindruckt hat, war nicht ausschließlich der Sex. Den würde ich in meinem späteren Leben auch mit anderen Frauen haben. Was mich restlos fasziniert hat, war ihre Bitte, sie zu schlagen. Sie hatte einen Fetisch, den sie schon im Alter von zarten sechzehn Jahren auszuleben versuchte. Ich war wie vom Donner gerührt. Eine Frau schlagen, das machte man nicht, und ich schon gar nicht. Dafür war und bin ich nicht gestrickt. Trotzdem versuchte ich ihr diesen Gefallen zu tun, und schlug ihr ganz sanft und ziemlich lustlos auf den Hintern.
»Fester!«, feuerte sie mich an, »viel fester!« Ich schlug sie abermals und diesmal mit einem deutlich vernehmbaren Klatschen. Es reichte ihr noch immer nicht, also versuchte ich meinen ganzen Mut zusammenzunehmen, meine Hemmungen zu übergehen und unternahm einen weiteren Versuch. Es war unverkennbar, dass sie noch nicht zufrieden war, und ich schämte mich fast für mein Unvermögen. In mir gab es einen inneren Widerstand, der mehr nicht zuließ, und so musste sie sich zunächst damit abfinden. Wir würden ja noch viel Zeit füreinander haben, und somit würde ich noch ›üben‹ können. Viel Zeit aber blieb uns nicht.
Carola hatte eine sehr unangenehme Seite. Immer wenn sie Alkohol zu sich nahm, tat sie das schnell und in großen Mengen. Das allein wäre nicht schlimm gewesen, aber wenn sie einen gewissen Pegel überschritt, wurde sie sehr laut und unglaublich ordinär. Sie pöbelte jeden an, der ihr gerade in die Quere kam und brachte mich dadurch oft in unangenehme Situationen. Bei ihren Pöbeleien unterschied sie nicht zwischen Mann und Frau, und natürlich gab es auch Männer, die sich das von ihr nicht gefallen ließen und entweder zurückpöbelten oder im schlechtesten Fall sogar handgreiflich wurden. Meine Aufgabe als ihr Freund bestand in solchen Situationen darin, den aufgebrachten Widersacher entweder zu beruhigen oder meinerseits handgreiflich zu werden. Zweiteres tat ich nur sehr ungern und war dementsprechend sehr unglücklich in derlei Momenten.
Ich versuchte mehrfach mit Carola darüber zu sprechen, wenn sie nüchtern war. Sie schien dann jedes Mal wirklich betroffen zu sein und gelobte regelmäßig Besserung, aber dieses Versprechen konnte sie nicht halten. Die Zeiten brachten es seinerzeit mit sich, dass wir uns praktisch jeden Abend im Mes Amis mit Freunden und Bekannten trafen, und in dieser Kneipe gab es nun einmal Alkohol. Carola unternahm nie den Versuch sich mal an einer Cola festzuhalten, und so pöbelte sie praktisch täglich.
Irgendwann hatte ich genug und beendete diese Verbindung. Für mich war es nie eine Liebesbeziehung, aber ich trauerte ihr durchaus hinterher, denn auch sie war, auf ihre ganz eigene Art, etwas sehr Besonderes.
Und dann gab es da noch Beatrice. Es fällt mir heute nicht ganz leicht sie zu erklären. Eigentlich hätte ich auch sie von der Schule her kennen müssen, allerdings schien sie ebenso wenig zu den regelmäßigen Besuchern dieser Einrichtung zu gehören wie ich. Ich jedenfalls kann mich nicht erinnern, sie jemals dort gesehen zu haben und lernte sie erst sehr viel später bei einem früheren Freund kennen, der vor gefühlten 100 Jahren mit ihr ging. Anfangs interessierte sie mich nicht sonderlich, obgleich sie ein sehr hübsches Mädchen war. Sicherlich war sie auch deshalb tabu, weil sie die Freundin eines Freundes war und ich niemals in so eine Beziehung gegrätscht wäre.
Beatrice hatte, wie ich erst später erfuhr, einen Ruf wie Donnerhall. Jetzt, in dem Moment, in dem ich das hier niederschreibe, bin ich unsicher, wie deutlich ich an dieser Stelle werden soll. Ich mochte sie sehr. Insofern möchte ich den Versuch unternehmen, offen auszusprechen, was sie damals ausmachte, ohne ihr dabei zu nahe zu treten. Erneut lässt mich mein Erinnerungsvermögen im Stich, wenn ich mich darum bemühe, mich zu entsinnen, wie ich mit ihr ins Gespräch kam und was dazu führte, dass wir plötzlich miteinander gingen.
Es beschämt mich an dieser Stelle eingestehen zu müssen, dass mir das einfach nicht gelingen will, aber ich führe diese offensichtliche Amnesie unter anderem auf den Umstand zurück, dass diese Liaison im Mes Amis begann und unterstelle nachträglich, dass Alkohol mich im Gespräch mit Beatrice zumindest enthemmt hat. Sie konnte sehr gut mit dem Alkoholkonsum anderer umgehen, was manchmal bei dem einen oder anderen zu Verwunderung führte, und so auch in meinem Fall. Ich muss jedoch an dieser Stelle drei Dinge darlegen. Erstens kannten wir uns bereits lange vorher, so dass sie sich eben nicht, jedenfalls nicht nur, auf meine versoffene Anmache einließ. Zweitens war ich damals echt alkoholtrainiert, so dass ich zwar nach entsprechendem Konsum deutlich lockerer mit Menschen umging, aber durchaus nicht betrunken wirkte. Drittens ging Beatrice völlig unvoreingenommen auf andere Menschen zu. Wenn sie von einem alkoholisierten Mann angesprochen wurde, sah sie in ihm nicht, wie die meisten jungen Frauen, den verabscheuungswürdigen Betrunkenen, sondern sie sah in ihm einfach nur einen Mann, der etwas zuviel getrunken hatte und fand das nicht verwerflich. Beatrice war tatsächlich in der Lage auch in Situationen, die völlig eindeutig waren, diese Eindeutigkeit entweder nicht zu erfassen oder aber damit zuweilen auch sehr absonderlich umzugehen. In einem sehr heißen Sommer soll es eine Episode gegeben haben, in der sie mit meinem Freund Bernd gemeinsam duschen ging, allerdings wirklich nur um zu duschen. Bernd, dessen Hände in dieser Situation nachvollziehbares Eigenleben entwickelten, stellte ungläubig fest, dass ihre Einlassung auf das gemeinsame Duschen, in keinerlei Zusammenhang mit irgendwelchen sexuellen Sehnsüchten stand.
Beatrice war damals ziemlich durchgeknallt. Sie stellte regelmäßig seltsame Thesen auf, die außer ihr niemand verstand und erregte damit die Gemüter. Die einen lachten, die anderen hielten sie einfach für ein bisschen bekloppt, was der Sache wahrscheinlich am nächsten kam.
Im Gegensatz zu mir trank sie keinen Alkohol. Und so geschah es, dass wir irgendwann bei mir zuhause saßen und Tee tranken. Nie zuvor hatte ich Tee getrunken, und ich hasste ihn. Unsere Gespräche waren schwierig, denn Beatrice bewegte sich auf einer völlig anderen Ebene als ich. So sehr ich mich auch bemühte, ihren Ausführungen zu folgen, ich verstand sie einfach nicht und konnte mich im Grunde nie völlig auf sie einlassen. Ich mochte sie, und ich mochte ihren Körper. Ihr freizügiger Umgang mit ihrem Körper, kam der bereits erwähnten Unvoreingenommenheit gleich. Ein erheblicher Teil ihres Rufes beschäftigte sich mit dem Umstand, dass sie leicht zu haben war. Ich wusste das, und sie wusste das natürlich auch, und ich erinnere mich schmunzelnd daran, wie ich sie zum ersten Mal bat mit mir zu schlafen. Meine Sehnsucht verlieh mir in diesem Augenblick Charme und Wortgewandtheit, und ich war mir meiner Sache sicher. Zu meiner größten Überraschung und Enttäuschung fing ich mir einen Korb, denn in meinem Fall wollte Beatrice, anders als bei meinen vielen Vorgängern, warten. Sie wartete ungefähr eine halbe Stunde.
Ich machte mit ihr ein paar neue Erfahrungen. Neben der Unvoreingenommenheit und der Freizügigkeit, lernte ich ein bis dahin nicht gekanntes Körperbewusstsein kennen. Beatrice schlief nicht mit mir, weil wir uns liebten oder den Wunsch hatten, den anderen zum Zenit seiner Begierden zu führen, sondern weil ›sie‹ ihren Höhepunkt wollte. Manchmal vermittelte sie mir das Gefühl nur Mittel zum Zweck zu sein. Sie gehörte zu den ganz wenigen Frauen, die mir begegneten, die sich ihres Körpers, und dessen was man damit anstellen kann, völlig bewusst waren. Tief beeindruckt hat mich damals auch ihre Geräuschkulisse. Die Frauen, mit denen ich bis dahin zusammen war, waren gegen Beatrice die reinsten Flüstertüten.
Auch wenn mich all das faszinierte, ich sie sehr mochte und ich ganz sicher von vielen Jungs um diese Beziehung beneidet wurde, konnte ich kein gemeinsames Plateau finden, auf dem wir uns hätten niederlassen können. Ich fing an die Gespräche, an denen ich mich nicht beteiligen konnte, zu fürchten. Hinzu kam, dass ich mich in meinem jugendlichen Alter von 18 Jahren, mit denen ich damals sicher noch vergleichsweise unerfahren war, körperlich völlig unterlegen fühlte. Beatrices Natürlichkeit überforderte mich im Grunde. Für mich war Sex nicht selbstverständlich, und die Selbstverständlichkeit, mit der sie damit umging und auch ihr körperliches Salär einforderte, ängstigte mich. Irgendwann wurde es mir zuviel und ich wollte einfach nicht mehr. Erst waren es nur die Gespräche, die mich überforderten, später war sie es als Person. Und so beendete ich die Beziehung nach zirka drei Wochen und begegnete ihr erst viele Jahre später wieder. Nach meiner Trennung von Beatrice wurde es wirklich ernst, denn ich lernte Maria kennen.