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Glasweise genießen

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Endlich! Immer mehr Gastronomen schenken Spitzenweine auch glasweise aus. Warum das Erfolg hat und wieso sich dagegen halbe Flaschen in der Gastronomie kaum durchsetzen.

Es liest sich wie die „Forbes 100“ der Weinwelt: Da stehen Gewächse deutscher Spitzenwinzer wie Philipp Wittmann, Schäfer-Fröhlich, Dr. Bürklin-Wolf oder Peter Jakob Kühn neben raren und gereiften Burgundern und Bordeaux. Die Rede ist nicht von der Flaschenweinkarte eines Edellokals. Nein, wer in dieser Liste stöbert, sucht sich gerade einen offenen Wein im Berliner Restaurant „Glass“ aus. Denn im „Glass“ gilt: Alles, was auf der Karte steht, kann offen bestellt werden. Ausgenommen ist einzig eine Handvoll Jahrgangs-Champagner.

Die Lust auf den kleinen Schluck ist groß. „Die Gäste trinken weniger, aber qualitätsbewusster“, sagt Marco Pargger, der vor drei Jahren das Restaurant „Little London“ in München eröffnete. Auch er bietet jede seiner 350 Positionen glasweise an. Angestachelt hat ihn, dass er selbst bei Restaurantbesuchen immer wieder von der offenen Weinkarte enttäuscht war. „Viele Weinliebhaber trinken zu Hause besser als auswärts“, stellt er fest. Zum einen seien die Flaschenpreise in der Gastronomie oft viel zu hoch, zum anderen sei man mit einer ganzen Flasche nicht flexibel: „Wenn am Tisch eine Person Fisch und die andere Fleisch bestellt, macht es Sinn, zwei verschiedene Weine zu servieren. Oft haben Gäste auch einen unterschiedlichen Geschmack: Frauen trinken eher Schaum- oder Weißwein, Männer eher rot.“

© ALEKSANDRA DUDA / SHUTTERSTOCK


Jungbrunnen: In spezialisierten Ausschanksystemen bleibt Wein trotz angebrochener Flasche über Tage frisch.

Möglich wird die Vielfalt durch Ausschank- und Konservierungssysteme, wie sie zum Beispiel Coravin, Enomatic oder Eurocave anbieten. Mit dem Coravin etwa kann man kleine Mengen Wein aus der Flasche entnehmen, ohne diese zu öffnen – mittels einer Nadel wird der Wein entzogen und durch das Gas Argon ersetzt. Laut Hersteller bleibt der Wein auf diese Weise bis zu einem Jahr stabil und frisch. Enomatic oder Eurocave bieten ganze Ausschanksysteme an, bei denen sich Gäste sogar selbst bedienen können: Per Knopfdruck wird portionsgenau eine Menge Wein ausgegeben. Stickstoff verhindert die Oxidation des Rests in der Flasche über einige Tage. Auch manuelle Weinpumpen wie von VacuVin, die schlicht ein Vakuum herstellen, helfen beim Haltbarmachen.

Halbe Flaschen hingegen setzen sich in der Gastronomie kaum durch. „Eigentlich ein schönes Format“, sagt Axel Bode vom Restaurant „Witwenball“ in Hamburg, das über 30 Weine offen anbietet. „Eine große Flasche nehmen Gäste oft auch als große Menge Wein wahr. Da sind 375 Milliliter eine gute Alternative.“ Dennoch würden die Minis kaum nachgefragt, und auch bei Winzern finde er selten Weine in kleinen Flaschen. „Ein Grund dafür ist sicherlich, dass Wein in der halben Flasche deutlich schneller reift als in größeren Bouteillen.“

Manche Gäste schrecken in der Tat davor zurück, eine ganze Flasche eines Weins zu bestellen, den sie nicht kennen und einschätzen können, beobachtet Marco Müller vom „Rutz“ in Berlin. Er ist beim Thema offener Weinausschank ein alter Hase. Vor 16 Jahren gehörte er zum Gründungsteam einer der ersten deutschen Weinbars. „Mit offenen Weinen kann man Gäste besser an das heranführen, was sie wirklich mögen“, sagt er.

Bei 180 offenen Weinen, die Gal Ben-Moshe im Restaurant „Glass“ für Preise zwischen acht und 100 Euro pro 0,1 Liter ausschenkt, können Gäste einiges ausprobieren. Große Gewächse kosten 20 bis 30 Euro. Der teuerste Wein der Berliner: die 1994 Scharzhofberger Riesling Auslese von Egon Müller – in der echten Welt kaum mehr zu bekommen. 85 Euro zahlt man für fünf Zentiliter des Süßweins. Ein stolzer Preis. Aber wo haben Weinfreunde schon einmal die Möglichkeit, eine solche Rarität zu probieren?

Katja Apelt

© AFRICA STUDIO / SHUTTERSTOCK

Gault&Millau WeinGuide Deutschland 2018

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