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Die Pässe der Zentralalpen werden wichtig

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Der Hildesheimer Bischof Gotthard, 1038 gestorben und 1113 heiliggesprochen, war Schutzpatron einer 1230 vom Mailänder Erzbischof geweihten Kapelle auf dem Monte Tremolo am Südhang des Gotthards. Er wurde zum Namensgeber des Passübergangs, der in den Jahrzehnten zuvor mit der Öffnung der Schöllenenschlucht besser zugänglich und damit für den Warenverkehr nutzbar geworden war. Auch die Kirche von Simplon ist 1235 dem heiligen Gotthard geweiht worden, dem Schutzpatron für Passkirchen. Die religiöse Versorgung der Passrouten deutet darauf hin, dass diese stark an Bedeutung zugenommen hatten. Hinweise zum Umfang des Warenverkehrs kennen wir erst aus der Zeit um 1300 von der savoyischen Zollstelle in Saint-Maurice und der habsburgischen in Luzern. Das Warenaufkommen am Gotthard scheint etwa doppelt so hoch wie am Simplon gewesen zu sein, war allerdings Schwankungen unterworfen. So haben zum Beispiel die nach dem Tod König Rudolfs von Habsburg im Sommer 1291 ausgebrochenen Konflikte den Verkehr am Gotthard deutlich beeinträchtigt und für eine starke Zunahme am Simplon und am Grossen St. Bernhard gesorgt.9 Die wachsende Bedeutung der Alpenpässe ist ohne die Rolle der Städte nicht zu verstehen. Dabei ist nicht nur die weit entwickelte Wirtschaftskraft der lombardischen Städte, besonders Mailands, zu betonen. Auch nördlich der Alpen entwickelte sich die Städtelandschaft seit dem ausgehenden 12. Jahrhundert rasant. Es ist wohl kein Zufall, wenn König Friedrich II. Bern und Zürich nach dem Aussterben der Zähringer 1218 zu Reichsstädten aufwertete. Die Impulse von Bevölkerungszunahme und wirtschaftlichem Wachstum im 12. und 13. Jahrhundert brachten im Raum zwischen Bodensee und Genfersee eine dichte Städtelandschaft hervor. Zu den alten, in spätrömischer Tradition stehenden Orten wie Genf, Lausanne, Sitten, Solothurn, Basel, Zürich, Konstanz und Chur, oft auch Bischofssitze, kamen Dutzende mehr oder weniger erfolgreiche Neugründungen hinzu. Grössere und kleinere Adelsgeschlechter versuchten damit, ihren Machtbereich zu konsolidieren und wirtschaftlich aufzuwerten. Die Zähringer Gründungen Freiburg und Bern sind frühe Beispiele dafür. Dabei ging es um regional ausgerichtete Wirtschaftszentren, wie die Kyburger Städte Winterthur oder Frauenfeld im Thurgau oder die Habsburger Städte Brugg oder Bremgarten im Aargau. Die Gründung von Liestal, Olten und Zofingen im späten 13. Jahrhundert durch die Grafen von Froburg ist hingegen nur vor dem Hintergrund der wachsenden Bedeutung der Strasse über den Hauenstein als Zugangsweg von Basel nach Luzern und zum Gotthard zu verstehen.

Nicht zu unterschätzen ist auch der verstärkte kulturelle Austausch dank dem besseren Zugang über Simplon und Gotthard nach dem Süden. Die adlige Gefolgschaft lernte auf den Italienzügen der staufischen Könige und in deren Auseinandersetzungen mit den lombardischen Städten die weit urbaner geprägte und wirtschaftlich weiter entwickelte Kultur Italiens kennen und wird diese auch zum Vorbild genommen haben. Baute der Adel noch in der Zeit um 1200 in grosser Zahl Burgen, konzentrierte er sich Ende des 13. Jahrhunderts weit stärker auf seine Städte, förderte sie und baute dort feste Wohnsitze. Im militärischen Gefolge des Adels zogen auch der Ritteradel und die ländlichen Führungsgruppen mit nach Italien. Die Schwyzer Landleute, die im Jahr 1240 vor Faenza von Kaiser Friedrich II. ein Reichsprivileg erhielten, werden nicht als ungeordneter Haufen nach Süden gezogen sein, sondern unter der Führung eines Adligen, vielleicht eines Grafen von Rapperswil oder gar zusammen mit Rudolf IV. von Habsburg. Und sie erwarteten eine Entschädigung. Von der Königsgefolgschaft zum Reichsprivileg und zum Solddienst war es ein kurzer Weg.

Die Bewohner des zentralen Alpenraums lebten zu Beginn des 13. Jahrhunderts nicht mehr in einem peripheren Raum, sondern standen in wachsendem Austausch mit dem mittelländischen Vorland und dem nunmehr besser zugänglichen Süden.

Von Morgarten bis Marignano

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