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… und die alte Freiheit?
ОглавлениеDie frühere Forschung hat versucht – von einem Freiheitsbegriff des 19. Jahrhunderts geprägt –, in der Innerschweiz möglichst viele, sogenannt freie Leute dingfest zu machen. Schon für Wilhelm Oechsli 1891 und dann vor allem für Karl Meyer 1927 war die Existenz von freien Leuten, die keinem Grundherrn, sondern nur dem Landesherrn beziehungsweise direkt dem König verantwortlich gewesen seien, eine Voraussetzung für die Bildung von kommunalen Organisationen, die sich direkt König und Reich verpflichtet gefühlt hätten.10 Sie argumentierten dabei unter anderem mit der Rodungsfreiheit. Adel und Klöster hätten als Entgelt für Rodung und Landesausbau diesen Gruppen individuelle Freiheit verliehen. Auch für Tschudi waren diese «frijen landtlüt» von zentraler Bedeutung. Sie seien in der Nachfolge der römischen Kolonisatoren schon immer da gewesen. Der Adel habe sie dann bedrängt und zu unterwerfen versucht.
Diese Argumentation wird durch die vorhandenen Quellen nicht gestützt. Es ist tatsächlich so, dass auch noch das berühmte Habsburger Urbar, das grosse Besitzverzeichnis aus dem frühen 14. Jahrhundert, sogenannt freie Vogtleute erwähnt. Diese gab es, mehr oder weniger zahlreich, auch im Mittelland. Sie standen aber, wenn sie nicht im Dienstadel aufsteigen konnten, im 13. und 14. Jahrhundert oft auf der Verliererseite. Ohne Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe eines Klosters oder eines Adligen waren sie von der wirtschaftlichen Entwicklung abgehängt. Es gibt denn auch zahlreiche Beispiele dieser freien Vogtleute, die sich freiwillig in die Abhängigkeit eines Herrn begeben haben, um letztlich dort Karriere zu machen.
Was für das Mittelland gilt, wird auch für die Alpentäler nicht falsch gewesen sein. Wie oben beschrieben waren die späteren Waldstätte geprägt von grossen Gruppen von den Klöstern zugehörigen Gotteshausleuten. In Unterwalden und Uri wohl mehr, in Schwyz wahrscheinlich weniger. Aber: Die Zugehörigkeit zu diesen klösterlichen Genossenschaften war wahrscheinlich schon im 13. Jahrhundert schwach oder ist im Lauf der Zeit schwächer geworden. Für die Leute des Fraumünsters in Uri ist dies offensichtlich. Für die politische Entwicklung zu den kommunalen Organisationsformen, die sich in der Zeit um 1300 ausbildeten, ist die Frage ob frei oder nicht frei aber nicht von Bedeutung. Die kommunalen Strukturen wurden an Ort von den Führungsgruppen aufgebaut, die selbst in unterschiedlichsten Abhängigkeiten zueinander und gegen aussen standen. Ländliche Potentaten, klösterliche Ammänner und Adlige bildeten diese Gruppe, die eine eigenständige Politik gegen aussen zu entwickeln begannen. Darunter wird es auch einige Altfreie gegeben haben …
Keiser Fridrich belegert die statt Faventz in Italia, begert von den waltstetten Uri, Switz und Underwalden hilff, dera si bewilgtend, doch mit andingung [der Bedingung], das er inen brief und sigel geb, das si frije völcker sigind und uss frijem willen sin und des richs beherrschung angenommen hettend und vom rich niemer verendert söltind werden.
[…] Der keiser versampt [versammelt] ein hör [Heer], die abfelligen stett gehorsam ze machen und des papsts ungestüme ze tämmen, schickt ouch harumb sine erbre botten zuo den drijen waltstetten Uri, Switz und Underwalden umb hilff, liess inen anzeigen, wie unbillich und on alle redliche ursach der papst inne understuonde underzetrucken, und wie er in Italia ein hör versampt, in willen die stat Faventz ze belegern, und so si im jetz ir hilff erzeigtind, weit ers in guotem alzit gegen inen erkennen. Die waltstett gabend antwurt, si sigind von irn vordem har frije völcker und allein dem rich in tütschen landen verpflicht gewesen, aber übel geschirmpt worden, und so verr er inen brief und sigel geben, das si frij sigind und das si uss frijem unbezwungnem willenb sich under sin und des römischen richs beherrschung undergeben und si ze jeden ziten schützen und schirmen, ouch vom rich niemermer verendern welle, so wellind si imm und is dem rich gehorsame leisten und inne für irn herren erkennen, ouch alsdann die begerte hilff umb gebürende besoldung in Italiani tuon. (Aegidius Tschudi, Chronicon Helveticum, nach Stettler 2, 1974, 120f.)