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1291 – ein Wendepunkt? 3
ОглавлениеNach dem Tod des weisen Königs Rudolf von Habsburg 1291 war «ufruerisch wunderbar wesen in disen obern landen», das heisst im Raum zwischen Rhein und Alpen, schreibt Tschudi. Sein Sohn und Nachfolger Albrecht «hat vil herren und stett geistlich und weltlich bi sines vatters seligen des künigs ziten beleidiget», fährt er fort. Dabei waren zum Beispiel die Zürcher «etwa des künigs liebste fründ gewesen». Nun war Albert ihnen gram und wollte sie unter sein Joch zwingen. Aegidius Tschudi erzählt eine andere Geschichte des Jahres 1291 als diejenige, die wir gemeinhin kennen. Er weiss nichts vom Bundesbrief von Anfang August 1291, hat ihn im Archiv in Schwyz nicht gesehen oder nicht zur Kenntnis genommen. Hingegen hat er das Bündnis von Zürich mit Uri und Schwyz von Oktober 1291 gekannt (und fälschlicherweise auf 1251 datiert) und dasjenige von November 1291 zwischen der Stadt Zürich und Elisabeth von Rapperswil.32
Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts gilt der 1. August 1291 offiziell als Gründungsdatum der Eidgenossenschaft. Wilhelm Oechsli hat dafür im Auftrag des Bundesrats die wissenschaftliche Rechtfertigung verfasst. Nüchtern analysiert er aufgrund der urkundlichen Überlieferung die Entwicklung der Waldstätte im 13. Jahrhundert und setzt den Bundesbrief von 1291 als dramaturgischen Höhepunkt, der dann nach der Schlacht am Morgarten Ende 1315 neu beschworen wird. Auf die chronikalische Überlieferung mit traditioneller Befreiungsgeschichte von Tell, Bundesschwur und Burgenbruch geht er gar nicht ein, sie gehörte nicht zu seiner wissenschaftlichen Analyse. Erst Karl Meyer hat gut 30 Jahre später diese zwei Stränge wieder zusammengeführt.33
Bevor auf die Bedeutung und Einordnung des Bundesbriefs eingegangen werden kann, braucht es einen Blick auf die Ereignisse vor und nach dem Tod des Habsburger Königs und auf die Stellung der uns bekannten Bundesgenossen gegenüber dem Reich und den Habsburgern.34