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Ein Aufstand zwischen Genfer- und Bodensee
ОглавлениеDie konsequente Politik der Habsburger in den 1280er-Jahren zur Sicherung und zum Ausbau ihrer Positionen im Mittelland und am Weg zu den Alpenpässen hatte Widerstand hervorgerufen. Mit dem Tod des Königs wurde aus diesem Widerstand offener Aufruhr. Die Stadt Bern begab sich bereits am 9. August 1291 in den Schutz des mächtigen Nachbarn Savoyen, solange bis ein neuer König im Land sei.44 Dieser neue König, Adolf von Nassau, wurde erst im Mai 1292 in Frankfurt gewählt. In der Zwischenzeit musste sich Rudolfs Sohn Albrecht sowohl in den österreichischen Herzogtümern wie im Raum zwischen Genfersee und Bodensee, aber auch im Elsass heftigen Widerstands erwehren. Er schaffte es, die Aufstände in der Steiermark im Winter 1291/92 niederzuschlagen. Im Westen hatte sich eine Koalition gebildet, die sich aus Verlierern der habsburgischen Territorialpolitik der letzten Jahre zusammensetzte. Sie stand unter Führung der Stadt Zürich und des Bischofs von Konstanz, niemand anderer als Rudolf von Habsburg-Laufenburg. Er war 1274 mithilfe seines königlichen Vetters auf den Bischofsstuhl von Konstanz gelangt, war Vormund der Söhne Eberhard und Hartmann seines verstorbenen Bruders Eberhard, des Kyburger Erben. Der Bischof schloss dazu im September 1291 einen Beistandspakt mit Graf Amadeus von Savoyen zur Sicherung der burgundischen Besitzungen seiner Neffen. Zu dieser Koalition gesellte sich eine ganze Reihe von Adligen, die unter Druck der habsburgischen Politik standen: die Grafen von Nellenburg, Toggenburg und Montfort in der Ostschweiz und am Rhein – dazu gehörte auch Wilhelm von Montfort, Abt von St. Gallen, der von König Rudolf aus dem Amt gedrängt worden war und bereits zehn Tage nach Rudolfs Tod wieder in St. Gallen einzog. Auch die Freiherren von Regensberg und die Rapperswiler Witwe Elisabeth, die Ende November 1291 zusammen mit den Bürgern von Rapperswil ein dreijähriges Bündnis mit der Stadt Zürich abschloss, zählten zu dieser Opposition.45 Bereits vom 16. Oktober datiert ein dreijähriges Bündnis zwischen der Stadt Zürich und den Landleuten von Uri und Schwyz.46 Auch die Waldstätte und die Stadt Luzern scheinen sich an dieser Koalition beteiligt zu haben, ohne dass wir Nachricht von konkreten Handlungen haben. Die Befristung der Bündnisse deutet darauf hin, dass es um die Friedenswahrung für eine gewisse Zeit ging, bis mit einer neuen Königswahl die Verhältnisse im Reich geklärt sein würden.
In Abwesenheit von Herzog Albrecht führte sein Verwandter und Dienstmann Hugo von Werdenberg die habsburgische Sache im Westen. Er fügte den Zürchern, die vor das habsburgische Winterthur gezogen waren, im Frühling 1292 eine empfindliche Niederlage bei. Die Koalition fiel nach der Königswahl Anfang Mai rasch auseinander. Die Stadt Luzern schwörte gegenüber Herzog Albrecht am 31. Mai Treue nach denselben Rechten, die sie unter dem Kloster Murbach gehabt hatte.47 Albrecht belagerte mit seinen Anhängern im Juni erfolglos Zürich. Ende August schliesslich schloss er mit dem Bischof von Konstanz und dessen Neffen sowie mit der Stadt Zürich Frieden.48 Die Habsburger konnten so den Status quo vor dem Tod von König Rudolf wiederherstellen. Herzog Albrecht arrangierte sich mit dem neu gewählten König Adolf und übergab ihm im November 1292 in Hagenau die auf der Kyburg aufbewahrten Königsinsignien. Der neu gewählte König bestätigte im Januar 1293 die habsburgischen Reichslehen.49
In Luzern gab es bis ins Jahr 1293 Nachwirkungen der Krise. Der Passverkehr über den Gotthard scheint unterbrochen gewesen zu sein. Der habsburgische Vogt in Baden hatte Waren mailändischer Kaufleute beschlagnahmt und gab sie erst nach Verhandlungen wieder frei. Insbesondere scheinen sich die Urner gegen das von Habsburg wieder befriedete Luzern gewandt zu haben.50
Und wo steht in diesen Ereignissen der Bundesbrief von Anfang August 1291? Auf den ersten Blick liesse er sich gut in das Geschehen der unsicheren Zeit nach dem Tod des Königs einordnen. Auf den zweiten Blick stellen sich aber eine ganze Reihe von Fragen, die Zweifel an der Echtheit der Urkunde aufkommen lassen.