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Der Kampf um das staufische Erbe
ОглавлениеOb die Habsburger je konkret vogteiliche Rechte über Schwyz und Unterwalden ausgeübt haben, bleibt fraglich, die Indizien sind schwach. Sie haben wahrscheinlich versucht, während der Wirren um das staufische Erbe ihre Ansprüche durchzusetzen. Rudolf III. hielt sich im Mai 1242 bei Kaiser Friedrich in Capua in Süditalien auf. Er scheint sich vorübergehend wieder mit dem Kaiser versöhnt zu haben, wandte sich aber spätestens nach der Absetzung Friedrichs durch den Papst 1245 wieder der gegnerischen Seite zu. Ein päpstliches Dokument von Ende August 1247 weist darauf hin, dass die Leute von Schwyz und Sarnen nach wie vor dem Staufer treu und von Rudolf III. von Habsburg-Laufenburg abgefallen seien. Die Geschichtsschreibung hat daraus einen Aufstand der Schwyzer und Obwaldner gegen den Habsburg-Laufenburger gemacht. Als Beweis der Vogteiherrschaft der Habsburger über Schwyz wird gern eine Urkunde von Juni 1217 herangezogen. Gemäss diesem Dokument schlichtete Graf Rudolf II. von Habsburg, genannt der Alte, als «von rechter erbeschaft rechter voget und schirmer der vorgenanden luten von Swiz» einen Konflikt zwischen dem Kloster Einsiedeln und den Landleuten von Schwyz im Rahmen des immer wieder aufflammenden Marchenstreits. Die Urkunde ist nur als deutsche Übersetzung in einer Handschrift des 14. Jahrhunderts überliefert und wird heute als Fälschung gewertet.15 Zusammengefasst: Die später immer wieder reklamierten und hochstilisierten Rechte der Habsburger in der Innerschweiz aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts entpuppen sich bei näherem Hinsehen als nebulös, kaum greifbar und können höchstens als Ansprüche benannt werden. Ähnlich nebulös wie der Übergang von ehemals kyburgischem Besitz in der Innerschweiz an die Habsburger im Jahr 1273. Darauf wird im nächsten Abschnitt zurückzukommen sein.
In den Wirren der 1240er-Jahre bis zum Tod von Kaiser Friedrich II. 1250 und der anschliessend definitiven Wende gegen die Staufer blieb auch das Mittelland nicht von Konflikten verschont. Die Stadt Bern, seit 1218 Reichsstadt, blieb staufertreu. Sie vertrat mehr und mehr Interessen über das eigene Stadtgebiet hinaus, hatte zum Beispiel 1224 von König Heinrich (VII.) den Schutz des Klosters Interlaken übertragen erhalten, der Anfang einer bernischen Interessenpolitik im Oberland. 1243 erneuerte Bern ein offenbar älteres Bündnis mit dem seit 1218 kyburgischen Freiburg, das zur antistaufischen Koalition zählte. Die beiden Städte wollten damit Konflikten vorbeugen. Neben Bern waren auch die anderen Reichsstädte Zürich und Konstanz staufertreu und beteiligten sich zum Beispiel 1247/48 an der Belagerung des päpstlich orientierten Luzern. Bern soll dabei an der Spitze der «Eidgenossen im Burgund» vor Luzern erschienen sein.16
Für Luzern bedeutete die erfolglose Belagerung durch die staufertreuen Städte das Ende einer konfliktreichen Zeit. Ab 1252 söhnten sich die allermeisten Gegenparteien aus, auch die verfeindeten Habsburger Familienteile. Die Stadt Luzern, hervorgegangen aus der Propstei St. Leodegar des Klosters Murbach im Elsass, scheint um 1250 bereits eine respektable Grösse erreicht zu haben und wird seit dem Beginn des 13. Jahrhunderts vom wachsenden Verkehr über den Gotthard profitiert haben. Stadtherren waren nominell die Habsburger, Vögte des elsässischen Klosters. Eine Aussöhnung fand auch in der Stadt selbst statt, in der offenbar päpstliche und kaiserlich gesinnte Bevölkerungsteile gegeneinander gestanden hatten. Der Papst hatte 1247 im selben Dokument, in dem er den Leuten von Schwyz und von Sarnen den Kirchenbann angedroht hatte, dasselbe auch Luzern in Aussicht gestellt, falls sie sich dem Staufer zuwenden würden. 1252 beeidete die Luzerner Bürgerschaft den sogenannten geschworenen Brief, einen Stadtfrieden, der ähnlich tönt wie der Bundesbrief von 1291 zwischen Uri, Schwyz und Unterwalden. Die Luzerner sollten untereinander Frieden halten und sich auch nicht in Fehden ausserhalb der Stadt, insbesondere um den See und unter den «Waldleuten», den «Intramontanes», einmischen.17