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Einmal dasselbe wie sie, bitte

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Erinnert sich noch jemand an den 80er-Jahre-Kultklassiker Can’t Buy Me Love, in dem der blutjunge Patrick Dempsey vom Niemand zum Star wurde, weil er sich mit der Anführerin des Cheerleaderteams anfreundet? Der junge Patrick zählte auf etwas, das seine Altersgenossen in dem Film nicht praktizierten: Beliebtheit durch Zuordnung.

Als soziale Tiere stehen wir mit unseren Entscheidungen für Sozial-/Sexualpartner im Licht der öffentlichen Beobachtung. Eine Menge wertvoller Informationen lässt sich aus der reinen Beobachtung der Paarungsentscheidungen anderer ableiten – vor allem derjenigen mit mehr Paarungserfahrung oder einem höheren Rang. Einen Partner oder eine Partnerin zu finden ist ein Prozess, der viel Zeit und Mühe kostet – was also spricht dagegen, sich von jemand anderem zuarbeiten zu lassen? Für Individuen, die jung sind oder über wenig Paarungserfahrung verfügen, ist es biologisch sehr sinnvoll, die Entscheidungen reiferer Individuen zu kopieren. Balzverhalten kann komplex und schwierig auszuführen sein, ganz zu schweigen von schwierig zu deuten. Man kann nicht unbedingt erwarten, es beim ersten Mal gleich hinzubekommen. Durch die genaue Beobachtung der Strategien anderer kann man jedoch lernen, kluge Entscheidungen darüber zu treffen, was einen guten Partner oder eine gute Partnerin ausmacht. Die Nachmacher gewinnen so nicht nur wertvolle Einsichten, sondern sparen auch Zeit und Energie, die auf wichtige Aufgaben wie das Sammeln von Ressourcen oder das Meiden von Räubern verwendet werden können.

Das Nachahmen von Partnerwahlentscheidungen wurde schon bei einer breiten Palette an ökologischen Strategien und Arten beobachtet, von denen, die praktisch keinen Elternaufwand betreiben, bis hin zu denen mit großem Aufwand. Es scheint keine speziellen Umstände zu geben, unter denen sich eine solche Lernstrategie entwickeln kann. Tatsächlich taucht diese besondere Taktik unabhängig voneinander in vielen Tierstämmen auf. Von Taufliegen über Fische, Vögel, Nager und Säuger bis zu den Primaten scheinen die Paarungsentscheidungen von Artgenossen einen großen Einfluss auszuüben.

Auch Menschen sind nicht immun gegen das Nachahmen von Partnerwahlentscheidungen. Sowohl Männer als auch Frauen tendieren dazu, Angehörigen des anderen Geschlechts hohe Attraktivität zu bescheinigen, wenn sie entweder verheiratet sind oder sich in einer langjährigen Partnerschaft befinden. Solche Bewertungen sind auch von der Attraktivität der betreffenden Partner oder Partnerinnen abhängig. Wenn also ein Mann mit einer unscheinbaren Frau gezeigt wird, bewerten weibliche Testpersonen seine Attraktivität geringer, als wenn er mit einer anziehenderen Partnerin zu sehen ist.

Weibliche Kammzahnschleimfische (Rhabdoblennius nitidus) und Dreistachlige Stichlinge (Gasterosteus aculeatus) (beides kleine Meeresfische) treiben die Nachahmung auf die Spitze. Sie legen ihre Eier fast ausschließlich in das Nest eines Männchens, in dem schon Laich liegt. Für eine Menschenfrau klingt das nach einer lächerlichen Idee: Einen Mann aussuchen, der schon Babys mit einer anderen Frau hat? Weitab unserer Welt der internen Befruchtung mit einem hohen Grad an weiblichem Investment ist die Mutterarbeit für diese Fische überschaubar: Sie beginnt und endet mit der Eiablage. Ein Beschluss, die Fortpflanzungsentscheidungen anderer Weibchen nachzuahmen, ist also biologisch durchaus sinnvoll. Die Männchen bauen Unterwassernester, in die die Weibchen ablaichen, und beschützen den Laich so lange, bis die Jungfische schlüpfen. Die Weibchen können davon ausgehen, dass ein Männchen, das bereits von anderen Weibchen gewählt wurde, wahrscheinlich ein geeigneter Samenspender ist. Darüber hinaus ist es unwahrscheinlich, dass ein Männchen, in dessen Nest bereits viele Eier liegen, den Laich verlässt (was die Wahrscheinlichkeit für einen Schlupferfolg und damit die biologische Fitness der Weibchen erhöht, deren Eier in seinem Nest liegen), und schließlich hat man beobachtet, dass Männchen sich aktiver um Weibchen bemühen, nachdem sie sich mindestens einmal gepaart haben. Das deutet darauf hin, dass sie sich ihres besseren Fortpflanzungspotenzials sehr wohl bewusst sind, sobald sie ein paar Eier im Nest haben. Besonders „schlaue“ Stichlingsmännchen stehlen Beobachtungen zufolge sogar Laich aus dem Nest anderer Männchen und versorgen sie in dem Bemühen, potenzielle Partnerinnen zu umgarnen. Andere haben eine spezielle Struktur auf ihrer Rückenflosse entwickelt, die der Form von Eiern ähnelt. So soll den Weibchen vorgegaukelt werden, dass sich bereits Eier im Nest befinden (dass also andere Weibchen dieses Männchen bereits erwählt haben).

Starenweibchen (Familie Sturnidae) sind ein weiteres faszinierendes Beispiel für das Nachahmen von Partnerwahlentscheidungen. Außerhalb der Brutperiode bilden die Weibchen starke soziale Bindungen aus und schlafen nahe beieinander. Solche sozialen Netzwerke vor der Brutperiode haben die Macht, die Partnerwahl eng befreundeter Weibchen zu beeinflussen. Wenn es sich als nutzbringend für beide Seiten erweist, können die Weibchen ihre eigenen Fortpflanzungskosten reduzieren, indem sie einen Partner mit einer bevorzugten Freundin teilen. Genau das ist beim europäischen Star (Sturnus vulgaris) zu beobachten. Sozialpartnerinnen schlafen nahe beieinander und teilen sich ihre Sexualpartner. Wenn zusätzliche Weibchen an die Nistplätze gebracht werden, schließen die schon vor der Brutperiode befreundeten Weibchen sie von der Paarung aus – das typische sozial ungerechte Highschool-Szenario also, wo die beliebten besten Freundinnen alles teilen, bis hin zum Kapitän der Footballmannschaft.

Beim Atlantikkärpfling (Poecilia mexicana) nimmt das Nachahmen von Partnerwahlentscheidungen sogar noch bizarrere Formen an. Unwillkürlich kommt einem da ein zeitloses und biologisch relevantes Zitat des brillanten Woody Allen in den Sinn: „Bisexualität verdoppelt deine Chancen auf ein Samstagabend-Rendezvous.“ Kleine, unauffällig gefärbte Männchen haben generell wenig Erfolg auf dem Heiratsmarkt. Die Weibchen dieser Art bevorzugen große, farbenfrohe Männchen und bei der Partnerwahl wird gerne auf die Entscheidungen der anderen geschielt; auf die großen, farbenprächtigen Exemplare wartet daher häufig schon ein ganzer Harem an Weibchen in der Nähe auf die Chance zur Kopulation. Um sich an diese Damen heranzumachen, beginnen rangniedere Männchen eine homosexuelle Kopulation mit dem hochrangigen Männchen. Das scheint zwar zunächst eine seltsame Art zu sein, an heterosexuellen Sex zu gelangen, doch Forscher konnten bei der Untersuchung der Ökologie des beobachteten homosexuellen Verhaltens männlicher Atlantikkärpflinge zeigen, dass die Weibchen sich häufiger mit einem rangniederen Männchen paaren, wenn sie es zuvor dabei beobachtet hatten, wie es eine homosexuelle Begegnung initiierte. Es ist ein wenig so wie bei der Frau, die in einen schwulen Nachtclub geht, um den sexy heterosexuellen Junggesellen zu finden, den sie schon ihr Leben lang sucht. Auch wenn es lächerlich erscheint, dass ein Weibchen verstärktes Interesse an einem Männchen zeigt, nachdem es dabei beobachtet wurde, wie es ein homoerotisches Intermezzo einfädelte, erlegt die Tatsache, dass Homosexualität überall im Tierreich zu finden ist, den Biologen die interessante Aufgabe auf, ihre biologische Relevanz festzustellen.

Beschränkt sich das Nachahmverhalten überwiegend auf das weibliche Geschlecht? Man könnte es sich so vorstellen, da Fortpflanzungsentscheidungen für Weibchen von größerer energetischer Bedeutung sind als für Männchen, was sie auch wählerischer macht. Bei vielen Tierarten beobachten wir jedoch, dass das Nachahmen von Partnerwahlentscheidungen auch unter den Männchen gang und gäbe ist. Männliche Kärpflinge wurden dabei beobachtet, wie sie sich die Partnerwahlentscheidungen anderer Männchen „abguckten“ und die Balzmuster konspezifischer (artgleicher) Männchen selbst dann imitierten, wenn man sie daran hinderte, Weibchen überhaupt zu sehen. Diese Art von lokaler Verstärkung beim Paarungsverhalten zeigt, dass Männchen versuchen zu kopulieren, wenn ein anderes Männchen es ihnen vormacht – unabhängig davon, was das potenzielle Ziel ist.

Auch bei männlichen Säugetieren hat man sowohl Lauschverhalten (beim nachahmenden Individuum) als auch Publikumseffekte (beim nachgeahmten Individuum) beobachtet. Mit anderen Worten: Männchen verändern ihr Verhalten auf bestimmte Weise in Abhängigkeit davon, ob sie Beobachter oder Beobachteter sind. In mehrerlei Hinsicht stellt es eine biologische Zwickmühle dar, dass ein Männchen die Partnerwahlentscheidungen eines anderen Männchens nachahmt, wenn die Rahmenbedingungen interne Befruchtung und einen hohen Grad an Elternaufwand vorsehen. Diese Art von Verhalten erhöht das Risiko der Spermienkonkurrenz für beide beteiligten Männchen. Warum sollten sie es also tun? Bei manchen Tieren, etwa den Gazellen, ist nur ein kleiner Teil der weiblichen Population zur selben Zeit paarungsbereit. Da die Paarungsbereitschaft der Weibchen für die Männchen jedoch nicht ohne Weiteres zu erkennen ist, zieht ein Männchen einen Nutzen daraus, dem Beispiel eines anderen zu folgen. Die Weibchen können Spermien über sehr unterschiedliche Zeiträume speichern (von einigen Stunden bis zu mehreren Monaten), und daher könnte es sich für manche Männchen lohnen, das Risiko der Spermienkonkurrenz einzugehen, um ihren eigenen Samen abgeben zu können.

Sobald ein dominantes Männchen entdeckt, dass sein Paarungsverhalten beobachtet (und möglicherweise nachgeahmt) wird, ändert es seine Handlungen häufig entsprechend ab. Wenn ein Gazellenmännchen mit zwei Weibchen allein ist (davon eins begehrenswerter als das andere), verbringt es seine gesamte Zeit damit, das begehrenswerte zu umgarnen. Entdeckt es aber ein spionierendes anderes Männchen in der Nähe, teilt es seine Zeit wahrscheinlich auf beide Weibchen auf – damit es dem Spion nur ja keine Art von sexueller Munition überlässt.

Nicht immer lautet die einfache und direkte Lösung, „mit dem beliebten Jungen/Mädchen auszugehen“. Es ist Biologen gelungen, Paarungsvorlieben im Labor zu manipulieren, um die Stärke des Einflusses der eigenen Geschlechtsgruppe auf die Wahl eines Partners oder einer Partnerin zu bestimmen. Tiere, die normalerweise in die „unattraktive“ oder rangniedere Kategorie fallen würden, können in der Beliebtheit steigen, wenn sie mit hochrangigen Partnern zusammengebracht werden. Weibliche karibische Millionenfische (Gattung Poecilia) ahmen das Partnerwahlverhalten sowohl in der Natur als auch im Labor nach und zeigen dabei eine ganz klare Vorliebe für Männchen, die mit anderen Weibchen verbandelt sind, unabhängig von der Qualität dieser Männchen. Weibliche Breitflossenkärpflinge (Poecilia latipinna) treiben es nochmals auf die Spitze und widerrufen sogar ihre eigene Partnerwahl, wenn das Männchen anschließend mit rangniederen Weibchen interagiert. Wenn ein sehr attraktives Männchen im Experiment dazu gebracht wird, sich mit unattraktiven Weibchen abzugeben, wählen beobachtende Weibchen es nicht mehr als Partner. Es ist interessant zu sehen, wie leicht die Weibchen vieler Arten dazu gebracht werden können, einen Partner zu wählen, der eindeutig von niedrigerem sozialem oder biologischem Rang ist.

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