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End

Aus seiner Zeit als Gardist schien Jasper zahllose Kontakte zu Hehlern und Schiebern zu haben. Irgendwie gelang es ihm, einen Plattenpanzer aufzutreiben, wie man ihn vor geschätzt zweihundert Jahren getragen hatte.

Am Morgen vor Robertos Hinrichtung lauerten wir zwei Gardisten auf, die auf einer verlassenen Straße im Hafenviertel patrouillierten. Ich war überrascht, wie kaltblütig Jasper einem von ihnen die Hand auf den Mund legte und ihm ein Messer von hinten durchs Herz stieß, während ich den anderen ausknockte.

»Ich werde mich den Gardisten anschließen«, sagte Jasper, während er dem Toten das Halstuch abnahm. »Sie kennen mein Gesicht nicht, aber ich kenne womöglich sie. Bei all den Neulingen, die Damon in letzter Zeit bei sich aufgenommen hat, werden sie sich nicht wundern.« Wir brachten den Bewusstlosen auf ein Dach am Rande des Platzes, wo die Hinrichtung stattfinden sollte – kein einfaches Unterfangen, wog der Mann doch schwer und waren die Häuser hier bis zu drei Stockwerke hoch. Ein Seil und zwei Paar kräftige Arme machten es möglich. Wir fesselten ihn an einen Schornstein und knebelten ihn, banden seine Hände zusammen und, das Wichtigste, knoteten ein langes Seil um eines seiner Fußgelenke. Das andere Ende knüpften wir zu einer Schlinge und warfen es um den Schornstein.

Am nächsten Morgen wartete ich auf dem Dach. Ich trug ein weites Hemd, das den Plattenpanzer verbarg, und sah vermutlich aus wie ein Kraftprotz. Es war ein fast wolkenloser Tag. Gegen Mittag fing ich an zu schwitzen, doch eine kühle Brise aus Richtung des Meeres verschaffte mir Linderung. Ich ließ mich neben dem gefesselten Gardisten auf dem Dachfirst nieder, der so breit war, dass wir beide mühelos nebeneinander sitzen konnten, und lehnte mich gegen den Schornstein.

»Du fragst dich sicher, was wir mit dir vorhaben«, sagte ich und holte ein kleines Zigarettenetui aus Aluminium aus meiner Tasche. Ich steckte eine Zigarette zwischen meine Lippen und tastete mein Hemd ab. »Hast du mal Feuer?« Der Gardist sah mich mit angstweiten Augen an, während ich seine Taschen absuchte und eine Zündholzschachtel zum Vorschein brachte.

»Es ist bloß leider so, dass ihr jemanden hinrichten wollt, den ich brauche«, sagte ich, die Zigarette im Mund, und zog eines der Zündhölzer über meine Schuhsohle. »Wenn jemand weiß, wo Aliona ist, dann er.« Ich blies den Rauch meines ersten Zuges aus. »Hast du schon mal von den Hibridia gehört? Es gibt sie wirklich! Angeblich ist Aliona einst von den Toten zurückgeholt worden. Wenn das stimmt, besteht Hoffnung für meine Schwester.« Warum erzählte ich diesem Mann das? Vielleicht fiel es mir leichter, selbst an etwas zu glauben, das eigentlich zu verrückt war, um es jemandem zu erzählen. Und sei es jemand, der geknebelt war und ohnehin gleich sterben würde. Ich zog erneut an meiner Zigarette und schloss genussvoll die Lider, während mir der Rauch aus Mund und Nase quoll.

In diesem Moment betrat eine Gruppe Gardisten den Platz. Vorne weg lief – gefesselt, geknebelt und mit verbundenen Augen – Roberto. Geduckt ging ich zum Ende des Dachfirstes, um das Geschehen beobachten zu können, und legte mich dort auf den Bauch. Die Gardisten bauten sich vor den wenigen Menschen auf, die gekommen waren, und einer von ihnen fing an zu sprechen. Selbst auf diese Entfernung erkannte ich ihn: Es war der, dem ich bei meiner Ankunft in Treedsgow einen Teller heißer Suppe ins Gesicht geschüttet hatte. Er hatte mich anschließend bei Damon angeschwärzt – trotz meiner Drohung. Ich widerstand dem Drang, augenblicklich den Marktplatz zu stürmen, und lauschte seiner Ansprache.

Als er endete, schob ich mich vom Ende des Dachfirstes weg und stemmte mich hoch – ein Kraftakt, der aufgrund des Plattenpanzers, der meinen Torso schützte, ein schmerzhaftes Stechen in meiner Brust verursachte. Würde ich mich jemals von Espers Angriff erholen?

Ich kehrte zu dem Gardisten zurück und ging vor ihm in die Hocke.

»Hör mal«, sagte ich. »Ich muss kurz weg. Ich mag dich, darum werde ich dich solange losbinden, sofern du mir versprichst, dass du nicht versuchst, deine Kumpel dort unten auf dich aufmerksam zu machen. Verstanden?« Der Gardist schien sein Glück nicht fassen zu können und starrte mich bloß mit weit aufgerissenen Augen an. »Hast du mich verstanden?«, wiederholte ich. Der Gardist nickte heftig. Ich schnitt das Seil durch und klopfte ihm auf die Schulter. »Ich bin gleich wieder da«, sagte ich und kletterte um den Schornstein herum. Ich musste nicht einmal so tun, als machte ich mich an den Abstieg. Der Gardist erhob sich augenblicklich und lief zum Ende des Dachfirstes. Er bemerkte nicht einmal, dass sein Fußgelenk immer noch mit einem langen Seil an den Schornstein gefesselt war. Einen kurzen Moment lang befürchtete ich, dass er über den Abgrund hinausschießen würde. Er kam jedoch wankend zum Stehen und begann, wie wild mit den gefesselten Armen zu winken.

Ich hob die Maske auf, die Jasper mir gegeben hatte, und kletterte wieder um den Schornstein herum. Blies den Rauch des letzten Zuges in die Luft und schnippte den Zigarettenstummel über die Dachkante. Dann setzte ich die Maske auf und zog eine meiner Pistolen, zielte auf den Hinterkopf des Gardisten und feuerte.

Dreizehn. Das Spiegelbild. Band 3: Roman (13. Dark Fantasy, Steampunk)

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