Читать книгу Abgebrühte Mörderkunst: 6 Strand Krimis - Cedric Balmore - Страница 10

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Milo und ich trafen um kurz nach acht auf dem Gelände der Firma General Biotech in Yonkers ein. Die Security Guards am Haupttor winkten uns durch, nachdem mein Kollege Milo Tucker und ich unsere ID-Cards vorgezeigt hatten.

Der Parkplatz war noch nicht einmal zu einem Viertel gefüllt. Dafür standen umso mehr Einsatzfahrzeuge des Yonkers Police Departement vor dem Hauptgebäude. In der Nacht hatte es einen Einbruch in das hochsensible Biolabor dieses Unternehmens gegeben, von dessen Produktpalette ich bislang nur ein ziemlich diffuses Bild hatte. Ich wusste, dass General Biotech unter anderem für die US Army Impfstoffe gegen Biowaffen herstellte. Zumindest hatte uns das Mister McKee, unser Chef, am Telefon gesagt, als er uns nach Yonkers beorderte.

Es bestand der Verdacht, dass es einen Zusammenhang zum internationalen Terrorismus gab.

Und das bedeutete automatisch, dass das FBI auf den Plan gerufen wurde.

„Ich glaube, man würde uns auch rufen, wenn in einer Firma wie General Biotech nur ein Bleistift abhanden gekommen wäre“, meinte Milo. „In dieser Branche ist doch immer alles gleich sicherheitsrelevant.“

„Du hast Recht, Milo!“, meinte ich und schlug mir den Mantelkragen hoch. Es war lausig kalt an diesem Morgen.

Mir fiel auf, dass kein Wagen des Coroners unter den Einsatzfahrzeugen war. Die Leiche des bei dem Einbruch erschossenen Wachmanns war also schon in der Gerichtsmedizin. Allerdings hatten vor dem Haupteingang auch zwei Fahrzeuge der Scientific Research Division geparkt. Dieser zentrale Erkennungsdienst arbeitete für alle New Yorker Polizeieinheiten. Auch für uns vom FBI. Wäre dies ein normaler Einbruch gewesen, bei dem ein Wachmann ums Leben gekommen war, so hätte man mit Sicherheit den eigentlich für Yonkers zuständigen Erkennungsdienst des YPD verständigt. Aber die Sache wurde an höherer Stelle offenbar als so wichtig angesehen, dass man die Spezialisten der in der benachbarten Bronx beheimateten SRD angefordert hatte.

Ein Cop in Uniform nahm uns am Haupteingang in Empfang und brachte uns zu dem zuständigen Einsatzleiter der Polizei.

Es handelte sich Captain Marv Bronstein, den Leiter der Homicide Squad III des Yonkers Police Department. Bronstein war ein grauhaariger, fülliger Mann und konservativ gekleidet. Im hing allerdings die Krawatte wie ein Strick um den Hals.

Milo und ich stellten uns kurz vor.

„Wir haben schon auf Sie gewartet“, sagt Bronstein. „Was wissen Sie schon?“

„Nur, dass eingebrochen wurde und ein Wachmann dabei ums Leben kam“, sagte ich. „Außerdem sollen wichtige Daten und ein Behälter mit gefährlichen Krankheitserregern gestohlen worden sein.“

„Das war zunächst nur ein Verdacht“, nickte Bronstein. „Inzwischen haben wir die Gewissheit, dass die Festplatten mehrerer Computer kopiert wurden. Darauf befinden sich Forschungsdaten von unschätzbarem Wert.“

„Wäre so ein Datendiebstahl nicht leichter über das Internet möglich?“, fragte ich. „Hacker aus Hamburg sind vor ein paar Jahren in die Datenspeicher des Pentagon eingedrungen, da dürfte es doch möglich sein bei General Biotech datentechnisch zu wildern.“

„Da fragen Sie besser Professor Davis, den Chefentwickler von General Biotech“, erwiderte Bronstein. „Der wird Ihnen jede Einzelheit erklären können. Aber soweit ich das verstanden habe, hat das Datennetz des Labortrakts von General Biotech überhaupt keine Verbindung zur Außenwelt. Internet oder andere Datenfernleitungen gibt es ausschließlich in den Abteilungen, die mit Verkauf und Marketing zu tun haben.“

Wenn es tatsächlich nur ein internes Netz gab, war ein Hackerangriff kaum möglich. Für eine militärische Befehlszentrale wie das Pentagon war ein derart isolierter Zustand natürlich nicht denkbar. Die Methode, mit der Hacker sich in solche Datenverbundsysteme hineinschlichen, war immer dieselbe. Sie marschierten nicht durch den gut gesicherten Haupteingang, sondern kamen durch die ungesicherte Hintertür. In einem Verbund von Tausenden von Rechnern reichte es, wenn man ein Zugangsgerät fand, dessen Sicherheitsfunktionen noch auf Werkseinstellung geschaltet waren.

Aber das Hochsicherheitslabor einer verhältnismäßig kleinen Firma ließ sich viel hermetischer sichern.

„Was ist mit dem Verdacht, dass auch Präparate gestohlen wurden?“, erkundigte sich jetzt mein Kollege Milo Tucker.

„Gegenwärtig wird noch geprüft, ob etwas fehlt“, erklärte Bronstein. „Kommen Sie mit mir!“

Wir folgten dem Chief der Homicide Squad III des Yonkers Police Department in den fünften Stock.

Die Flure waren mit Teppichboden ausgelegt. Man hörte fast keinen Laut, wenn man darüber ging.

Mehrere Männer und Frauen in den weißen, hauchdünnen Schutzoveralls der Scientific Research Division machten hier ihren Job und suchten die Umgebung nach kleinsten Spuren ab, die der oder die Täter vielleicht hinterlassen hatten.

Eine weiße Kreidemarkierung zeigte an, wo der tote Wachmann zu Boden gegangen war.

„Wie hieß der Tote?“, fragte ich.

„Norman Grey“, gab Bronstein bereitwillig Auskunft und nahm dabei einen kleinen Block hervor, auf dem er sich ein paar Notizen gemacht hatte. „Grey hatte das Pech, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein. Aus irgendwelchen Gründen scheint er eine außerplanmäßige Runde durch das Gebäude gemacht zu haben!“

„Könnte es sein, dass er Verdacht geschöpft hat?“, warf Milo ein.

„Dann frage ich mich, weshalb er seinen Kollegen nicht Bescheid gesagt hat und einen Alleingang versuchte“, meinte Bronstein. „Aber vielleicht ist die Lösung viel einfacher.“

„So?“, fragte Milo.

„Am Ende des Ganges liegt die Personaltoilette dieses Traktes. Wahrscheinlich ist Norman Grey deswegen hier gewesen.“

„Das leuchtet ein“, meinte ich.

Milo hob den Arm und deutete auf eine der Überwachungskameras, die gut sichtbar angebracht waren. „Wie ich sehe, gibt es hier eine Videoüberwachung.“

„Der Mord müsste gefilmt worden sein“. meinte ich.

„Richtig“, stimmte Bronstein zu „Es gibt eine Sicherheitszentrale, von der aus die Kameras über Monitore überwacht werden. Natürlich ist es nicht möglich, jeden Winkel dieses Gebäudekomplexes ständig zu überwachen.“

„Das bedeutet, in der Zentrale hat niemand etwas gesehen“, schloss ich.

„Die Kollegen von SAFETY FIRST werten gerade mit unseren Leuten die Videoaufzeichnungen aus. Schließlich kann sich der Täter kaum innerhalb des Gebäudes bewegt haben, ohne von einer der Kameras aufgenommen worden zu sein. Das Ganze ist nur eine Frage der Zeit.“

Abgebrühte Mörderkunst: 6 Strand Krimis

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