Читать книгу Madonna-Mörder: Super Krimi Sammelband 3 Romane - Cedric Balmore - Страница 10

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Vom Battery Park aus hatte man einen hervorragenden Blick auf die New Yorker Hafenbucht mit Upper Bay und Hudson, aber der Mann, der an dem Gitter lehnte, kehrte dem großartigen Panorama achtlos den Rücken zu. Er trug einen Hut und hatte den Kragen seines Trenchcoats hochgestellt. Im Mundwinkel glomm eine Zigarre.

Die bunten Kioske und Verkaufsbuden hatten längst geschlossen. Die Touristen waren vor der Dunkelheit in ihre Hotels zurückgekehrt oder in den Lichterglanz der großen Boulevards. Um diese Zeit ließ sich hier niemand freiwillig blicken. Die Gegend galt als unsicher.

Roberto steuerte den geliehenen goldfarbenen AMC Matador an den Bordstein und stieg aus, die geplünderte Madonnenstatue im Arm. Er hatte sie in braunes Packpapier eingewickelt.

Abby Chaple, der mit von der Partie war, hielt auf seinen Knien ein Schnellfeuergewehr. Er deckte Roberto Tardelli den Rücken und passte auf, dass die Leute des Gangsterbosses, die mit Sicherheit irgendwo in der Nähe steckten, sich nicht mausig machen konnten.

„Mr. Sciavo?“, erkundigte sich Roberto aus sicherer Entfernung.

„Ja, der bin ich“, erwiderte eine Stimme, die nicht zu der passen wollte, die Roberto am Telefon gehört hatte.

Auch Tony Sciavo hatte einen Strohmann geschickt. Also würde es Schwierigkeiten geben.

Roberto ließ seine Blicke schweifen, aber er resignierte schnell. Es gab unzählige Verstecke.

„Sie sind Pacutti?“, vergewisserte sich der fette, untersetzte Gangster, der niemals Sciavo war, wie er behauptete.

„Allerdings.“

Die Unterhaltung fand auf Italienisch statt. Natürlich beherrschte Roberto seine Muttersprache perfekt.

„Ist das die Madonna?“, erkundigte sich inzwischen der fette Gangster, der noch immer ganz entspannt am Ufergitter lehnte und seinen Ellenbogen aufstützte.

„Das ist sie. Es tut uns wirklich leid. Wir haben es nicht geahnt, dass Sie Ihnen gehört, Don Tonio“, sagte Roberto.

„Erledigt. Hauptsache, ich bekomme sie wieder. Sie bedeutet mir sehr viel. Ein Erinnerungsstück an die alte Heimat“, log der Mann im Trenchcoat. „Was ist mit deinem Freund? Traut er mir nicht? Er soll ruhig herkommen.“

„Er hat Angst“, behauptete Roberto.

Fieberhaft überlegte er, wo der Rest der Bande lauerte. Aber er konnte nichts entdecken.

„Welch ein Unsinn. Wenn ich seinen Kopf haben wollte, hätte ich ihn längst. Er soll herkommen. Ich möchte ihn kennenlernen.“

Der angebliche Gangsterboss gab sich sehr jovial. Er schob ein wenig den Hut aus dem Gesicht. Er glaubte, er habe Roberto überlistet.

„Paolo, komm her!“, rief Roberto, um Zeit zu gewinnen. Er steckte in der Klemme. Er konnte unmöglich den Rückzug antreten, ohne eine Kugel zu kassieren. Er musste den Angriff hier erwarten, auf freier Strecke. Er suchte schon eine Deckung aus. Zwei Schritte neben ihm stand eine Litfaßsäule. Falls sie nicht bereits besetzt war - was unwahrscheinlich schien, konnte er sie als Kugelfang benutzen, falls es zum Äußersten kam.

„Paolo!“, rief Roberto noch einmal, hütete sich aber, sich umzudrehen. Er behielt lieber sein Gegenüber im Auge.

„Der ist wohl schwerhörig?“ Eine leichte Gereiztheit schwang in der Stimme des Gangsters mit, der seinen Boss vertrat.

Roberto wartete und hatte ein merkwürdiges Kribbeln zwischen den Schulterblättern. Die Sicht war nicht zu gut. Also musste die stille Reserve des Mafioso irgendwo in der Nähe stecken, auf Revolverschussweite.

Ein Wagenschlag klappte. Schritte näherten sich zögernd.

„Na, also“, stellte der Fettwanst zufrieden fest und richtete sich langsam auf.

„Was willst du mit der Knarre, mein Sohn?“, erkundigte er sich, als er erkannte, dass Abby Chaple bewaffnet war. „Willst du mich beleidigen? Ich komme mit leeren Händen, und du bringst ein Gewehr mit?“

Irgendwo in seiner langen Rede musste das Stichwort versteckt sein. Denn seine Worte waren kaum verklungen, da richteten sich blitzschnell sechs Gestalten auf und schoben ihre Tommy Guns durch das Gitter, dass es schepperte. Die Kerle mussten die ganze Zeit an der Ufermauer auf ihren Einsatz gelauert haben. Jetzt wollten sie zuschlagen, während der dicke Mann schleunigst Deckung suchte.

Abby und Roberto handelten synchron.

Abby warf sich hinter den Steinstufen zu Boden und schoss bereits im Fallen. Er jagte Dauerfeuer heraus, aber die moderne Waffe machte nicht mehr Krach wie eine elektrische Schreibmaschine. Dagegen ballerten die MPi’s laut und ordinär.

Roberto schaffte es knapp.

Die erste Salve des Mannes, der ihn beschoss, lag eine Winzigkeit zu kurz. Die Projektile fetzten über das Steinpflaster, wurden abgelenkt und zogen sich mit einem irren Jaulen als Querschläger in den Nachthimmel über Manhattan Süd.

Von niemandem behelligt, brachte sich der dicke Fallensteller in Sicherheit. Er spurtete von Deckung zu Deckung und verlor unterwegs den Hut. Roberto registrierte das aus den Augenwinkeln, während er seinen 38er aus dem Schulterholster riss und den Burschen am Ufer Zunder gab.

Sie befanden sich klar im Nachteil. Denn sie standen aufgereiht und hoben sich deutlich gegen den etwas helleren Himmel ab. Es war wie auf dem Schießstand.

Als daher die erste Salve nicht den gewünschten Erfolg zeigte, hauten die Heckenschützen schleunigst ab. Zumal ihr Anführer bereits stiften gegangen war.

Wenn Roberto gehofft hatte, Gefangene machen zu können, so sah er sich getäuscht. Selbst die Verwundeten nahmen die Burschen mit. Sie flüchteten auf das Wasser hinaus. Sie waren mit einer Yacht gekommen, einem schnittigen weißen Boot, das eine silbersprühende Bugwelle vor sich herschob, als es gestartet und sofort auf volle Touren gebracht wurde. Die Kerle steuerten New Jersey an, ohne sich noch einmal umzusehen. Da Roberto in diesem Stadium noch auf die Hilfe der Polizei verzichtet hatte, gab es keine Möglichkeit, die Burschen aufzuhalten.

Als einzige Beute blieb noch der Hut des Fettwanstes. Aber er konnte kaum als Beweismittel Gewicht haben. Roberto musste gestehen, dass er eine Niete gezogen hatte.

Er hob die Madonna auf, die er fallengelassen hatte und die zwischen den Fronten gelegen hatte.

Weder Abby noch er hatten eine Schramme davongetragen.

„Jetzt können wir wieder ganz von vorne anfangen“, bedauerte Roberto. „Sciavo ist gewarnt.“

„Immerhin haben wir einen Kirchenraub aufgeklärt und die Diebesbeute wieder herbeigeschafft“, stellte Abby fest, der froh war, das Massaker mit heiler Haut überstanden zu haben. „Die Täter sitzen hinter Gittern und harren ihrer gerechter Strafe. Man kann nicht alles auf einmal haben.“

„Es tut mir nur in der Seele leid, Colonel Myer von dem Fehlschlag berichten zu müssen.“

„Das ist dein Bier. Hier hast du ein paar Telefonmarken. Je eher du es hinter dich bringst, desto besser.“ Abby Chaple grinste schadenfroh.

Seit er sich einer Abmagerungskur unterzog, wurde er oft von negativen Stimmungen heimgesucht. Er führte das auf den reichlichen Genuss von Joghurt und Magerquark zurück.

Sie fuhren zum nächsten Drugstore, um zu telefonieren.

Abby blieb wieder im Wagen. Sie hatten zwar nicht feststellen können, dass sie beschattet wurden, aber besser war besser. Einen Tony Sciavo als Gegner zu haben, war nicht gerade angenehm. Rücksichtslos und beharrlich verfolgte der Mafiaboss seine Ziele, und er hatte eine Armee von Killern unter seinem Kommando, die in Friedenszeiten die Dealer überwachten, die das Rauschgift verteilten, das Don Tonio in Mengen ins Land schmuggeln ließ, das andern aber jeden seiner Befehle bedingungslos ausführten. Wobei sie aber auch nicht gegen Fehler gefeit waren. Von ihrem Standpunkt war das Unternehmen ,Battery Park‘ gescheitert. Sie würden alles daransetzen, die beiden Störenfriede doch noch zu liquidieren.

Deshalb hielt Abby es für angebracht, das Schnellfeuergewehr auf den Knien und die Augen offen zu halten, während Roberto den hell erleuchteten Drugstore betrat.

Madonna-Mörder: Super Krimi Sammelband 3 Romane

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