Читать книгу Madonna-Mörder: Super Krimi Sammelband 3 Romane - Cedric Balmore - Страница 13

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Roberto sprang von der Mauer und duckte sich in ihren Schatten, um erst einmal zu beobachten, ehe er weiter vorging. Langsam zog er seinen 38er. Dann rückte er weiter vor.

Deckung fand er reichlich. Es standen genug Lastwagen auf dem weiten Hof. Die Firma arbeitete wirklich noch und mit Gewinn. Es war keine Tarnfirma wie so viele Unternehmen der Mafiabosse. Mit ihr hatte Tonio Sciavo seine unglaubliche Karriere begonnen, ehe die Mafia auf den ellenbogenstarken Geschäftsmann aufmerksam geworden war und ihn in ihre Reihen aufgenommen hatte. Wie fast jede Größe des Syndikats selbstverständlich eine Karriere als Bankpräsident, Firmenchef, Unternehmer oder Industrieboss hätte einschlagen können. Die Fähigkeiten waren durchaus vorhanden, aber eben nicht die Geduld.

So hatte auch Tonio Sciavo den anderen Weg eingeschlagen. Nur sein betagter Vater hatte darauf bestanden, die Firma weiterzuführen, drei Verwandte aus dem Mutterland Italien nachgeholt und war heute stolz darauf, seinen Unterhalt ehrlich zu verdienen. Von seinem Sohn nahm er keinen Cent mehr an, seit der sich auf die Seite des Syndikats geschlagen hatte.

Aber die Mafiakrankheit war ansteckend wie eine Seuche. Je älter der Senior der Familie wurde und je mehr er die Geschäfte seinen jungen Landsleuten überließ, desto mehr Boden gewann der verbrecherische Sohn. Er empfand es als vorteilhaft, einen Stützpunkt in Manhattan zu besitzen. Hierher zog er sich mit seiner Bande zurück, wenn ihm - während der wilden Phase des Aufbaus - der Boden in Brooklyn zu heiß wurde. Inzwischen hatte er seine Position gefestigt, und niemand machte ihm sein Brooklyner Revier mehr streitig. Er brauchte diese Zuflucht nicht mehr, deren Geschichte Roberto aus den Unterlagen über den Sciavo Clan erfahren hatte.

Mittlerweile also benutzte Tonio Sciavo die alte Fruchtfirma bereits als Gefängnis für Todeskandidaten. Ein Zeichen, wie fest er im Sattel saß. Es wurde wirklich Zeit, dass ihm einer die Sattelgurte lockerte.

Roberto pirschte sich an das Gemäuer heran, ohne irgendwo einen Lichtschimmer entdecken zu können. Die Fenster im Erdgeschoss waren vergittert. Aber die Eingangstür fand er unverschlossen, ein Beweis, dass die Bande sich hier sicher fühlte. Natürlich kamen erfahrene Einbrecher nie hierher. Sie kannten die Rachsucht des Mannes, der schützend seine Hand über das Unternehmen hielt.

Alarmanlagen erübrigten sich also ebenso wie Wachhunde oder Nachtwächter. Roberto profitierte davon.

Vorsichtig drückte er die Klinke herunter und stieß die Tür auf. Er stand unmittelbar vor einer schmalen Holztreppe, deren Stufen abgewetzt waren. Mit der Gleichgültigkeit der Italiener gegenüber Äußerlichkeiten hatte sich nie jemand die Mühe gemacht, hier einmal frische Farbe gleichmäßig zu verteilen.

Im ersten Stock brannte Licht. Gedämpft klang Stimmengemurmel herunter. Dort also steckten die beiden Unglücklichen und ihre Bewacher.

Offenbar gab Perucci, der Unterführer, eine Sondervorstellung. Er veralberte und verhöhnte die Hilflosen zum Vergnügen der Bewacher. Wobei er sich den tatsächlich unglaublichen Sachverhalt zunutze machte, dass zwei ahnungslose Ganoven aus der Provinz in New York ausgerechnet an das Eigentum eines Mafia-Don geraten waren.

Die Geräuschkulisse genügte Roberto, um ungehört die knarrenden Stufen hinter sich zu bringen. Er stand vor dem Raum, in dem sich die Gangster aufhielten und versuchte - durch das Schlüsselloch -, einen Überblick zu bekommen.

Pacutti und Quadrone waren nicht gefesselt. Sie hockten unglücklich und zusammengesunken auf Stühlen, während die drei Aufpasser es sich auf Sesseln bequem gemacht hatten, die aus irgendeinem Büroraum stammten. Sie hatten Rollen und ließen sich beliebig drehen und wenden.

Einer der Männer, der gleich neben der Tür saß, hatte eine MPi auf den Knien. Die beiden anderen, darunter auch Pietro Perucci, trugen ihre Schulterholster offen. Sie hatten ihre Jacken abgelegt.

Roberto zögerte nicht lange. Er riss die Tür auf und versetzte dem Stuhl des Tommy Gun-Besitzers einen heftigen Stoß. Der Überraschte rollte auf seinem Sitz über den Linoleumboden, versuchte die rasende Fahrt mit den Füßen zu stoppen und kippte prompt um. Was ihn nicht hinderte, die MPi aus dieser Stellung herumzuschwenken.

Mitten in der Bewegung musste er stoppen, denn er blickte bereits in die Mündung des 38ers. Roberto stand in der Tür im Kombatanschlag und befahl: „Waffen weg! Hände hoch!“

Die Gangster gehorchten. Sie wussten, wann sie verloren hatten. Die Tommy Gun polterte zu Boden. Die beiden anderen Mafiosi hoben gleich brav die Hände. Roberto ging zum Besitzer der Tommy Gun und kickte das gefährliche Mordinstrument außer Reichweite, belauert von allen Beteiligten.

Selbst die beiden Gefangenen, die Roberto bereits kannten, rührten sich nicht. Sie legten keinen großen Wert auf seine Gesellschaft. Sie wollten, nachdem sie bereits die Beute losgeworden waren und nur Ärger in New York gehabt hatten, möglichst schnell aus der Stadt verschwinden.

Der leere Lagerraum, in dem sich die Szene abspielte, wurde durch eine leistungsstarke Birne erhellt. Sie baumelte von der Decke. Und damit in Reichweite des einen Mafioso, der ungewöhnlich groß war und seinen Nebenmann Perucci um mehr als Haupteslänge überragte. Die beiden Gangster erinnerten ohnehin an Pat und Patachon. Perucci war klein und dick, ein Fettwanst.

Roberto erkannte in ihm den Mann wieder, mit dem er im Battery Park verhandelt hatte und der stellvertretend für seinen Boss zu dem Treff erschienen war.

„Sie haben nicht viel Glück, alter Freund“, spottete Roberto denn auch, während er den Fettwanst, den er an die Wand gewinkt hatte, entwaffnete. Roberto stand so, dass er die restlichen Gangster überwachen konnte. Niemand hätte unbemerkt die Hand an die Waffe gebracht.

Roberto achtete genau darauf, dass die Arme sich in die Luft reckten und auch gestreckt blieben.

Zweimal versuchte jemand, an die Schulterholster heranzukommen. Jedes Mal reagierte Roberto prompt.

Aber er übersah eine Winzigkeit, die ihn fast das Leben kostete: Er achtete nicht auf die Glühbirne, die sicher glühend heiß war, weil sie schon eine Weile brannte.

Aber was machte das schon einem Mann, der in der Klemme saß und nichts mehr zu verlieren hatte?

Der lange Mafioso langte beherzt zu und zerdrückte die Birne in seiner bloßen Hand. Schlagartig lag der Raum im Dunkeln, das jeder auf seine Art nutzte. Alles ging in Deckung, wobei sich der Mann mit der Vorliebe für vollautomatische Handfeuerwaffen in die Richtung warf, in die seine MPi gerutscht war, von einem Fußtritt Robertos weggeschleudert.

Auch die beiden unglücklichen Gefangenen, waffen- und wehrlos, machten, dass sie aus der Feuerlinie kamen. Die Fenster waren hermetisch verriegelt und abgedichtet. Kein Lichtschimmer drang herein.

Niemand wagte es, die Tür aufzureißen, weil er sofort ein sicheres Ziel geboten hätte. Jeder lauerte zunächst auf eine Chance, etwas verunsichert, soweit es sich um die bewaffneten Gangster handelte. Sie wollten sich schließlich nicht gegenseitig umlegen, während Roberto, auf sich allein gestellt, nur Feinde im nachtdunklen Raum hatte. Die Jagd galt allein ihm.

Roberto hatte sich auf der Stelle flach gemacht und kroch auf dem Bauch aus der Gefahrenzone. Wobei ihm das glänzend gebohnerte Linoleum zustatten kam und eine Hilfe bedeutete.

Jeder wechselte die Stellung, weil es ungesund war, den gleichen Platz zu beanspruchen wie zu dem Zeitpunkt, als das Licht gerade verlosch. Es hätte die Lebenserwartung verkürzt ...

Dann begann das nervenzerreißende Warten und Lauern im Dunklen. Kein Geräusch störte die tödliche Stille. Nur Perucci atmete laut und vernehmlich wie ein Asthmatiker. Er schnaufte vor Aufregung wie ein Jagdhund nach langer Hast.

Es war Perucci, der zuerst die Nerven verlor. Sein angestrengtes Atmen, das ihm sonst wohl nie so stark aufgefallen war, versetzte ihn in Panik und klang in dieser trügerischen Stille lauter in den eigenen Ohren, als er aushalten konnte. Er glaubte sich entdeckt und schoss wild um sich. Das flackernde Mündungsfeuer verriet seine Stellung und gleichzeitig die des zweiten Gangsters, während sich der dritte im Bunde in irgendeine Ecke gedrückt hatte und unsichtbar blieb.

Die Detonationen, in schneller Folge durch den Raum dröhnend, sprengten den Beteiligten fast die Trommelfelle.

Perucci zielte in die falsche Richtung.

Roberto handelte sofort und schoss dem Mafioso ins linke Bein. Schreiend wälzte sich der Getroffene am Boden und die Dunkelheit kehrte augenblicklich zurück. Jeder war damit beschäftigt, seinen Standpunkt zu wechseln.

Quadrone und Pacutti, beide waffenlos, versuchten ihre Felle in Sicherheit zu bringen. Sie schoben sich im Zeitlupentempo an die Tür heran. Roberto lag unbeweglich auf der Lauer. Er musste warten, bis seine Augen sich von der Blendwirkung des Mündungsfeuers erholt hatten. Den anderen erging es nicht besser. Sie waren blind wie Maulwürfe.

Die beiden Gefangenen in ihrer Angst ergriffen die Initiative.

Plötzlich riss Quadrone die Tür auf. Roberto erfasste die Situation sofort.

Er schoss zweimal.

Beide Gangster blieben, leicht angeschossen, auf der Strecke. Sie ließen sich widerstandslos entwaffnen und notdürftig versorgen, während die beiden Einbrecher türmten und im Nu verschwanden, voll der Hoffnung, bei diesem Anlauf endlich dem Hexenkessel New York zu entrinnen.

Roberto hatte alle Hände voll zu tun, die Lädierten zu verbinden. Er stellte zu seiner Freude fest, dass er jeden Treffer so platziert hatte, dass keine lebenswichtigen Teile beschädigt worden waren. Am schlimmsten hatte es den langen Mafioso erwischt. Die Hand, die er sich beim Zerquetschen der Glühbirne bereits verletzt hatte, war durchschossen worden, und er verlor eine Menge Blut. Er hatte einen Wundschock. Seine Zähne schlugen wie im Fieberschauer aufeinander.

Trotzdem bequemte sich keiner der Betroffenen zu einem klaren Geständnis. Sie leugneten sogar, Tonio Sciavo zu kennen. Klar, dass sie Angst hatten, den Boss in diese üble Geschichte hineinzuziehen, denn vor ihm waren sie selbst hinter Zuchthausmauern nicht sicher.

Andererseits stand die Anklage gegen sie auf wackeligen Füßen, solange Quadrone und Pacutti nicht als Zeugen auftraten. Sie hätten dafür sorgen können, dass die Anklage wegen Kidnapping erhoben wurde oder zumindest schwerer Freiheitsberaubung.

Was blieb, war das unerlaubte Führen von Handfeuerwaffen und Widerstand gegen die Staatsgewalt, auch wenn die drei im Chor behaupteten, sie hätten Roberto für einen Einbrecher gehalten.

Roberto benachrichtigte die City Police und bewachte so lange seine drei Gefangenen, die in ihr Schicksal ergeben, an die Heizungskörper gefesselt am Boden hockten. Später nahm Roberto Verbindung zu seinem Chef auf. Colonel Myer sorgte für die nächste Überraschung - die Landsleute befanden sich in der Stadt und hatten im Italienerviertel Quartier genommen. Bei einer Frau, deren Mann vor Jahresfrist von Tonio Sciavo getötet worden war.

Madonna-Mörder: Super Krimi Sammelband 3 Romane

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