Читать книгу Madonna-Mörder: Super Krimi Sammelband 3 Romane - Cedric Balmore - Страница 18
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Tonio Sciavo stieg aus seinem Cadillac, als die Luft rein schien. Seine Bodyguard sicherte nach allen Seiten. Zwei Leibwächter deckten ihn mit ihrem Körper.
Schnell überquerte die Gruppe die Fahrbahn. Unglücklicherweise war es nämlich nicht erlaubt, auf der Seite, auf der seine Eltern wohnten, auch nur zu halten.
Diese Strecke, die er zurücklegen musste, war gefährlich für einen Mann wie Tonio Sciavo, der ständig in der Furcht vor einem Attentat lebte. Dabei dachte er weniger an die Polizei, die allenfalls aufkreuzen konnte, wenn sie Beweise gegen ihn hatte, als vielmehr an die Heerschar von konkurrierenden Mafiosi, die es auf sein lukratives Einflussgebiet in Brooklyn abgesehen hatten. Die Familien, die sich das Gebiet von New York nach heftigen Revierkämpfen aufgeteilt hatten, lebten keineswegs in Frieden.
Einmal im Schutz des Hauseinganges, atmete der krankhaft misstrauische Don auf und drückte die Klingel. Er glaubte sich sicher und ahnte nicht, dass die größere Gefahr im Inneren des Hauses lauerte. Es war ein ungeschriebenes Gesetz, dass die Gangs niemals die Familien in eine Machtauseinandersetzung einbezogen. Die Bosse tauchten unter, wenn es knallte, und versuchten aus dem Untergrund die Reihen der Feinde zu lichten, während ihre Angehörigen keinen Augenblick das gewohnte Leben unterbrachen. Sie waren tabu.
Die Gorillas des Dons wandten ihre breitflächigen Gesichter denn auch der Straße zu, die Hände an den Waffen, während Tonio Sciavo auf Einlass wartete.
Als der Summer ertönte, drückte der Mafiaboss die Tür mit der Schulter auf und wunderte sich, dass sein Vater ihn im Halbdunkel erwartete. Ganz gegen die sonstige Gewohnheit.
Sofort flammte sein Misstrauen auf, das auch nicht durch den Anblick von Luigi Sciavo gedämpft wurde, der seinen Sohn in merkwürdig starrer Haltung am oberen Ende der Treppe erwartete. Er sah aus wie ein Richter bei der Urteilsverkündung. Das Gesicht des alten Sciavo war wie aus Stein gemeißelt. Er gehörte zu jener Sorte ehrlicher, aber ständig benachteiligter Menschen, die sich nur schwer verstellen können und in deren Gesichtern man liest wie in einem offenen Buch.
Jedenfalls war keine Sorge in diesem Antlitz zu erkennen, wie es doch nahegelegen hätte, weil die Frau auf den Tod darniederlag angeblich.
Prompt blieb Tonio Sciavo stehen, eine Hand auf dem Treppengeländer, und versuchte das Geheimnis zu enträtseln. Das wiederum brachte die Attentäter aus dem Konzept, die keine geduldigen Menschenjäger waren, sondern Hitzköpfe, in denen sich viel aufgestaut hatte. Schließlich warteten sie Jahre auf diese Gelegenheit. Immer gehandicapt durch Mangel an Geld, der es ihnen verboten hatte, einfach in ein Flugzeug zu steigen, den Atlantik zu überqueren und diesem Teufel den Garaus zu machen. Die Furcht, es könne im letzten Augenblick noch etwas schiefgehen, brachte sie um den Verstand.
Sie sprangen alle auf einmal aus ihren Verstecken, sich gegenseitig behindernd, wobei die Luparas alle gleichmäßig gefährdeten. Denn die Waffen waren geladen und entsichert. Ein winziger Druck auf den Abzugsbügel genügt, um das Desaster auszulösen.
Tonio Sciavo, gewitzt durch ständige Angst um sein kostbares Leben, erfahren in brenzligen Situationen, tat das einzig Richtige: Er warf sich zurück, ohne Rücksicht auf seine Knochen.
Während er schwer aufschlug und zwischen die Beine der verdutzten Leibwächter kegelte, knallte es oben. Eine Salve von furchtbarer Wucht entlud sich in einer einzigen gewaltigen Explosion und erfüllte das enge Treppenhaus mit Wolken von Pulverschmauch. Zwei der Gorillas starben, deckten noch im Tode ihren Don, während zwei andere sofort das Feuer eröffneten.
Das erste Opfer auf der Gegenseite hieß Luigi Sciavo.
Unter schweren Treffern kippte er vornüber und schlitterte die Treppe hinunter. Aber niemand hatte Augen für ihn. Jeder tat das Nächstliegende. Die Italiener gingen in Deckung, während die überlebenden Gorillas das taten, wofür sie bezahlt wurden: Sie schützten und retteten den Don.
Einer packte Sciavo am Arm, zerrte ihn aus der Gefahrenzone und stellte ihn auf der Straße schleunigst auf die Füße. Dabei fiel ihm nichts Besseres ein, als den Boss abzuklopfen und seine Kleidung in Ordnung zu bringen.
„Idiot!“, zischte Sciavo. „Geh hin und bring’ mir die Köpfe dieser Schufte. Ich will sie tot sehen - alle!“
Immerhin ließ er sich dazu bewegen, im Schutze der Häuser abzuhauen und sich, als sein Wagen von dem alarmierten Chauffeur gebracht wurde, hinter schussfestes Glas zurückzuziehen. Damit hatte er den Anschlag definitiv überlebt.
Nervös beobachtete der Don die Kampfhandlungen im elterlichen Haus. Wobei er sich um seinen Vater, den er nicht leiden konnte, weil er dessen Rechtschaffenheit mit Dummheit verwechselte, die geringsten Sorgen machte. Er hatte vielmehr eine starke Mutterbindung und bangte um die Donna.
Die Italiener, wie sich schnell herausstellte, waren einem langen und disziplinierten Feuergefecht nicht gewachsen. Sie hatten ihre Erfahrungen aus dem Partisanenkampf - falls vorhanden - längst ausgeschwitzt.
So zogen sie es vor, sich abzusetzen, zumal sie es aus ihrer Heimat gewohnt waren, dass sich bei derlei Anlässen schnell die Polizei einmischte. Und wie hätten sie - obwohl sie selbst sich im Recht glaubten -, sich rechtfertigen sollen? Schließlich herrschte nicht das Faustrecht. So wären sie ausnahmslos hinter Gittern verschwunden. Also nahmen sie ihre beiden Verwundeten mit und zogen sich zurück, wobei sie selbst vor einer längeren Kletterpartie nicht zurückschreckten. Sie rannten über Hinterhöfe, und es gelang ihnen sogar, auf der Parallelstraße, ein Taxi zu erwischen. Denn ihre Waffen hatten sie längst wieder am Körper, ihren Zustand zu verschleiern. Sie lehnten blass und matt in den Polstern, gestützt von schweigsamen aufmerksamen Nebenmännern.
Einer hatte einen glatten Durchschoss der linken Schulter. Ihn schwächte allein der Blutverlust. Er hatte versucht, die Wunde mit einem Fetzen Tuch zu schließen. Der zweite aber hatte einen Bauchschoss kassiert. Er biss zwar die Zähne zusammen, aber er fühlte sich erbärmlich. Schweiß glitzerte auf seiner Stirn. Er brauchte sofort ärztliche Hilfe.
„Welches Krankenhaus?“, fragte denn auch der Driver, der seine ungewöhnlichen Kunden musterte, als habe er eine Fuhre von Kopfjägern erwischt.
„In das nächste“, lautete die Antwort in schlechten Englisch, und der Chauffeur dachte prompt an die Mafia und eine Kugel als Belohnung. Er hätte gerne auf alles verzichtet.
Die Italiener, die zwar nach New York gekommen waren, um einen ehemaligen Landsmann ins Jenseits zu befördern, erwiesen sich in Kleinigkeiten als sehr genau. So verlebte der Farbige ein paar sehr ungemütliche Sekunden, während er schlotternd nach Kleingeld kramte.
Einer der schwarzhaarigen Männer stand die ganze Zeit neben dem Wagen auf der Fahrerseite.
Seine Kumpanen schleppten den Verletzten inzwischen in die Aufnahme, statteten ihn mit Geld aus und verschwanden, noch ehe die zuständige Schwester die Karteikarte ausgefüllt hatte.
Taxidriver und Krankenschwester beobachteten aus sicherer Entfernung, wie die Gruppe der Ausländer - fünf Mann, von denen einer angeschossen, aber noch transportfähig war - sich schnell entfernten und im Gewirr der Straßen untertauchten.
In diesem Sinne berichteten sie später auch der aufgeschreckten Presse, für die Gangsterkriege immer ein gefundenes Fressen waren. Und auch der Polizei sagten sie alles, was sie wussten.
In den Morgenzeitungen schon wurde die Öffentlichkeit eingeweiht und erfuhr, dass Tonio Sciavo von einer Gruppe zu allem entschlossener Italiener gehetzt wurde, die allem Anschein nach nicht aus Sizilien, wie zunächst angenommen, sondern aus der Nähe von Neapel stammten. Aus einem Dorf namens Terezzo.
Findige Reporter gruben auch die Story aus, wie der Ort von den Soldaten behandelt worden war, aber niemand erfuhr die Geschichte der Madonna und ihr merkwürdiges Schicksal dank des Eingreifens zweier unbedarfter Kirchenräuber aus St. Louis. Dadurch blieb die Story unvollkommen, aber spannend.