Читать книгу Madonna-Mörder: Super Krimi Sammelband 3 Romane - Cedric Balmore - Страница 9
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Roberto Tardelli zog seinen 38er, ehe er an die Tür klopfte. Er musste damit rechnen, dass die beiden Kirchenräuber einen Angriff witterten und wild um sich schossen.
Der Informant, der COUNTER CRIME eingeschaltet hatte, wusste von den vergeblichen Bemühungen der beiden Diebe, New York wieder zu verlassen. Er hatte erlebt, wie die Männer des Mafiabosses Flughäfen, Autobusstationen und Bahnhöfe abgeriegelt hatten und war den beiden kleinen Gaunern bis in jene drittklassige Absteige in der 125. Straße West gefolgt, die nördlich am Central Park und am Rande von Harlem lag. In dem Zimmer rührte sich zunächst nichts, aber es gab keinen Zweifel, dass die beiden Männer anwesend waren. Die Dame im Empfang hatte es, gegen Entrichtung einer kleinen Gebühr, bei allem geschworen, was ihr heilig war - was immer das sein mochte.
„Ihr braucht nicht abzuhauen. Ich will euch helfen“, behauptete Roberto und drückte vorsichtig die Klinke herunter.
Wie er erwartet hatte, war die Tür versperrt. Immerhin näherten sich vorsichtige Schritte und eine Stimme, in der sehr viel Furcht mitschwang, erkundigte sich: „Wer sind Sie? Wie haben Sie uns gefunden?“
„Ich bin Regierungsagent. Aber ich bin nicht gekommen, um euch zu verhaften.“
„Sondern?“ Der zweite Mann hatte diese knappe Frage gestellt und gleichzeitig, wie ein kurzes metallisches Klacken verriet, den Hahn einer Schusswaffe gespannt.
„Ich will euch vor den Leuten Tony Sciavos verstecken. Sie sind euch auf den Fersen. Es ist euer Glück, dass ich euch zuerst aufgespürt habe. Sonst lägt ihr längst im Hudson, mit ein paar Kugeln im Kopf.“
„Kommen Sie mit erhobenen Händen herein!“
Der Schlüssel drehte sich im Schloss. Roberto, der den Colt weggesteckt hatte, öffnete die Tür und streckte die Hände nach vorn, damit die beiden sahen, dass er keine Schusswaffe führte.
Einer der Einbrecher kniete hinter der Couch und richtete eine Schrotflinte auf den Besucher. Der andere stand gleich neben der Tür, stieß Roberto den Lauf eines Colt Government in die Seite und entwaffnete ihn geschickt, nachdem er mit dem Absatz die Tür zugekickt und den Schlüssel im Schloss umgedreht hatte.
„Wer von Ihnen ist Salvatore Pacutti?“, erkundigte sich Roberto gelassen, während er Platz nahm.
„Ich“, sagte der Revolvermann.
Er galt als der Klügere des Teams.
„Wir werden jetzt überlegen, wie wir zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen“, begann Roberto die Verhandlungen. „Ihr werdet für den Einbruch bestraft werden. Davor kann euch niemand schützen. Ich denke, bei eurer Vorstrafenlatte wird es nicht unter zwei Jahren abgehen.“
„Um uns das zu erzählen, hätten Sie sich nicht zu bemühen brauchen“, stieß Pacutti wütend hervor.
„Sie können, wenn Sie es vorziehen, auch von Tony Sciavo abgeurteilt werden“, meinte Roberto freundlich. „Er wird allerdings kurzen Prozess machen.“
„Wie haben Sie uns gefunden?“, knurrte Quadrone.
„Wir haben einen Tipp bekommen“, erklärte Roberto. Er hielt es für besser, mit offenen Karten zu spielen. „In jeder größeren Stadt haben wir Informanten, die uns eine Nachricht schicken, wenn eine Entwicklung eintritt, die unser Eingreifen erforderlich macht. Oder die uns eine Chance gibt, einen der großen Bosse aufs Kreuz zu legen. Wir sind nur an den großen Fischen interessiert. An Leuten vom Syndikat wie Tony Sciavo.“
„Für wen arbeiten Sie, zum Teufel?“, fragte Pacutti ärgerlich. „Für den FBI, oder?“
„Das braucht euch nicht interessieren. Mein Brötchengeber ist letzten Endes der Justizminister“, wich Roberto aus. „Ich bekämpfe das organisierte Verbrechen, nicht solche Leute wie euch, die zuschlagen und wegrennen. Was ohnehin meist schiefgeht.“ Er lächelte ein wenig, und Pacutti, der die Spitze verstand, senkte den Kopf, während sein Komplize aufbegehrte.
„Von wegen - das Zeug ist gut dreißigtausend Dollar wert, wenn wir es an einen Hehler verkaufen“, protestierte der Mann und schüttelte einen Lederbeutel, der unter einem Kissen auf der Couch gelegen hatte.
„Ihr habt also die Madonna schon demontiert?“, vergewisserte sich Roberto ärgerlich.
„Na klar, jetzt wo wir wissen, wem die Statue gehört. Da werden wir sie am Stück doch nie mehr los“, nickte Quadrone.
„Auch die Edelsteine könnt ihr nirgends an den Mann bringen. Ihr vergesst, dass die Bosse untereinander Verbindung halten. Sciavo hat seine Freunde in jeder Stadt der Vereinigten Staaten, die ihm gerne den Gefallen tun, euch umzulegen.“
„Was schlagen Sie vor?“
Pacutti schnitt die Kardinalsfrage an. Er war scheinbar ruhiger als Quadrone, wenngleich die Schatten unter seinen Augen verrieten, dass er seit dem unglücklichen Einbruch nicht mehr zum Schlafen gekommen war.
„Ihr ruft Tony Sciavo an und behauptet, ihr hättet keine Ahnung gehabt, wem ihr ins Gehege gekommen seid“, entwickelte Roberto seinen Schlachtplan.
„Das stimmt auch“, nickte Quadrone, aber niemand beachtete seinen Einwurf, was ihn gehörig kränkte.
„Ihr wollt also angeblich die Madonna unversehrt zurückgeben und vereinbart einen neutralen Ort“, meinte Roberto. „Ich werde an eurer Stelle hingehen. Sciavo, da er gefühlsmäßig stark an diesem Fall beteiligt ist, wird persönlich aufkreuzen, um die Missetäter sterben zu sehen. Das ist der Augenblick ihn festzunehmen und für den Rest seines Lebens hinter Gitter zu bringen. Da gehört er hin, nach allem, was er auf dem Kerbholz hat. Wir konnten ihm bislang nur nie eine Beteiligung einwandfrei nachweisen. Ihr wisst ja selbst, wie vorsichtig die großen Tiere der ehrenwerten Gesellschaft arbeiten. Die finden immer jemand, der ihnen die Kastanien aus dem Feuer holt.“
„Und was geschieht mit uns?“, erkundigte sich Quadrone missmutig. Der Gedanke, so viel Angst ausgestanden zu haben und jetzt nicht nur auf die Beute verzichten zu müssen, sondern ebenfalls auf die Freiheit, drückte auf seine Stimmung.
„Ihr überlebt den Schlamassel. Das ist mehr, als unter Umständen für mich, den Kollegen, der mich begleiten wird oder sogar Tony Sciavo drin ist“, erwiderte Roberto ruhig.
„Und wenn wir nicht mitmachen?“ Pacutti kniff ein wenig die Augen zusammen.
„Läuft es auch so, mit dem Unterschied, dass ich ein größeres Risiko eingehe, weil ich selbst mit Tony Sciavo sprechen muss, und er vielleicht eure Stimmen kennt. Er hat ausgezeichnete Verbindungen nach St. Louis.“
„Sie wissen offenbar alles über uns, wie?“ Die Stimme Pacuttis klang gereizt. Er spürte, dass er in der Falle saß.
„So ziemlich. Sämtliche Dienststellen des Landes sind angewiesen, uns Hilfestellung zu leisten. Wir bekommen alles, was wir brauchen. Nachdem unser Mann euch aufgespürt hatte, genügte ein Knopfdruck, und wir hatten alle notwendigen Informationen. Leider hat Tony Sciavo auch beachtlichen Einfluss. Ich wette, seine Killer wissen schon, hinter wem sie her sind,und es kann nicht lange dauern und sie stehen vor eurer Tür. Genauso überraschend wie ich aufgetaucht bin.“
„Was mich interessieren würde, ist, warum dieser Sciavo der Kirche so großzügige Geschenke macht“, überlegte Paolo Quadrone, der eine Begabung dafür hatte, nebensächliche Fakten am gründlichsten zu behandeln.
„Das ist eine lange Geschichte“, sagte Roberto denn auch. „Er ist nach dem Krieg hier eingewandert und die Juwelen stammen aus seinem Heimatdorf, das in der Nähe von Neapel liegt. Sein Dorf wurde dem Erdboden gleichgemacht, weil dort angeblich Partisanen versteckt wurden. Nur eine Handvoll Einwohner überlebte - mehr durch Zufall. Zu ihnen gehört ein gewisser Tony Sciavo samt Eltern. Sciavo hatte noch Gelegenheit, den Kirchenschatz des Ortes vor den Deutschen in Sicherheit zu bringen. Denn kaltblütig war er schon immer. Später dachte er nicht im Traum daran, die wertvollen Steine wieder herauszugeben. Er überredete seine Eltern zur Auswanderung, um den Nachforschungen zu entgehen und in New York ein neues Leben anzufangen. Tatsächlich verloren seine Verfolger, Überlebende aus seinem Heimatdorf, die Spur Sciavos. Er selbst kam hier zu Macht, Ansehen und Reichtum. Und seine Eltern zwangen ihn, den Kirchenschatz zurückzugeben. Er stiftete ihn angeblich. Bis ihr ihn geklaut habt. Er betrachtet die Edelsteine noch immer als sein Eigentum. Er wird euch umbringen.“
„In einen Banktresor konnte er sie schlecht packen“, meinte Quadrone. „Und zu Hause aufbewahren war viel zu gefährlich, weil er in letzter Zeit dauernd vom FBI überwacht und bei jeder Gelegenheit eine Hausdurchsuchung gestartet wird. In der Hoffnung, ihm etwas am Zeuge flicken zu können.“
„Und die Gläubigen haben immer gedacht, die Steine wären nicht echt“, seufzte Pacutti. „Erst wir mussten den wahren Wert erkennen. Und natürlich haben wir in ein Wespennest gestochen.“
„Was ist - geht ihr auf meinen Vorschlag ein?“, drängte Roberto. „Hier ist der Telefonhörer!“ Er hielt ihn Pacutti hin.
Der Italo-Amerikaner nahm ihn.
„Haben Sie die Nummer?“, fragte er heiser.
Roberto hielt ihm einen Zettel vor das Gesicht. Pacutti ließ die Wählerscheibe kreisen. Sein Gespräch mit Tony Sciavo war kurz und sachlich. Der Gangsterboss verzichtete auf jede Drohung.
„Wenn ihr nur einen Fehler gemacht habt und nicht wusstet, dass die Madonna mir gehört, ist die Sache erledigt“, versprach er. Er hatte eine tiefe ruhige Stimme. „Vorausgesetzt, dass wir uns sofort treffen und die Statue wirklich unversehrt ist, wird euch niemand ein Haar krümmen. Wo sehen wir uns? Ich komme natürlich allein und unbewaffnet. Das erwarte ich auch von euch.“
Pacutti schlug die Südspitze von Manhattan vor, den Nordeingang zum Battery Park, und gelobte Pünktlichkeit. Dann legte er erleichtert auf.
„Jetzt sind Sie an der Reihe“, sagte er spöttisch.