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Colonel Myer meldete sich trotz der späten Stunde augenblicklich. Ein Zeichen, dass er im Sessel neben dem Telefon geschlafen hatte, um von seinem Top-Agenten jederzeit den abschließenden Bericht über den Einsatz gegen Tony Sciavo entgegennehmen zu können. Roberto berichtete kurz und präzise und entwickelte auf der Stelle neue Pläne, um den Mafiaboss doch noch der gerechten Strafe zuzuführen. Aber Colonel Myer lehnte ab.

„Es haben sich neue Gesichtspunkte ergeben, Roberto“, berichtete er. „Einer unserer Leute war drüben in Italien und hat Überlebende aus Sciavos Heimatdorf aufgespürt. Sie sind noch immer wütend auf den Verräter, der schuld ist, dass fast die ganze Bevölkerung des Ortes exekutiert wurde. Das und den Raub des Kirchenschatzes vergessen sie ihm nicht.“

„Mit anderen Worten: Unserem Mann ist die Adresse von Tony Sciavo entschlüpft“, meinte Roberto. „Ein Trupp von Rächern ist unterwegs, um ihn zu liquidieren.“

„So ungefähr. Allerdings hätten die sechs Männer das Reisegeld nie aufgebracht, und wir konnten es ihnen ja schlecht in die Hand drücken. Unser Mann hat, um das Vertrauen der Leute zu gewinnen, nächtelang mit ihnen in der Kneipe gehockt und Karten gespielt. Er hatte dabei seltenes Pech. Jetzt haben die Kerle genügend Dollar, um sich einen Flug über den Atlantik zu leisten und hier auch noch illegal Waffen einzukaufen.“

„Wäre es nicht unsere Pflicht und Schuldigkeit, diese Amokläufer zu stoppen?“, gab Roberto zu bedenken.

„Wem sagen Sie das, Roberto? Ich habe es schon bedauert, unseren Mann vorzeitig abberufen zu haben. Jetzt kennen wir nicht einmal die Namen der sechs Männer, die zu Sciavo geschickt werden. Aber ich habe das Immigration Office gewarnt. Die passen auf.“

„Ich bin also überflüssig geworden, Sir?“, erkundigte sich Roberto ärgerlich.

„Keineswegs. Sie werden sich immer an Sciavo halten und dafür sorgen, dass die sechs Italiener keine Selbstjustiz üben. Und dass Sciavo, der sicher früher oder später von dem Komplott hört, die sechs Racheengel nicht durch die Mangel dreht. Ich will, dass weder Beteiligte noch Unbeteiligte ernstlich zu Schaden kommen. Das zu gewährleisten, ist Ihre Aufgabe.“

„Und nicht leichter, als einen Sack voller Flöhe zu hüten“, stöhnte Roberto. „Ich stecke mit Abby in einem Zweifrontenkrieg. Das überlebt niemand.“

„Wird schon klappen. Ich verlasse mich wie stets auf Sie, Roberto. Sie haben mich noch nie enttäuscht. Und vergessen Sie nicht, dass die Polizei auf Ihrer Seite ist ...“

„... wenn sie rechtzeitig auf der Bildfläche erscheint“, schränkte Roberto ein.

„Wird schon laufen, Roberto. Ehe ich es übrigens vergesse: Carlos Cerpone, Anwalt des Sciavo Clans, bemüht sich gerade darum, die beiden Kirchenräuber aus der U-Haft loszueisen. Verantwortlicher Richter ist Peter Holt. Vielleicht achten Sie darauf, Roberto, dass den beiden Kleptomanen nach der Entlassung nicht gleich der Kragen umgedreht wird.“

Roberto horchte auf. Hier eröffnete sich eine Möglichkeit, Tony Sciavo rechtzeitig aus dem Verkehr zu ziehen, ehe die wütenden Abgesandten seiner Heimat über ihn herfielen.

Roberto beendete das Gespräch mit seinem Chef und verließ den Drugstore. Er kehrte zu Abby Chaple zurück. Abby Chaple hatte sich inzwischen einen Hamburger gekauft, ihn aber noch nicht halb verschlungen, als sein Freund bereits auftauchte. Schuldbewusst leckte der Dicke seine Finger ab.

„Ich bewundere deine Willensstärke, Abby“, spottete Roberto. „Dass du dich so beherrschen kannst. Wieviel hast du diese Woche schon abgenommen?“

Abby Chaple nannte eine unglaubliche Zahl.

„Es wird noch mehr werden, denn jetzt geht es erst richtig los“, meinte Roberto, während sie zu ihrem Wagen gingen. Er weihte Abby Chaple in den letzten Stand der Dinge ein.

„Verdammt“, entfuhr es seinem Kollegen, „das kann ja nicht gutgehen. Diese Makkaronis sind Amateure und werden wild in der Gegend herumballern.“

„Genau das müssen wir verhindern. Sie sollen Sciavo beschäftigen und ablenken, aber nicht umbringen.“

„Keine leichte Aufgabe“, stöhnte Abby und schleuderte heimlich den Papierteller in einen Abfallkorb.

Abby übernahm das Lenkrad, während Roberto das Schnellfeuergewehr auf den Schoß legte.

„Wohin geht die Fahrt, Euer Hochwohlgeboren?“, fragte Abby, dessen Mutter aus Russland stammte und ihn so mit Jugenderinnerungen vollgestopft hatte, dass er manchmal wie ein Kulak redete.

„Zum Bezirksgericht Manhattan“, entschied Roberto. „Ich fürchte, dass der Einfluss des Mafia-Anwaltes ausreicht, um einen sofortigen Haftprüfungstermin zu erreichen.“

„Was machen wir, wenn die beiden Unglücksvögel gegen ihren Willen auf freien Fuß gesetzt und von den Gangstern eskortiert werden?“, erkundigte sich Abby streitlustig. Er hatte schon wieder Hunger. Der bloße Vorsatz, etwas weniger zu essen und ein wenig abzuspecken, hatte seinen Appetit verdoppelt und seine Gier nach Kalorien angestachelt.

Die Fahrt um diese Zeit war selbst in New York ein Vergnügen. Nach einer knappen Viertelstunde erreichten sie das Verwaltungs- und Regierungszentrum New Yorks nordöstlich vom Rathaus, rings um den Foley Square, nahe den Zubringern zur Brooklyn Bridge. Dort befanden sich das die Chamber Street überbrückende große Municipal Building mit Stadthaus und Standesamt, das neue, fünfzehn Stockwerke hohe Police Administration Building östlich der Park Row, die Hall of Records, also das Stadtarchiv, und schließlich auch das sechseckige N.Y. County Court House, das 1912 erbaute Bezirksgericht. Das auffallendste Gebäude und Wahrzeichen des Civic Centers aber war das U.S. Court House (Bundesgericht), dessen vergoldete Dachpyramide jedem Touristen schon von weitem ins Auge stach.

Roberto gab sich dem Posten am Eingang gegenüber als Reporter aus und fragte nach Neuigkeiten. Der ältere Mann freute sich, ihm behilflich sein zu können.

„Im dritten Stock wird gegen zwei Kirchenräuber verhandelt. Offenbar ’ne Mafiasache. Ihr Staranwalt ist aufmarschiert.“

„Sie reden von Carlos Cerpone?“

„Genau der. Er arbeitet sonst für Tony Sciavo. Also hat der Interesse an dem Fall. Warum, kann sich jeder an den fünf Fingern abzählen. Die beiden Amateure haben eine Madonna gestohlen, die Sciavo der Kirche gestiftet hatte.“

„Sind schon viele Reporter da?“

„Selbstverständlich“, nickte der Cop. „Das hat sich rumgesprochen wie ein Lauffeuer. Anonym hat jemand die Presse alarmiert. Jetzt wird es Sciavo schwer haben, die beiden Missetäter selbst zu bestrafen. Aber versuchen wird er es. Er hasst Menschen, die ihn bestehlen.“ Der Cop erstickte fast an seinem Gelächter. Er fand es irrsinnig komisch, dass ein Gangster nach Gerechtigkeit schrie. Die New Yorker hatten einen eigentümlichen Humor oder wenig Fantasie. Sie sollten doch am besten wissen, wie Sciavos Gerechtigkeit aussah.

„Wann hat die Verhandlung angefangen?“

„Vor ’ner halben Stunde. Aber Holt, der Richter, hasst es, wenn er im Schlaf gestört wird. Es wird gleich zu Ende sein“, prophezeite der ältere Polizeibeamte, der seit Jahrzehnten vor dem Portal stand und sich in dem Gebäude mindestens so gut auskannte wie alle, die darin arbeiteten. Er gehörte einfach dazu, und wenn er Staatsanwälten und Richtern Taxis besorgte, Regenschirme an sie verlieh oder ihnen sonst wie gefällig war, erfuhr er Neuigkeiten, die ihn zur ständigen Zielscheibe der Bemühungen wissensdurstiger Reporter machten. Roberto hatte schon gewusst, warum er zuerst den uniformierten Türsteher angezapft hatte.

Tatsächlich wurden in dem stillen Gebäude sehr bald Stimmen laut. Türen klappten. Der Lift kam herunter. Die Leuchtanzeigen verrieten es.

Eilige Füße trappelten auf der Steintreppe. Ein Pulk von Reportern, die nicht mehr im Lift Platz gefunden hatten, wollten Bilder schießen, wie die beiden Kirchenräuber das Gebäude verließen, eingerahmt von ihrem Rechtsvertreter und den Leuten Tonio Sciavos, die sicher nicht zu ihrem Schutz mitgekommen waren. Sie alle scheuten die Öffentlichkeit, aber sie konnten nicht verhindern, dass man sie beachtete.

Staranwalt Cerpone, ein eleganter Mann Mitte Fünfzig mit dem Aussehen des erfolgsgewohnten Vorstadtcasanovas, sichtlich auf Clark Gable getrimmt, lächelte süßsauer in das Blitzlichtgewitter. Sonst süchtig nach Publicity, hätte er diesmal liebend gerne darauf verzichtet, im Rampenlicht zu stehen.

„Meine Mandanten haben einen festen Wohnsitz nachweisen können und sind geständig. Es besteht keine Fluchtgefahr“, erklärte Cerpone ärgerlich. „Ich bringe die beiden jetzt nach Hause. Der Prozess wird in etwa vier Wochen steigen.“

„Und wenn die Angeklagten inzwischen versterben?“, witzelte ein jüngerer Berichterstatter zur Freude aller.

„Eine reichlich hypothetische Frage, meine Herren“, wich Cerpone aus. „Lassen Sie uns bitte durch!“

Seine stämmigen Begleiter, von denen Roberto allerdings nur Pietro Perucci, einen Unterführer des allmächtigen Dons kannte, schufen freie Bahn. Stumm walzten sie voran und drängten alles zur Seite, ohne Proteste im Geringsten zu beachten. Die Meute verschwand in einer Armada hochtouriger Wagen, aber nicht, ohne den Reportern klarzumachen, dass sie nicht wünschten, verfolgt zu werden. Natürlich hielt das ernstlich niemanden ab.

Auch Roberto und Abby hetzten zu ihrem Fahrzeug. Aber da sie die Tricks der Gangster kannten, fielen sie nicht darauf herein. Sie begleiteten den Konvoi auf der Parallelstraße. So blieben sie am Ball, während alle anderen Verfolger ebenso brutal wie plötzlich gestoppt wurden. Der letzte Wagen stellte sich einfach quer auf die Fahrbahn und simulierte eine Reifenpanne, während die Insassen scharfkantige Eisenkrampen herumstreuten und alles taten, die Reporter anzuhalten.

Im Nu bildete sich ein Knäuel von Fahrzeugen, während der Wagen mit den beiden Einbrechern davonraste.

Roberto hängte sich unauffällig hinter den Buick. Er blieb am Mann, bis sie in der 14. Straße West ankamen. Dort gehörte dem Don ein Fruchthof mit sechs Wohnungen. Angeblich wohnten Pacutti und Quadrone schon seit sechs Wochen dort und arbeiteten für die Firma.

So sehr sich die beiden Einbrecher auch wehrten, sie bekamen keine Gelegenheit zur Flucht. Zwei aus der Garde des Don bewachten sie wie die Kronjuwelen. Sie schleppten ihre Opfer über den Hof.

Roberto konnte jede Aktion beobachten, weil er rechtzeitig Abby und den Wagen zurückgelassen und die letzten hundert Yards zu Fuß zurückgelegt hatte. Jetzt stand er auf einem Mauerrest inmitten des zerfallenen Nachbarhauses und spähte über die Trennmauer. Er konnte den zementierten Hof der Fruchtfirma überblicken.

Pacutti und Quadrone jammerten, aber die Gorillas des Don nahmen keine Rücksicht, sondern schleiften die Gefangenen brutal mit sich. Niemand hätte einen Cent für die Leben der beiden unglücklichen Italiener gegeben.

Roberto konnte nicht zulassen, dass die beiden Einbrecher dem sicheren Tod entgegengeführt wurden. Die beiden hatten den Stein ins Rollen gebracht und den Feldzug gegen Sciavo - ohne es zu wollen oder auch nur zu ahnen - eröffnet.

Roberto beschloss, die beiden zu befreien, auch wenn er damit ein hohes Risiko einging.

Vorsichtig suchte er eine Möglichkeit, die hohe Mauer zu überwinden, auf deren Krone sich Glasscherbe an Glasscherbe reihte, ein stacheliges Polster bildend, das man nicht berühren konnte, ohne sich die Hände aufzuschneiden. Es hatte keinen Sinn, diese einzementierten Flaschenreste mit einem Stein zu zerschlagen. Der Krach hätte um diese Zeit das ganze Viertel auf die Beine gebracht.

Also legte Roberto einfach ein Brett über die Mauer und kroch hinüber, wobei sich die gefährlichen Glaszacken knirschend ins Holz bohrten, ohne durchzudringen.

Madonna-Mörder: Super Krimi Sammelband 3 Romane

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