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3.Grundregeln zur Ausführung der Klausur

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15a) Vollständigkeit der Arbeit. Ausgangspunkt ist: Eine Klausur muss vollständig bearbeitet werden. Sämtliche Anträge müssen abgehandelt sein, Rubrum, Tenor, Tatbestand und Entscheidungsgründe müssen gefertigt sein (wenn sie gefordert sind). Richtig ist dabei zwar, dass die Fertigung des Tatbestandes einige Zeit in Anspruch nimmt – wahrscheinlich 35–40 Minuten – und trotzdem nur mit 2 oder 3 Punkten bewertet wird. Viele Kandidaten überlegen deshalb, den Tatbestand einfach weg zu lassen und so mehr Zeit für die anderen Probleme zu haben. Dies kann allerdings nicht angeraten werden. Denn die Qualität einer Arbeit zeigt sich (auch) daran, ob sie fertiggestellt ist und damit den Fall abschließend behandelt. Viele Prüfer gehen deshalb davon aus, dass eine nur teilweise fertiggestellte Arbeit eine unbrauchbare Arbeit ist und deshalb nicht oder nur bei besonderer Qualität mit 4 Punkten bewertet werden kann. Dies hat seine Berechtigung; was nützt das allerbestens begründete Urteil, das zum Verkündungstermin (und die Abgabe ist der Verkündungstermin) nicht fertiggestellt ist? Gar nichts. Denn am Verkündungstermin muss ein vollständiges Urteil verkündet werden, auch wenn es sachlich vielleicht nicht so ausgewogen ist. Auch ein Urteil ohne Tatbestand ist nicht brauchbar. Der Tatbestand liefert den Beweis für das mündliche Parteivorbringen, er kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden, § 314 ZPO. Gleiches gilt für den Anwalt, der zur Fristwahrung oder zur Verjährungsunterbrechung eine Klage einzureichen hat; liegt sie nicht vollständig vor, ist sie unbrauchbar, sie wird die Frist nicht wahren, die Verjährung nicht unterbrechen. Es ist ein großes Missverständnis, dass ungestraft einzelne Teile in der Klausur weglassen werden können. Meist ist es daher besser einzelne Fragen oberflächlicher zu bearbeiten, als ganz Teile wegzulassen.

16b) Bedeutung der einzelnen Teile einer Klausur. Die Arbeit muss vollständig sein! Aber selbstverständlich sind nicht alle Teile der Arbeit gleich gewichtig. „Die dicken Punkte“ gibt es in der Klausur nahezu immer für die materiell-rechtlichen Fragen. Es gibt kaum Klausuren, bei denen bei der Bewertung die Zulässigkeitsfragen (auch mit Tatbestand und Rubrum) überwiegen. Nur selten sind bei Zulässigkeitsfragen 7 Punkte oder mehr zu vergeben, während bei den materiell-rechtlichen Fragen meist über 10 Punkte zu vergeben sind. Wobei immer zu berücksichtigen ist, dass auch für die Art der Bearbeitung, der Darstellung, der Ausführung, des Stils, und für den Aufbau einige Punkte reserviert sind.

17Der Tenor (beim Anwalt der Antrag), Rubrum, Tatbestand und Zulässigkeit sind meist die Visitenkarte der Klausur, der Einstieg für den Korrektor. Nach einem schlechten Tenor oder Tatbestand, nach schlechter Bearbeitung der Zulässigkeitsfragen, hat der Korrektor einen ersten schlechten Eindruck, der nur schwer wieder ins Positive gewendet werden kann. Zudem geht der Korrektor mit diesem schlechten Eindruck dann an die materiell-rechtlichen Probleme heran. Dagegen wirkt ein guter Tatbestand oder eine ordentliche Zulässigkeitsprüfung sehr positiv; der Korrektor freut sich. Wenn die weiteren Ausführungen nicht schlecht sind, wird er den guten Eindruck behalten und entsprechend bewerten.

18Aber nicht nur deshalb lohnt es sich, diese Fragen ordentlich zu behandeln, eine gute Bearbeitung der „Randfragen“ hat große Vorteile. Die Zulässigkeitsfragen sind meist wesentlich einfacher – sie wiederholen sich beinahe immer – und damit vor allem viel kalkulierbarer und damit leichter vorzubereiten. So kommen in den meisten Examen Fragen der Hauptsacheerledigung, der Streitgenossenschaft und (unbezifferte) Schmerzensgeldanträge mit einem Feststellungsantrag dran. Häufig wird Widerklage erhoben, ein Vergleich angefochten oder die Aufrechnung erklärt. Auf all dies kann man sich leicht vorbereiten, während die materiell-rechtlichen Problem unendlich weit gestreut sind und wohl kaum alle erfasst werden können. Dagegen gibt es in der Zulässigkeit 60 bis 80 Standardprobleme, von denen ein großer Teil in jedem Examen abgeprüft wird. Also eine gute Investition dies zu lernen und zu bearbeiten.

19Es sollten daher in der Klausur immer zuerst die Zulässigkeitsfragen bearbeitet werden, bevor mit der Begründetheit begonnen wird; auch in der Anwaltsklausur. Ob die Zulässigkeitsfragen dann im Aufbau zu Anfang oder erst am Ende dargestellt werden müssen, ist hierfür nicht von Bedeutung. Gleiches gilt für das Rubrum und den Tatbestand. Es ist nahezu sicher, dass im Examen mindestens ein Tatbestand gefertigt werden muss. Wurde ein solcher häufig geübt, sind es einfache Punkte, weil dazu sämtliche Informationen im Sachverhalt sind. Ein Rubrum muss – sinnvollerweise – nur dann angefertigt werden, wenn es dabei Schwierigkeiten gibt; meist ist eine Partei verstorben oder es hat sonst ein Parteiwechsel stattgefunden.

20Kosten und vorläufige Vollstreckbarkeit gehören natürlich – wenn sie gefordert sind – auch zum Urteil. Sie sind für den Praktiker – der im zweiten Examen Korrektor ist – stets von Bedeutung, da sie in jedem Urteil zu bescheiden sind. Dementsprechend sind sie auch von großer Bedeutung in der Klausur.

21c) Schrift und Darstellung. Nur was lesbar ist, kann bewertet werden. Die Schrift ist für viele Kandidaten ein Problem. Grundregel: Wer eine schlechte Schrift hat, sollte die Arbeit stark untergliedern, viele Absätze machen und reichlich Normen zitieren. Die Normen helfen wesentlich bei der Orientierung dessen, was man liest und damit beim Korrigieren. Bei einer sehr schlechten Schrift verliert der Korrektor sonst sehr schnell den Faden. Kommt eine Norm, wird er wieder eingefangen, denn nun weiß er wenigstens wieder, was der Kandidat gerade prüft. Viele Absätze lockern auf, eine starke Untergliederung – a), b), c) usw. für jede Voraussetzung – erleichtert das Lesen wesentlich; der Korrektor weiß nun zumindest, dass eine neue Voraussetzung geprüft wird.

22d) Aufbau. Einer der wichtigsten Teile für die Bewertung der Arbeit ist der Aufbau. Er zeigt die gedankliche Klarheit des Schreibenden. Eine schöne Klausur ist ordentlich gegliedert, die Lösung ist aus dem Aufbau heraus verständlich. Der Aufbau zeigt oft mehr über die Gedankengänge des Verfassers als das Niedergeschriebene. Er zeigt deutlich, wie strukturiert die Arbeit ist, wie der Prüfling denkt und ob er den Fall und die Lösung erfasst hat. Absätze gehören dazu, dabei ist es am sinnvollsten, jedem neuen Gedanken einen Absatz zu geben, jeder Voraussetzung eine Ordnungsziffer. Auch die Entscheidungsgründe im Urteil gehören sauber durchgegliedert.

23e) Zeiteinteilung. Wichtig für das Gelingen der Arbeit ist die Zeiteinteilung. Natürlich lassen sich hier keine sicheren Vorhersagen treffen. Wie viel Zeit für was benötigt wird, muss jeder Kandidat selbst – durch üben – herausfinden. Die letzten ca. 15 Minuten einer Klausur sollten allerdings für den Tenor reserviert werden. Der Tenor muss in dieser Zeit nicht nur gefertigt werden, zwingend erforderlich ist auch, dass überprüft wird, ob er mit den Ausführungen übereinstimmt. Daran fehlt es, wenn der Tenor zuerst gefertigt wird und der Verfasser während der Niederschrift seine Meinung und sein Ergebnis umstellt.

24f) Ergebnis. Eine Klausur muss immer weitergehen. Es gibt daher nur sehr wenige Klausuren – zumindest bei Urteilen oder Beschlüssen – in denen die Klage unzulässig ist. Auch wenn eine Klage in einer Klausur zunächst unzulässig erscheint, ist diese bei genauerer Prüfung und Verwertung aller Hinweise in der Klausur doch meist zulässig. Sind Fristen versäumt, kann es beispielsweise die Wiedereinsetzung geben, wenn der Sachverhalt dazu Anhaltspunkte enthält. Ist die Klage – trotz allem – unzulässig, muss im Hilfsgutachten weiter geprüft werden. Dabei ist zu beachten, dass auch im Hilfsgutachten alle aufgeworfenen Fragen zu beantworten sind.

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