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bb) Beweiserhebung

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Zur Amtsermittlung kann sich der Zulassungsausschuss der Beweismittel bedienen, die er nach pflichtgemäßen Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält (§§ 39 Abs. 1 Ärzte-ZV, 21 Abs. 1 S. 1 SGB X).[92] Er kann insbesondere Auskünfte jeder Art einholen, Beteiligte anhören, Zeugen und Sachverständige vernehmen, schriftliche oder elektronische Äußerungen dieser Personen anfordern, Urkunden und Akten beiziehen sowie den Augenschein einnehmen. Diese Handlungsmöglichkeiten sind nicht abschließend, immer jedoch darf sich die Tatsachenermittlung nur auf die beweisbedürftigen und entscheidungserheblichen Tatsachen beziehen.[93]

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Die teilweise vertretene Ansicht, im Verfahren vor den Zulassungsgremien bedürfe es nicht der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme,[94] ist abzulehnen. Das Unmittelbarkeitsprinzip umfasst zwei Aspekte, zum einen die materielle Unmittelbarkeit, d.h. den Vorrang des sachnäheren Beweismittels,[95] und zum anderen die formelle Unmittelbarkeit, d.h. das Gebot der Beweisaufnahme unmittelbar durch die für die Entscheidung zuständigen Personen.[96] Der eingangs zitierten Ansicht ist zuzugeben, dass sich der Ärzte-ZV und dem SGB X kein Vorrang des sachnäheren Beweismittels entnehmen lässt.[97] Unrichtig wäre aber die Behauptung, die Mitglieder der Zulassungsgremien müssten sich nicht selbst (unmittelbar) ein Bild von den Beweismitteln machen. Jedes Mitglied des Zulassungsausschusses (gleiches gilt für den Berufungsausschuss) erhält von jedem Aktenstück eine Kopie. In der Sitzung hat jedes Mitglied somit unmittelbaren Zugang zu allen entscheidungsrelevanten Aktenstücken. Da Beschlüsse der Zulassungsgremien gemäß § 36 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV nur in Sitzungen gefasst werden können und die Beweiserhebung durch „den Zulassungsausschuss“ – also nicht durch einzelne Mitglieder oder Dritte – erfolgt (§ 39 Abs. 1 Ärzte-ZV), können und müssen auch bspw. Zeugenaussagen nur unmittelbar vor allen Mitgliedern der Zulassungsgremien (bzw. des nach § 22 SGB X ersuchten Gerichts) erfolgen. Das Sitzungsprinzip führt zu einem von §§ 20, 21 SGB X abweichenden Beweiserhebungsverfahren. Es gilt also im Verfahren vor den Zulassungsgremien ein formelles Unmittelbarkeitsprinzip, nicht aber ein strenges Mündlichkeitsprinzip.[98]

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Sofern die Zulassungsgremien gemäß § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB X Zeugen laden, besteht für diese weder eine Pflicht zu erscheinen, noch eine Pflicht zur Aussage, soweit dies nicht durch Rechtsvorschrift ausdrücklich vorgesehen ist (§ 21 Abs. 3 S. 1 SGB X). Entgegen der in Rechtsprechung und Literatur teilweise vertretenen Auffassung reicht § 39 Abs. 1 Ärzte-ZV, der lediglich den Grundsatz des Freibeweises normiert,[99] hierfür nicht aus.[100] Die im Falle der Aussageverweigerung in Betracht kommenden Zwangsmittel[101] machen eine ausdrückliche Regelung der Aussagepflicht erforderlich. Eine solche ausdrückliche Regelung stellt § 39 Abs. 1 Ärzte-ZV nicht dar. Dies zeigt ein Vergleich mit § 21 SGB X. Auch dort regelt Abs. 1 der Vorschrift den Grundsatz des Freibeweises. Wäre die Existenz dieses Grundsatzes bereits für eine Aussagepflicht ausreichend, hätte es der Regelung in § 21 Abs. 3 S. 1 und insbesondere der Wendung „wenn sie durch Rechtsvorschrift vorgesehen ist“, nicht bedurft.

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Besteht eine Aussagepflicht, kann sie im Falle der Aussageverweigerung gemäß § 22 SGB X durch richterliche Vernehmung durchgesetzt werden. Besteht keine Aussagepflicht, gilt § 22 SGB X nicht.[102]

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Zeugen und Sachverständige werden nach dem Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG) entschädigt. Die Zulassungsgremien haben die Möglichkeit abweichende Vereinbarungen mit Sachverständigen zu treffen.[103] Die Entschädigungen gehören zu den Kosten des Zulassungsausschusses, die gemäß § 34 Abs. 8 Ärzte-ZV je zur Hälfte von der Kassenärztlichen Vereinigung einerseits und den Landesverbänden der Krankenkassen sowie den Verbänden der Ersatzkassen andererseits getragen werden.[104]

Vertragsärztliche Zulassungsverfahren, eBook

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