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bb) Mündlichkeitsprinzip (§ 37 Abs. 1 Ärzte-ZV)

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Von den Sitzungen i.S.d. § 36 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV unterscheidet sich die mündliche Verhandlung i.S.d. § 37 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV durch die Pflicht zur Ladung der Kassenärztlichen Vereinigungen, der Kassenverbände und der beteiligten Ärzte und deren Anwesenheitsrecht in der Sitzung. Gemäß § 37 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV gilt für Verfahren über Zulassungen und Zulassungsentziehungen ein obligatorisches Mündlichkeitsprinzip. In allen anderen Verfahren gilt ein fakultatives Mündlichkeitsprinzip, d.h. die Anordnung einer mündlichen Verhandlung liegt im Verfahrensermessen des Zulassungsgremiums (nicht des Vorsitzenden),[165] wobei aber die Grundsätze der Selbstbindung der Verwaltung greifen können.[166] Soweit eine fakultative mündliche Verhandlung stattfindet, muss sie ebenfalls in vollständiger Besetzung des Zulassungsausschusses durchgeführt[167] und müssen alle weiteren Formalitäten einer obligatorischen mündlichen Verhandlung eingehalten werden.[168] Zweck der mündlichen Verhandlung ist vor allem eine verbesserte Klärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts unter Mitwirkung der Beteiligten, die Erhebung von Beweisen und die qualifizierte Anhörung der Beteiligten zur Sache im Interesse der Wahrung des rechtlichen Gehörs. Sie bietet eine erhöhte Garantie für die inhaltliche Richtigkeit und Gesetzmäßigkeit der Sachentscheidung.[169] Ein Fehler der Zulassungsgremien bei der Ladung zur mündlichen Verhandlung gemäß § 37 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV stellt keinen absoluten Verfahrensfehler dar. Auch bei einer fehlerhaften Ladung gilt somit gemäß § 42 S. 1 SGB X grundsätzlich, dass die Aufhebung des Beschlusses nicht allein aufgrund dieses Verfahrensfehlers beansprucht werden kann.[170]

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Zu den Verfahren mit obligatorischer Mündlichkeit gehören das Nachbesetzungsverfahren gemäß § 103 Abs. 4 SGB V sowie Verfahren wegen Job-Sharing-Zulassungen sowie Sonderbedarfs- und Sonderzulassungen.[171] Dagegen besteht bei Ermächtigungen oder Genehmigungen von Berufsausübungsgemeinschaften oder Anstellungsverhältnissen lediglich eine fakultative Mündlichkeit.[172]

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Das Mündlichkeitsprinzip i.S.d. § 37 Abs. 1 Ärzte-ZV darf nicht mit dem aus dem Prozessrecht bekannten strengen Mündlichkeitsgrundsatz verwechselt werden. Dieser besagt, dass das Gericht seine Entscheidung allein nach dem Inhalt der mündlichen Verhandlung zu treffen hat. Was nicht ausdrücklich Gegenstand der mündlichen Erörterungen war, darf der Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden.[173] § 124 Abs. 1 SGG bringt dies mit den Worten zum Ausdruck, dass das Gericht „auf Grund mündlicher Verhandlung“ entscheidet. Demgegenüber entscheiden die Zulassungsgremien lediglich „nach mündlicher Verhandlung“. Diese Formulierung findet sich auch in § 67 Abs. 1 S. 1 VwVfG.[174] Dort ist anerkannt, dass das Ergebnis (der „Inbegriff“) der mündlichen Verhandlung nicht die alleinige Entscheidungsgrundlage der Behörde bildet. Auch außerhalb der mündlichen Verhandlung gewonnene Erkenntnisse sind zu berücksichtigen.[175] Um einen Aktenbestandteil bei der Entscheidung berücksichtigen zu können, muss er nicht zwingend formal in die mündliche Verhandlung eingeführt werden. Gleiches muss im Verfahren vor den Zulassungsgremien gelten.

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Gemäß § 45 Abs. 2 Ärzte-ZV kann der Berufungsausschuss einen Widerspruch ohne mündliche Verhandlung zurückweisen, wenn die Zurückweisung einstimmig erfolgt. Diese Verfahrensgestaltung ist auch in Zulassungssachen im engeren Sinne (Zulassungsanträge und Zulassungsentziehungen) zulässig. Im Hinblick auf die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs (§ 96 Abs. 4 S. 2 SGB V) kann es geboten sein, in eindeutigen Konstellationen zeitnah ohne mündliche Verhandlung über den Rechtsbehelf des betroffenen Arztes zu entscheiden.[176]

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