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1.4.3 Ordnungen

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Bindung an größere Systeme spielte auch für den deutschen Ordenspriester und Psychoanalytiker Bert Hellinger (1925–2008) eine bedeutsame Rolle. In der Auseinandersetzung mit der Frage, warum ein Mensch etwas tut, was einem anderen schadet, und sich (scheinbar) gut dabei fühlt, beschrieb er Ursprungsordnungen, die in sozialen Systemen wirken. Sie wurden von dem deutschen Psychoanalytiker und Psychotherapeuten Gunthard Weber (*1940) verschriftlicht (Hellinger 1995) und in ihrer Weiterentwicklung systemisch-konstruktivistisch ebenso wie phänomenologisch gerahmt (Weber et al. 2005). Zugehörigkeit wird zum ersten Ordnungsprinzip (Heuristik), um den Fortbestand eines sozialen Systems zu sichern. Das Konzept erscheint eng verbunden mit dem historisch geprägten Bindungsbegriff in den frühen Modellen ( Kap. 1.1), erweitert diesen aber deutlich systemisch, in dem nicht nur biologische und legale Familienverständnisse betrachtet werden, sondern auch solche, die an der Entstehung eines Systems beteiligt waren. So machten (verstorbene) Herzensbindungen (vielleicht) Platz für die aktuelle Ehefrau. Ebenso werden Verhältnisse einbezogen, die sich besonders um den Systemerhalt verdient gemacht haben, wie z. B. Pflege- und Adoptivfamilien. Bei Ausschluss bedeutsamer Systemmitglieder entsteht eine Lücke im System, die zumeist von Mitgliedern nachfolgender Generationen versucht wird zu schließen (z. B. wütendes Verhalten einer Tochter gegenüber dem Vater in (un-)bewusster Loyalität zur Mutter, die nicht voll und ganz geliebt wird). Zeitliche Reihenfolge wird zum zweiten Ordnungsprinzip und berücksichtigt generationsbezogene Strukturen und Grenzen, ähnlich den strukturell-strategischen Ansätzen der Kybernetik 1. Ordnung ( Kap. 1.2). So erscheint z. B. Partnerschaft vor Elternschaft, Eltern vor Kindern, ältere vor jüngeren Geschwistern. Aber auch die inverse Zeitfolge zwischen (Sub-)Systemen ist wichtig, wenn jüngere Systeme Vorrang vor älteren Systemen erhalten, wie z. B. in der Phase einer Familiengründung. Ausgleich von Geben und Nehmen wird zum dritten Ordnungsprinzip und erinnert an Konzepte des Kontenausgleichs und der Delegation in den frühen Modellen ( Kap. 1.1). Reziprozität und soziale Austauschbeziehungen sichern den Fortbestand eines Systems, mit der Schwierigkeit, dass der Wert der ausgetauschten Güter (z. B. Materielles, Leistungen, Gefühle) sehr unterschiedlich eingeschätzt werden kann. Mehr Geben als Nehmen, ebenso wie mehr Nehmen als Geben, bedingt zwar Bindung, jedoch im Schlechten. Kargheit im Geben und Nehmen bedingt Einsamkeit und Isolation. Hellinger (1995) hat eine Vielzahl weiterer Ordnungen beschrieben. Seine starre Vertretung dieser Ordnungen rief jedoch viele Kontroversen hervor (Haas 2009). Umso bedeutsamer erscheint ihr modernes Verständnis als Heuristiken vs. universelle Gesetzmäßigkeiten ( Kap. 5.6.5).

Systemische Therapie

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