Читать книгу Der Casta-Zyklus: Initiation - Christina Maiia - Страница 16
Schicksal
ОглавлениеEs ist gegen Mittag, als Yoav seine Augen vorsichtig zum Fenster aufklappt und aus seiner Bettposition die Lage außerhalb eruiert. Der gestrige Gig dauerte ungewöhnlich lange und hat ihm zusätzlich zu einer ungeplanten, dritten Session noch einen interessanten Kontakt beschert. Es ist am Ende der zweiten Session gewesen, als Quincy ihn zu sich herüber gerufen hat an die Bar, wo er sich schon eine Weile lang mit einem dieser Schlipsträger unterhalten hatte, der sich für Yoav unerwartet als Chef eines kleinen Jazz-Labels entpuppte.
Na prima, grunzt er verschlafen, während er den Fuß ungelenk aus dem Klappsofa heraus hievt, gerade jetzt, wo ich mich schon mit dem Schicksal einer Ameise abgefunden habe. Such is life. Erst der Alte und jetzt das noch. Es ist fast so, als wolle das Leben ihm einen Strich durch seinen schnöden, aber vernünftigen, da finanzierbaren Lebensplan machen und ihn auf das Ziel all seiner Sehnsüchte zurück werfen.
Verknittert stapft er durch den Gang zur Küche, nicht ohne ein paar Klamotten von Boyle zu streifen, der sich sicher nicht vor dem späten Nachmittag wieder außerhalb seiner Höhle rematerialisieren wird, um sich ein Stück kalte Pizza reinzuziehen. Mit romantischer Verklärung öffnet Yoav den Kühlschrank, als erwarte er tatsächlich etwas Trink- oder Essbares darin. „Muss wohl mal wieder einkaufen gehen“, beschließt er und lässt die Kühlschranktür unverrichteter Dinge wieder zuschnappen.
Eine halbe Stunde und eine Dusche später ist er in seine Lieblingshosen und das letzte saubere T-Shirt gestiegen und hat sich einen Beutel Wäsche und einen Jutesack unter seinen Arm geklemmt. Samstag, schnöde Zeremonie namens Waschsalon und Nahrungsbeschaffung. Aber es ist leider nötig, denn er kommt die ganze Woche nicht dazu und auf Boyle ist bekanntlich kein Verlass. Als er auf das Campusgelände und die angrenzende Straße herunter fällt, ist der übliche Samstags-Shopping-Wahn bereits in vollem Gange. Die Möchtegern-Offroad-Gefährte für die Schicki-Micki-Moms hupen entnervt vor dem blockierten Parkdeck des angrenzenden Edel-Einkaufscenters, pusten ihre 30-Liter-pro-100-Kilometer freudig in die Stadtluft hinaus, während die Kids hinten gelangweilt über ihren neuesten Spiele-Gadgets hängen und nerven.
Will ich das wirklich auch, fragt sich Yoav mit gespielter Ernsthaftigkeit. Schnell tappt er zwei Blocks weiter hin zu dem kleinen Coffee Shop, der auf dem Grünstreifen inmitten des Boulevards über die Nachbarschaft regiert. Hier versammeln sich die unmittelbaren Locals unter dreißig für das erforderliche Koffein-Upload des Morgens. Der erste Doppio Espresso landet in einem Zug in Yoavs Magen. Per Kopfnicken begrüßt er schnell ein paar der anderen Gespenster der Nachbarschaft, denn keiner von ihnen ist gewöhnlich zu dieser Stunde geistig genug da, um das Sprachmodul in sich zu starten. Nachdem die schwarze Brühe ihre Wirkung erfüllt hat, sieht die Welt schon deutlich besser aus. Gutgelaunt macht sich Yoav an das Programm für den Tag: Nur noch eine Stunde für die Wäsche, was zu essen für den Kühlschrank besorgen und dann gleich raus zu Tonys Bude. Und dann werde ich diesen seltsamen Alten suchen und mit ihm reden, beschließt er freudig erregt. Heute ist der Tag der Wahrheit. Heute will ich‘s definitiv wissen. Er krallt sich hungrig ein Croissant.