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Teil 1 - Die Mission Casta 3

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Die holografische Bedienleiste surrt, als sie die Zeit auf 12 Standard-Minuten einstellt. Es ist ein altes, fast schon antikes System, eigentlich längst überholt von tonlosen und mental gesteuerten Geräten, doch Eve hängt noch an diesen Dingen wie sie noch an manch schönen Erinnerungen festhält.

Das Haus liegt heute ungewohnt still, es schimmert und schläft wie der klare, unberührte See, der sich direkt an die schlichte, holzverkleidete Terrasse anschließt, um sich dann in einem für das Auge unendlich scheinenden, milchigen Horizont zu verlieren. Die hohen, durchsichtigen Fronten schenken einen ungetrübt weiten Blick, der nur ab und zu von einem gleitenden Flügelschlag oder einem fallenden Blatt durchschnitten wird. Ein ockerfarbenes Schilf wiegt sich im Wind, der sanft über dem grüngelblichen Grasland weht. Aus der Ferne ist eine leichte Vibration zu spüren, wahrscheinlich aus einem der Generatoren, die ihre Speicher für die dunkleren Tage voll saugen, doch das ist kaum Eves Sorge in diesem Moment.

Vier Tage ist es her, vier quälende Sternenzeit-Tage, während denen selbst ihr Gespräch mit Professor Todd und dem Ältestenrat von Casta 3 nichts Neues bringen konnte. Der Professor hat sicher sein Bestes versucht, sie von der Normalität der Situation zu überzeugen: „Alles läuft wie geplant, ...der Geheimbericht des Gesandten ist positiv“, und mit mehr Nachdruck noch: „es muss so laufen, Eve, wenn wir Erfolg haben wollen“. Doch in ihrem Bauch hat etwas nicht gestimmt und sie hat mit der Sicherheit einer Großmutter begriffen, dass es in Wirklichkeit sehr viel Grund zur Besorgnis gibt. Auch wenn sie selbst nie eine Akademie von innen gesehen hat, war doch zwischen den Zeilen für sie eindeutig erkennbar, dass hier etwas gründlich schief läuft.

Als sie heute Morgen zu ihrer eigenen Beruhigung damit begonnen hat, Kishas Lieblingskuchen zu backen, ganz so als würde sie gleich um die Ecke gehechtet kommen, um ihren Schwall an Geschichten aus der Akademie loszuwerden, wurde Eve plötzlich von einem seltsamen, intensiven Gefühl überfallen, von einer eindeutigen, aber nicht begründbaren Ahnung, dass es ihrer Kleinen nicht gut gehen kann. Sie hat gespürt, dass ihr geliebter, schlauer, eigensinniger Schützling sich dieses Mal in ernsthafte Gefahr manövriert hat und sie, Eve, nicht das Geringste dagegen wird tun können.

Das rote Signal leuchtet auf. Mechanisch und geistesabwesend zieht Eve das fertige Gebäck aus dem System, während in ihrem Kopf der Film der letzten Tage abläuft, bevor Kisha auf ihre „ist streng geheim, Nonna!“-Mission aufgebrochen ist, überschäumend vor Vorfreude und stolz wie die Jahrgangsbeste über diese so hartnäckig erkämpfte Chance. „Du wirst schon sehen, denen zeige ich es richtig!“, hat sie getönt vor Begeisterung. An diesem Tag hat Eve unwillkürlich an Kishas Vater denken müssen, an Martins identische Art, vor dem holografischen Display zu sitzen und die Mundwinkel nach unten sinken zu lassen, als würde ihn das Programm zutiefst langweilen oder ihm bestenfalls zu einem entspannten Wegdösen genügen.

Sie hat so viel von ihm, sinniert Eve, als sie den Kuchen aus seiner Form herauslöst, nicht nur die pechschwarzen Haare und diese grübelnde Stirn, auch den glasklaren Verstand und den unbeugsamen Dickschädel, wenn es um ihre Sache geht. Doch wo auch immer Martin gerade genau sein mag, um seinen Traum auszuleben, das Herz hat sie von mir, lächelt Eve, die Lebenslust und die Gutmütigkeit. „Und manchmal leider auch das Temperament“, schneidet ihre Stimme dann laut in die Stille des Sonntagnachmittags hinein.

Ein leises Klingeln wie aus einer vergangenen Welt unterbricht Eve in ihrem Gedankenstrom. Es ist ein willkommener Ton, ein Ton, der die mentale Kraft in ihr stoppt, der sie sich gerade so unkontrolliert hingegeben hat, eine Gefahr, derer man sich auf Casta 3 immer bewusst sein muss. Es ist ein besonderer Ort hier, ermahnt sich Eve, ein Ort, an dem man genau darauf achten sollte, welche Gedanken man in sich formt.

Noch einmal arrangiert sie die blasslila Blüten, die in dem ovalen, weiß lasierten Tongefäß stehen, welches sie mit ihren eigenen Händen gefertigt hat. Sie stellt den Kuchen neben zwei Tassen aus hauchdünnem Porzellan und fegt einen letzten Krümel von der transparenten Tischplatte weg. Der Duft von frisch geriebener Zitrone breitet sich wie ein Versprechen aus, und in den schlichten, lichtgetränkten Raum fällt die Silhouette einer großen, kräftigen Gestalt.

Sie wird es schaffen, denkt sich Eve, als sie den Buzzer zu ihrer Haustür aktiviert.

Der Casta-Zyklus: Initiation

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