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Zuerst wird gefeiert

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In einem der besseren Jesus-Filme (in denen er nicht emotionslos Bibelverse zitiert und mit stoischer Miene neben den Jüngern herläuft, als wäre er bekifft oder würde stark beruhigende Medikamente einnehmen) fragen die Jünger, die sich gerade bei Jesus eingefunden haben, erwartungsvoll: „Und, wie geht’s jetzt los? Was machen wir?“ Und Jesus sagt fröhlich lachend: „Kommt mit, wir sind zu einer Hochzeit eingeladen!“ Verblüfft folgen ihm die Jünger. Wahrscheinlich haben sie sich für den Anfang etwas anderes vorgestellt. Eine Lehreinheit vielleicht mit den Basics, was der neue Rabbi so vorhat. Ein kleiner Jüngerschaftstest zum Ausfüllen, in dem sich der Meister ein Bild über den geistlichen Stand seiner Nachfolger machen kann. Eine gemeinsame Zeit des Fasten und Betens. Oder zumindest ein paar Aufgaben, die sie für ihn erledigen könnten. Stattdessen: ein Fest. Lecker essen, Wein trinken. Die Nacht durchtanzen. Lustige Geschichten erzählen.

Das war schon ein ungewöhnlicher Start, der sicher nicht nur die Jünger befremdet hat. Sollten die ehemaligen Kollegen auf der Feier vorbeigekommen sein, waren sie vielleicht auch etwas irritiert darüber, dass die Jungs, die sie mit der Arbeit alleine gelassen hatten, erst mal fröhlich einen draufmachten. Meine schwäbische Seele hätte auch dagegen protestiert: Jesus, erst die Arbeit, dann das Vergnügen! Bekommen deine Jünger nicht einen ganz falschen Eindruck?! Nicht dass sie denken, so geht das jetzt weiter. Und während ich das schreibe, merke ich: Genau das ist doch das Evangelium, die gute Nachricht, die Jesus uns gebracht hat: Wir feiern, BEVOR wir irgendetwas geleistet haben! Ist das nicht eine wunderbare Sache, dass Jesus mit seinen Jüngern erst mal ein Fest besucht – bevor sie losziehen, um zu predigen, bevor sie sich irgendwie beweisen können, bevor sie eine längere Strecke mit ihm gegangen sind? Jesus geht zuerst mit ihnen feiern – und zeigt ihnen und uns damit etwas vom kommenden Reich Gottes und dem Geschenk der Gnade.

Der amerikanische Theologe und Schrifststeller Donald W. Cullough drückt es so wunderbar aus: „Gnade bedeutet, dass mitten in unserem Kampf der Schiedsrichter pfeift und das Spiel zu Ende ist. Wir werden zu Siegern erklärt und duschen geschickt. Es ist vorbei, wir brauchen nicht mehr keuchend und schnaufend Gottes Gunst zu verdienen … Gnade bedeutet, dass Gott auf unserer Seite ist und wir deshalb Sieger sind, egal, wie gut wir gespielt haben. Wir können jetzt genauso gut duschen gehen und dann mit Champagner feiern.“7

Genau diese gute Nachricht bringt uns Jesus. Und die Kirche kann ein Hinweis darauf sein. Dass wir feiern können, BEVOR wir etwas leisten. Dass wir auch feiern, NACHDEM wir versagt und einander enttäuscht haben! Und wir feiern mit der Hoffnung im Herz, dass am Ende ein großes Fest auf uns wartet und dass Gottes Reich heute schon anfängt, mitten unter uns.

Warum ich da noch hingehe

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