Читать книгу Warum ich da noch hingehe - Christina Schöffler - Страница 18

Eine der schönste Geburtstagspartys, die ich je erlebt habe, war die eines Freundes aus unserer Gemeinde. Er erwähnte einmal so nebenbei, dass er seinen Geburtstag sehr selten gefeiert hat. Er wuchs zeitweise in einem Heim auf und dann bei Pflege­eltern, die leider nicht sehr liebevoll mit ihm umgingen. Oft wurde sein Geburtstag vergessen oder einfach nicht als wichtig genug angesehen, um ihn zu feiern. Als ich das hörte, stand mein Entschluss fest: Sein nächster Geburtstag wird gefeiert! Und ich plante, ihn damit zu überraschen. Unter dem Vorwand, einfach mal gemütlich Zeit zusammen zu verbringen, lud ich ihn zu uns nach Hause ein und erwähnte dabei mit keinem Wort, dass dieser Tag sein Geburtstag war. Ich hatte einige seiner Freunde aus der Gemeinde eingeladen, wir hatten alles schön geschmückt und das leckerste Essen vorbereitet. Als er bei uns ankam und vorsichtig die Wohnungstür aufschob, standen wir mit Wunderkerzen in den Händen bereit und sangen: „Happy Birthday“. Er wäre fast ihn Ohnmacht gefallen – vor Schreck und vor Freude. Und dann haben wir zusammen gefeiert, lustige Geschichten erzählt, gelacht, gegessen und getrunken und noch mehr gegessen. Zum Schluss haben wir ihn in die Mitte genommen, ihm die Hände aufgelegt und Gott gedankt für unseren Bruder und Freund. Und wir haben aus tiefstem Herzen unsere Segenswünsche über ihm ausgesprochen. Beladen mit Geschenken und mit Tränen in den Augen, hat er sich spät in der Nacht überglücklich verabschiedet. Es war ein ganz besonderer Abend – für uns alle. Noch lange nachdem der Freund gegangen war, hatte ich das Gefühl von Gottes liebevoll, strahlender Gegenwart in unserem Wohnzimmer. Ich glaube, es war ein Fest ganz in seinem Sinn. Hat es die Probleme unseres Freundes gelöst? Nein. Er kämpft immer noch und im Moment habe ich keine Ahnung, wie es ihm geht und wo er sich aufhält und ob er noch an Gott glauben kann. Sein Leben ist weit davon entfernt, in irgendeinem frommen Buch als Erfolgsgeschichte aufzutauchen. Aber dieser eine Abend war eine Erinnerung daran, dass Gott ihn sieht, dass ein Zuhause auf uns wartet, in dem ein Fest gefeiert wird, das alles übersteigt, was wir uns hier vorstellen können. Wir werden essen und trinken und lachend und weinend unsere Geschichten erzählen und Gott wird alle Tränen abwischen und alle Wunden heilen. Dieser Abend in unserem Wohnzimmer war ein kleiner Vorgeschmack darauf.