Читать книгу Tore zur Welt - Christina Wawrzinek - Страница 11

Der Koloss von Rhodos

Оглавление

Eine besonders starke Form der Repräsentation stellten Kolossalstatuen dar. Die berühmteste war sicher der Koloss von Rhodos, der später zu den sieben Weltwundern gezählt wurde. Nach einer erfolglosen Belagerung der Stadt Rhodos im Jahr 305 v. Chr. ließen Demetrios Poliorketes und seine Soldaten eine Reihe von Kriegsmaschinen und Belagerungsgerät zurück. Die Stadtbewohner nutzten diese, um nach ihrem Sieg eine riesige Statue zu errichten – als Dank an die Götter. Mit dieser weithin sichtbaren Statue verdeutlichte die Seemacht Rhodos unmissverständlich ihre Vormachtstellung in der Ägäis in hellenistischer Zeit. Der antike Autor Plinius überliefert den Namen des Künstlers: Chares, ein Schüler des berühmten Lysipp.2 Als Bauzeit für den Koloss gibt er zwölf Jahre an; begonnen wurde damit jedoch erst zehn Jahre nach dem Ende der Belagerung, sodass sich die Fertigstellung auf das Jahr 283 v. Chr. datieren lässt. Das fertige Standbild des Gottes Helios stellte die größte bis dahin ausgeführte Statue dar. Sie war 100 Fuß hoch, was etwa 31 Metern entspricht – so weit die Fakten. Ihr Aufstellungsort beflügelte die Fantasie zahlreicher Forscher und Künstler über Jahrhunderte hinweg. Nachdem in der Frühen Neuzeit eine Rekonstruktionszeichnung entstanden war, die den Koloss breitbeinig über der Hafeneinfahrt stehend zeigte, hat sich dieses Bild über lange Zeit eingeprägt und erfreut sich im Tourismusbetrieb der Insel Rhodos auch heute noch großer Beliebtheit.


Nachzeichnung einer geritzten Darstellung des Hafens von Puteoli auf einer Glasflasche, die in der Antike vermutlich als Souvenir diente.

Inzwischen ist jedoch klar, dass eine derartige Aufstellung weder den antiken Stellen entspricht, noch statisch und technisch umsetzbar gewesen wäre. Eine neuere Rekonstruktion lokalisiert die Statue mit beiden Beinen auf einem Molenkopf stehend (s. Abb. S. 70). Dagegen haben archäologische Untersuchungen im Bereich des Großmeisterpalastes (auf einem Hügel unweit des Hafens gelegen) die Forscher kürzlich veranlasst, die Aufstellung der Statue hier zu vermuten. Der mögliche Standort bleibt somit ein spannender Streitpunkt.


Dieses Bild – der Koloss breitbeinig über der Hafeneinfahrt von Rhodos stehend – prägte sich über lange Zeit in das Gedächtnis der Menschheit ein und wird bis heute endlos rezipiert. Die Rekonstruktion gilt jedoch inzwischen als überholt.

Neben dem Aspekt der Repräsentation, mit der die Stadt Rhodos sich einen besonderen Ruf erwarb, konnten Kolossalstatuen auch als Landmarken für die Schifffahrt dienen. Ein weiteres Beispiel für eine Markierung einer Hafeneinfahrt ist der Koloss von Porto Rafti in Griechenland. Dabei handelt es sich um eine auf einem Steinthron sitzende Frau, die mit einem Chiton (einer Art langem Hemd) bekleidet ist. Die Statue selbst war nur 2,35 Meter hoch, da sie aber zusätzlich auf einer 2 Meter hohen Basis und noch dazu auf einem Hügel stand, kann an ihrer guten Sichtbarkeit kein Zweifel bestehen. Auch der Koloss von Rhodos war zweifelsohne bei Tag aus großer Entfernung zu erkennen. Ob er allerdings nachts als Leuchtturm diente, lässt sich nicht beantworten. Es ist zumindest schwer vorstellbar, auf welche Weise große Mengen Brennmaterial auf die in seiner Hand rekonstruierte Fackel geschafft worden wären. Unklar bleibt auch, ob es in der Statue überhaupt eine dafür geeignete Treppe geben konnte.

Die wundersame Statue des Helios auf Rhodos überdauerte im Übrigen nur kurze Zeit. Bereits im Jahr 227 v. Chr. fiel sie nur 56 Jahre nach ihrer Errichtung einem starken Erdbeben zum Opfer. Polybios berichtet von der Zerstörung der rhodischen Stadtmauern und Schäden an den Hafenbecken.3 Dabei knickte auch der Koloss an den Knien ein und zerbrach vermutlich in mehrere Teile. Es folgte daraufhin eine große Hilfsaktion, an der sich viele Städte und auch Ptolemaios III., der Herrscher Ägyptens, beteiligten. Die Mittel waren für den Wiederaufbau der Stadt und des Kolosses gedacht. Doch einem Rat des Orakels von Delphi entsprechend entschied man sich gegen die Rekonstruktion der Statue. Die im Hafen liegenden Bruchstücke entwickelten sich schnell zu einer echten Attraktion. Tatsächlich wurde der Koloss in diesem Zustand überhaupt das erste Mal in einer Liste der sieben Weltwunder aufgeführt. Da von dieser antiken Aufzählung mehrere Varianten existierten, gab es genau genommen mehr als sieben Weltwunder. Aber der Koloss von Rhodos gehörte sicher zu den bekanntesten.

Vielleicht wurde das Wunder auf Geheiß des römischen Kaisers Hadrian im 2. Jahrhundert n. Chr. tatsächlich noch einmal aufgerichtet. Als wie zuverlässig man die entsprechenden Angaben eines lokalen Historikers hierzu bewerten kann, bleibt unklar. Vielleicht liegt hier schlichtweg eine Verwechslung mit der Kolossalstatue des Nero in Rom vor. Aber auch wenn es eine Wiederaufrichtung gegeben hat, muss der Koloss bei einem weiteren Erdbeben nur 20 Jahre später erneut eingestürzt sein. Als die Araber Rhodos im Jahr 653 eroberten, zerlegten sie die Überreste der Statue in transportable Stücke. Diese sollen von einem Händler gekauft und auf dem Festland auf 980 Kamele verladen worden sein.

Tore zur Welt

Подняться наверх