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Formen der Selbstdarstellung

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Der Koloss von Rhodos gehörte sicher zu den herausragenden Beispielen für die Selbstdarstellung einer Hafenstadt, dennoch bekundeten viele andere Städte ebenfalls ihren Stolz auf ihren Hafen, indem sie etwa ihren Leuchtturm als Motiv auf ihre Münzen prägten. Dies sollte nicht nur die gute Ausstattung ihres Hafens, sondern auch ihre Bedeutung als Handelszentrum ganz allgemein belegen. Beispiele dafür kennen wir aus Apamea am Orontes, Laodicea ad Mare, Perge oder Panormus auf Sizilien.

Auch die römischen Kaiser wussten Häfen als „Schaufenster“ ihrer Macht zu nutzen. Aus heutiger Sicht lässt sich dieser Drang zur Selbstdarstellung manchmal schwer nachvollziehen, erscheint die Macht der Kaiser aus der zeitlichen Distanz betrachtet doch als fest gegründet und allumfassend. Aber Kaiser Augustus und seine Nachfolger konnten sich ihrer Position keineswegs immer sicher sein. Daher nutzten sie jede Gelegenheit, sich als mächtige Herrscher zu präsentieren und gleichzeitig ihren Untertanen gegenüber fürsorglich zu erscheinen. Bei den Hafenanlagen ließen sich diese beiden Aspekte trefflich miteinander verbinden: Die Kaiser verfügten über die politischen, finanziellen sowie technischen Mittel, um beeindruckende Hafenbauten errichten zu lassen, durch die sie zugleich auf anschauliche Weise die Versorgung der Bevölkerung garantierten.

Vor allem die Häfen in Ostia und Portus waren in dieser Hinsicht von großer Bedeutung für Rom. Allein die Nähe zur Hauptstadt brachte eine besondere politische Bedeutung mit sich. Diese Möglichkeit zur Festigung der eigenen Position nutzte auch Kaiser Septimius Severus an der Wende zum 3. Jahrhundert n. Chr. Er war aufgrund eines Bürgerkriegs an die Macht gelangt. Indem er den Hafen von Leptis Magna (im heutigen Libyen) vergrößern ließ, demonstrierte er die Kontrolle über die Ressourcen des Reiches. Dabei orientierte er sich am Beispiel des von Vespasian errichteten flavischen Amphitheaters in Rom, heute besser bekannt als das Kolosseum. Der gewaltige neue Leuchtturm, der in Leptis Magna entstand, markierte die Einfahrt in den neuen Hafen und stellte gleichzeitig ein technisches Wunderwerk von hoher politischer Bedeutung dar.

Doch die Möglichkeit der Selbstdarstellung an einem Hafen beschränkte sich keineswegs auf die Kaiser; sie stand auch einfachen Bürgern offen, die sich in Verbänden organisierten. Antike Händler schlossen sich etwa zu collegia oder corpora zusammen, die sich neben den geschäftlichen Interessen gemeinsam für religiöse Anliegen engagierten und z.B. Tempel stiften konnten. Ähnliche Vereinigungen entstanden unter den Binnenschiffern oder Veteranen der Armee. Zweck dieser Vereine war häufig auch die gegenseitige Sorge um Bestattung und Totengedenken. Aus geschäftlichem Interesse, aber auch, weil diese Gesellschaften großen Einfluss erreichen konnten und diesen dann zur Anwerbung nach außen präsentieren wollten, errichteten sie Häuser, manchmal direkt am Hafen. In Ostia zeugen die reich mit Mosaiken versehenen Gebäude am „Platz der Korporationen“ von der Macht und dem Reichtum dieser Vereine; auch im Hafenareal von Lausanne-Vidy haben sich Zeugnisse davon erhalten.


Am Platz der Korporationen in Ostia präsentierten sich Vereinigungen von Handwerkern, Schiffern und Kaufleuten selbstbewusst mit Mosaiken, die einen inhaltlichen Bezug zu ihrer Arbeit aufwiesen. Hier preist ein Schiffbauer stolz sein Produkt an.

Die individuelle Gestaltung von Häfen zeigte sich nicht nur in ihrer Größe und Form, sondern auch in repräsentativen Details. Dies gilt nicht nur für die Seehäfen des Mittelmeeres, sondern auch für Flusshäfen in Aquileia oder Altino und nicht zuletzt für den Flusshafen in Rom. In Aquileia war z.B. ein Teil der oberen Kaifront abwechselnd mit unterschiedlich großen Kalksteinplatten verkleidet.

Hätte man auf diese Eigenheit verzichtet, wäre der Bau des Kais vermutlich schneller und einfacher gewesen. In Altino war die Vorderseite des Kais sogar mit architektonischen Elementen aus Terrakotta geschmückt. Da es auch dafür keinerlei praktische Notwendigkeit gibt, dürfen wir annehmen, dass man an diesen Stellen einfach Wert auf Ästhetik legte.


Die Front der Kaianlage in Aquileia ist teilweise mit unterschiedlich großen Kalksteinplatten dekorativ gestaltet. Die Blickrichtung des Fotos entspricht der ursprünglichen Ansicht vom Schiff aus Richtung Ufer.

In Rom wirkt allein die massive Kaifront schon äußerst beeindruckend (s. Abb. S. 139), aber auch dort legte man Wert auf schmückende Details. Vor allem die Steine, die dem Festmachen, also der Vertäuung der Schiffe dienten, wurden teilweise künstlerisch ausgeführt. So hat man am Tiberufer Vertäuungssteine in Form von Eber- oder Löwenköpfen gefunden, die zwar heute nicht mehr in ganzer Pracht erhalten sind, anhand derer man aber erahnen kann, wie hoch der ästhetische Anspruch an den Flusshafen Roms in der Antike gewesen sein muss.

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