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Schmelztiegel der Kulturen

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Wenngleich Platon der Ansicht war, dass man das Hafenleben und die vielen Fremden, die auf diesem Weg Athen erreichten, sehr genau im Blick behalten müsse, um negative Auswirkungen auf die Bürger Athens zu verhindern,10 hatte sich doch die Geschäftswelt Athens gut mit den Fremden arrangiert. Obwohl ihnen der Ankauf von Grundbesitz in der Stadt versagt blieb, fanden sich unter den Geschäftsleuten in Athen viele Auswärtige. Für diese führten die Athener sogar die Klasse der Metöken ein. Sie durften dauerhaft in der Stadt leben, mussten aber ein Schutzgeld zahlen und besaßen kein Bürgerrecht. In der Seefahrt konnten sie als Reeder oder Händler in kurzer Zeit extrem hohe Renditen erwirtschaften – allerdings blieb das Geschäft auf die Sommersaison beschränkt, da die Schifffahrt im Winterhalbjahr pausierte. Gleichzeitig trugen sie ein hohes Risiko: Innerhalb eines Augenblicks konnten all ihre Investitionen verloren gehen, wenn ein Schiff gesunken oder Piraten zum Opfer gefallen war. Dennoch lockten die hohen Gewinnspannen.

Besonders Delos trat als kosmopolitischer Hafen im Herzen der Kykladen in Erscheinung. Nachdem die „Heilige Insel“ der Ägäis 167 v. Chr. zollfreier Hafen geworden war, konnte sie von der Zerstörung Karthagos und Korinths 146 v. Chr. sowie dem Niedergang der Herrschaft der Insel Rhodos auf dem Meer profitieren. Pausanias berichtet rückblickend aus der Perspektive des 2. Jahrhunderts n. Chr.: „Früher war Delos ein Handelsplatz für die Griechen und schien den Händlern dank dem Gott [Apollon] Schutz zu bieten.“11 Hilfreich dabei waren sicher auch die fünf Leuchttürme, die den Schiffen den richtigen Weg wiesen. So entwickelte sich während des 1. Jahrhunderts v. Chr. neben dem üblichen Verkehr rund um ein großes Heiligtum ein Paradies für Geschäftsleute. Strabon zitierte dazu ein Sprichwort: „Schnell Kaufmann! Leg an, lösche deine Ladung und alles ist bereits verkauft.“12 Damit bezog er sich auch auf ein ganz spezielles Handelsgut: Delos bildete ein Zentrum für den Sklavenhandel, Tausende von ihnen wurden hier jeden Tag ge- und verkauft. Insgesamt verfügte der Hafenbetrieb, für den in Delos eine Kaifront von 1,7 Kilometer Länge zur Verfügung stand, über eine gut organisierte Infrastruktur. Aber obwohl Anlegestellen im Heiligen Hafen für Ruderschiffe der Marine reserviert waren, gelang es Piraten, die Stadt 88 und 69 v. Chr. anzugreifen und zu zerstören. Erst in der Folgezeit gingen die Römer entschieden gegen Piraten vor, indem sie Häfen mit Piratenaktivitäten angriffen, wie z.B. Phalasarna auf Kreta.

In römischer Zeit gehörten ausländische Gemeinschaften zu den üblichen Erscheinungen in Häfen. In vielen erhaltenen Inschriften geht es um Garantien für einen speziellen legalen Status oder das Recht, einen eigenen Kult ausüben zu dürfen. Die in Städten wie Ostia und Puteoli zahlreich nachgewiesenen ausländischen Händler müssen enorm zu deren Reichtum und zur maritimen Sachkenntnis vor Ort beigetragen haben.

Doch auch wenn viele Menschen aus unterschiedlichsten Teilen der Welt einen Hafen bevölkerten und ihren Glauben mitbrachten, ist die scheinbar naheliegende Vorstellung von Göttern aus aller Welt, die sich in einem Hafen zusammenfinden, doch mit Vorsicht zu genießen. Zwar scheinen im kosmopolitischen Delos auswärtige Seeleute rasch ihre eigenen Kulte etabliert zu haben, und auch an vielen anderen Orten gab es Zusammenschlüsse von Landsleuten, die ihren Glauben in der Fremde gemeinsam am Leben erhielten. Eine detaillierte Untersuchung für die Hafenstadt Puteoli in Italien ergab jedoch, dass die meisten orientalischen Kulte dort eher eine Randerscheinung blieben, auch wenn selbst ein antiker Besucher die Menschenmengen in Puteoli als „Völkerscharen von Klein-Delos“ beschrieb.13 Insgesamt war das Spektrum der wirklich bedeutenden unter den orientalischen Kultgemeinschaften in den römischen Hafenstädten im Grunde nicht größer als in vielen anderen Städten auch. Ihre Kulte lassen sich bei näherer Betrachtung Puteolis weder im baulichen Zentrum der Stadt noch im Zentrum der Gesellschaft finden. Die Einwohner sahen sich trotz allem als römische Bürger.

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