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Die antike Wahrnehmung

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Das Bild von einem Hafen als Tor zur Welt entspricht unserer neuzeitlichen Wahrnehmung und ist nicht ohne Weiteres auf die Antike zu übertragen. Wie die Vorstellungen in der Antike waren, lässt sich am ehesten der schriftlichen Überlieferung entnehmen. Alle anderen Zeugnisse der Vergangenheit, wie etwa archäologische Funde, geben nur indirekte Informationen, die zudem schnell falsch interpretiert werden können. Aber auch die antiken Autoren liefern die Informationen oft nur zwischen den Zeilen. Sicher ist jedoch, dass große Hafenanlagen wie in Karthago oder Piräus auch für die Zeitgenossen weit mehr als reine Nutzbauten waren.

In einer Beschreibung der Insel Samos reiht Herodot den Hafen unter den gewaltigsten Bauwerken ganz Griechenlands ein. Dazu zählt er auch einen Damm „im Meere, der um den Hafen herumgeführt ist.“5 Aus diesen Zeilen spricht eindeutig die Bewunderung technischer Errungenschaften, als welche die Häfen offenbar wahrgenommen wurden. In diese Richtung können auch zahlreiche literarische Quellen aus späteren Zeiten gedeutet werden, etwa Appians Beschreibung des Hafens von Karthago6 oder Suetons Lob der großen und zweckdienlichen Bauten, die Kaiser Claudius errichten ließ. Zu den wichtigsten zählte er den neuen Hafen von Portus (das anfangs zu Ostia gehörte):

„Den Hafen von Ostia baute er, und zwar ließ er von rechts und links zwei Dämme herumlegen und bei der Hafeneinfahrt, dort ist der Grund schon reichlich tief, eine Bastion vorbauen. Damit dafür ein um so sichereres Fundament gelegt sei, ließ er vorher das Schiff versenken, auf dem ein großer Obelisk aus Ägypten herantransportiert worden war, darauf rammte er Pfeiler hinein und errichtete darauf nach dem Beispiel des Pharos von Alexandria einen sehr hohen Turm, damit die Schiffe nach dessen Feuern bei Nacht ihren Kurs ausrichten könnten.“7

Wenn Prokop von Schiffen spricht, die dem Meer entkommen waren,8 wird deutlich, wie bedrohlich das Meer den Menschen in der Antike erschienen sein muss. Dies klingt auch bei Juvenal an, der einen „prallen Geldsack“ als gerechten Lohn für diejenigen empfindet, die die „Ungeheuer des Ozeans“ erblickt haben.9 Zahlreiche Quellen zeugen von der risikoreichen Seefahrt dieser Zeit (s. S. 131). In dieser Hinsicht ist die Vorstellung von einem „rettenden Hafen“ nach womöglich langer, gefahrvoller Reise nur allzu gut nachvollziehbar.

Es gibt noch einen weiteren Grund, Infrastrukturanlagen der Schifffahrt im übertragenen Sinn als „rettende Häfen“ anzusehen. Nach schweren Unruhen ließ z.B. Kaiser Julian die Not leidende Bevölkerung im Rheinland per Schiff mit Getreide aus Britannien versorgen. Viele große Städte der Antike, darunter selbst Rom, waren auf Getreidefrachter angewiesen, ohne deren Ladung eine Hungersnot zu befürchten stand. Unter diesem Gesichtspunkt konnte jeder noch so kleine Hafen, auch an einem Fluss, „lebensrettend“ sein.

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