Читать книгу Fachdidaktik Italienisch - Christine Michler - Страница 19

4.2 | Die ‚großen‘ Methoden

Оглавление

Bis über die Mitte des 20. Jahrhunderts hinaus war jeweils eine besonders favorisierte Methode dominant.

Grammatik-Übersetzungs-Methode Mindestens bis zum Ende des 19. Jahrhunderts (zur Zeiteinteilung vgl. Nieweler et al. 2006, 43) orientiert sich der Unterricht in den lebenden Sprachen (zu dieser Zeit hauptsächlich Englisch und Französisch) an der im altsprachlichen Unterricht (Latein und Altgriechisch) verwendeten Grammatik-Übersetzungs-MethodeGrammatik-Übersetzungs-Methode. Vorherrschend ist ein auf dem Deutschen als Unterrichtssprache basierendes kognitives, die Schriftlichkeit in den Vordergrund stellendes Lehr- und Lernkonzept mit Frontalunterricht, dessen Ziel der korrekte Sprachgebrauch ist. Primäre Unterrichtsinhalte sind einerseits grammatische Regeln, die auf lateinischen Grammatikbegriffen fußen und deduktivdeduktiv (d.h. von den Regeln und deren Erläuterung zu Beispielsätzen; vgl. Einheit 8) eingeführt, von den Schülerinnen und Schülern auswendig gelernt und in Übungssätzen angewendet werden. Dazu kommen Wortschatzkenntnisse, die durch Übersetzungen vornehmlich klassischer literarischer Texte von der Zielsprache in die Muttersprache, teilweise auch von der Muttersprache in die Zielsprache abgeprüft werden.

ViëtorDie 1882 unter dem Pseudonym „Quousque tandem“ veröffentlichte Streitschrift Wilhelm ViëtorViëtor, Wilhelms „Der Sprachunterricht muß umkehren“ (vgl. Schröder 1984) leitet eine Neuorientierung der Sprachlehr- und -lernverfahren ein. Ausgehend von einer grundlegenden Kritik an der Grammatik-Übersetzungs-Methode fordert Viëtor

 den Vorrang des Sprachkönnens vor dem Sprachwissen,

 den Vorrang des Mündlichen vor dem Schriftlichen,

 die Ausrichtung des Fremdsprachenunterrichts an Aspekten des alltäglichen Sprachgebrauchs,

 die Einsprachigkeit des Unterrichts, d.h. die Ausklammerung der Muttersprache,

 die Anschaulichkeit des Unterrichts und

 induktives Lernen.

Direkte Methode Viëtors Vorschläge fließen in die sog. Direkte MethodeDirekte Methode ein, die dann mit Unterbrechungen über einen längeren Zeitraum Grundlage des Unterrichts ist (ca. 1880–1910, 1960–1980). Oberste Ziele sind Sprachkönnen und (mündliche) Kommunikation in der Fremdsprache, so dass die gesprochene Sprache, die durch Hören und Nachsprechen geschult und durch das Postulat der absoluten EinsprachigkeitEinsprachigkeit gestützt wird (vgl. Einheit 6), im Mittelpunkt steht. Ein kognitiver Zugang zur Sprache fehlt, Grammatik nimmt nur eine dienende Funktion ein, wird auf das Nötigste reduziert und durch induktiven Unterricht (d.h. von den Beispielsätzen zur Regel; vgl. Einheit 8) erarbeitet. Die Übersetzung entfällt, und auch Literatur verliert gegenüber praktischen, alltagsbezogenen Inhalten an Bedeutung.

Vermittelnde Methode Bei der bis in die 1950er Jahre verbreiteten Vermittelnden MethodeVermittelnde Methode stehen Kompromisse zwischen den methodischen Schwerpunkten im Vordergrund. Man orientiert sich inhaltlich am traditionellen Bildungskanon und misst grammatischem Regelwissen einen hohen Stellenwert zu. Grammatische Strukturen werden jedoch induktiv erarbeitet, so dass das selbstentdeckende Lernen der Schüler begünstigt wird. Außerdem fokussiert man praktische sprachliche Fertigkeiten, was zur Folge hat, dass der mündliche Sprachgebrauch anhand alltäglicher Sprechsituationen eingeübt wird. Auch bei der Vermittelnden Methode bleibt das Prinzip der Einsprachigkeit gewahrt. Ausgenommen ist die Klärung grammatischer und semantischer Fragen, bei der auch auf das Deutsche zurückgegriffen werden kann.

Audiolinguale Methode Das Grundprinzip der in den USA in den 1940er Jahren v.a. für die Ausbildung von US-Armee-Dolmetschern entwickelten, auf Hören und Sprechen ausgerichteten Intensivkurse wurde in Deutschland in den 1960er Jahre als Audiolinguale Methode in den schulischen Fremdsprachenunterricht übernommen.

Theoretische Grundlage ist zunächst der StrukturalismusStrukturalismus. Der Begründer des sprachwissenschaftlichen Strukturalismus Ferdinand de Saussure identifizierte in einer Sprache als Kommunikationsmittel „bestimmte[r] Regelmäßigkeiten, die das System oder die komplexe Struktur der Sprache bilden“ (Lewandowski 61994, 1106). Solche Strukturen werden mit der Audiolingualen MethodeAudiolinguale Methode intensiv eingeübt, und zwar auf der Basis der für das Sprachenlernen adaptierten Experimente Skinners zur Verhaltensänderung (Skinner 1957). Den Ergebnissen dieser lernpsychologischen Untersuchungen folgend werden die Lernenden beständig mit patterns, die sie imitieren und wiederholen müssen, konfrontiert (pattern drillspattern drills). Das durch Impulse und Wiederholungen charakterisierte Lernen nach dem Reiz-Reaktions-SchemaReiz-Reaktions-Schema soll, ohne dass Strukturen oder grammatische Phänomene kognitiviert werden, zum automatisierten Gebrauch alltäglicher Kommunikationsfloskeln führen. In Sprachlaboren, in denen mit Tonbändern und Kopfhörern als seinerzeit modernen technischen Medien gearbeitet wird, erhalten die Lernenden Anweisungen vornehmlich für Einsetz- oder Substitutionsübungen (vgl. Abb. 4.2). Einer starren Folge der Fertigkeiten Hören / Verstehen – Sprechen – Lesen – Schreiben verpflichtet, hat das Mündliche in dem absolut einsprachig ablaufenden Unterricht Vorrang. Auch heute werden hin und wieder speziell in der Anfangsphase des Fremdsprachenunterrichts Übungen, die für die Audiolinguale Methode typisch sind, eingesetzt, da die ständige Wiederholung das Memorieren begünstigt.

Abb. 4.2

Sörensen, Ingeborg (1973): Einführung in die italienische Sprache. Stuttgart: Klett, 45

Audiovisuelle Methode Verantwortlich für die Entwicklung der Audiovisuellen MethodeAudiovisuelle Methode (auch: méthodologie structuro-globale audio-visuelle; SGAV) ist im Wesentlichen das Centre de Recherche et d'Étude pour la Diffusion du Français (C.R.E.D.I.F.), das die Audiolinguale Methode in den späten 1960er Jahren so ausweitet, dass die Tonträger durch visuelle Medien (Folien, Dias) ergänzt werden. Wie die Audiolinguale hält auch die Audiovisuelle Methode an der strengen Phaseneinteilung und der absoluten Einsprachigkeit des Unterrichts fest. Der Stoff – ein an alltäglichen, konkreten Situationen orientierter Sprachgebrauch – wird hauptsächlich in Texten und Übungen gleichzeitig mittels Dialog und Bild präsentiert, wiederum ohne analytische Sprachbetrachtung und nachdrückliche Kognitivierung der Grammatik. Obwohl bei dieser Methode alle vier Fertigkeiten geschult werden, liegt der Akzent auf dem Gesprochenen. Typische Übungsformen sind auch hier Substitutions- und Einsetzübungen.

Kommunikative Didaktik In den 1970er Jahren ändern sich mit einer kritischen Haltung gegenüber der Audiolingualen bzw. Audiovisuellen Methode die Prinzipien und Zielsetzungen des Fremdsprachenunterrichts entscheidend. Auslöser ist die Wertigkeit, die Piepho der kommunikativen Kompetenzkommunikative Kompetenz zumisst, indem er sie als oberstes Ziel des Fremdsprachenunterrichts festlegt (Piepho 1974). In der Kommunikativen DidaktikKommunikative Didaktik wird Sprechen als pragmatischer Akt verstanden, mit dem man einen bestimmten Zweck verfolgt (vgl. Sprechakttheorie; Austin 1962; Searle 1969). Konsequent konzentriert man sich im Unterricht auf die Vermittlung und Einübung von Sprechabsichten (z.B. sich begrüßen, sich vorstellen, von sich erzählen, an jemanden appellieren, Wünsche ausdrücken) mit dem Ziel der flüssigen Anwendung der Sprache. Die für die Audiolinguale und Audiovisuelle Methode typische starre Abfolge der Unterrichtsphasen wird aufgegeben, Aufgaben und Sozialformen werden differenziert und dem Unterrichtsgegenstand angepasst variabel eingesetzt. Verwendung finden v.a. Materialien, die das Versprachlichen von Sprechabsichten erleichtern. Da der Unterricht auf die Lernenden und ihren Lernprozess ausgerichtet ist, stehen SchüleraktivierungSchüleraktivierung (z.B. durch Gruppenarbeit, Rollenspiele, induktive Verfahren), die Behandlung von Themen, die auf die Interessen der Lernenden abgestimmt sind, und für die Alltagskommunikation relevante Inhalte im Mittelpunkt. Die Darbietung der Grammatik, der eine der Verständigung untergeordnete Funktion zugewiesen wird, erfolgt ebenfalls in kommunikativen Kontexten. Schwerpunkte sind die Fertigkeiten Lesen, Hören und Verstehen von Sachtexten im weitesten Sinn (z.B. Annoncen, Briefe, Rezepte, Gebrauchsanweisungen, Zeitungsberichte), so dass die Literatur erneut zurückgedrängt wird. Zusätzlich ändert sich die Rolle der Lehrkraft vom Wissensvermittler hin zum Helfer beim Sprachenlernen. Neben den Interessen der Lernenden spielen Kommunikationsstrategien und Lernstrategien eine bedeutende Rolle. Generelles Ziel ist es, die Lernenden durch authentisches Material zum aktiven sprachlichen Handeln zu führen (zur weiteren Entwicklung methodischer Schwerpunkte, v.a. dem neokommunikativen Ansatz vgl. Einheit 12).

Fachdidaktik Italienisch

Подняться наверх