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Оглавление4.4 | Alternative Unterrichtsformen
Hauptsächlich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstanden mehrheitlich auf (lern-)psychologischen Erkenntnissen basierend alternative Unterrichtsformenalternative Unterrichtsformen, die zum Ziel haben, die Lehrerzentrierung des Unterrichts aufzubrechen. Inwieweit sie in die Unterrichtsgestaltung einfließen, hängt von ihrer Eignung für den jeweiligen Unterrichtsstoff und insbesondere von der Bereitschaft der Lehrkraft ab, sie anzuwenden.
Suggestopädie Neurophysiologische Erkenntnisse sind Ausgangspunkt für das von dem bulgarischen Psychologen Georgi Lozanov in den 1960er Jahren entwickelte Verfahren der SuggestopädieSuggestopädie. Das Einbeziehen von Hören, Gestik und Mimik, von Entspannungsphasen, die von Musik begleitet werden, und eine möglichst ansprechende Lernumgebung sollen ein schnelleres, erfolgreiches Lernen fördern.
Eine suggestopädische Lerneinheit folgt einem gleichbleibenden Schema: Nach der Einführung in das neue Thema und der Darbietung der neuen Vokabeln und des (Lektions-)Textes mit Übersetzung in die Muttersprache beginnt das sog. aktive LernkonzertLernkonzert. Die Lehrkraft rezitiert den fremdsprachlichen neuen Text passend zu Rhythmus und Lautstärke der im Hintergrund abgespielten klassischen Musik (befürwortet werden für den ersten Durchgang Mozart oder Beethoven). Die Schülerinnen und Schüler lesen mit. Während des anschließenden passiven Lernkonzerts – der Lehrer liest den Text, diesmal vorzugsweise von Barockmusik untermalt, noch einmal vor – hören die Schülerinnen und Schüler mit geschlossenen Augen zu. Durch das Mitlesen und die Musik werden beide Gehirnhälften aktiviert, was zu einer Erhöhung des Lerneffekts führt (vgl. Baur 1990; Schiffler 2012).
Simulation In den 1970er Jahren entwickelten Francis Debyser und Jean-Marc Caré das handlungsorientierte Unterrichtskonzept der simulation globalesimulation globale(Caré / Debyser 1995). Es verlangt von den Lernenden Kreativität, denn sie sollen für einen vorgegebenen Rahmen (z.B. ein Wohnhaus; vgl. Debyser 1996) in der Fremdsprache Szenarien für dessen Ausstattung, für Personen, deren Beziehungen und Handlungen entwerfen und in Rollenspielen umsetzen. Die Lehrkraft agiert als eine Art Regisseur, der Erklärungen zu Grammatik und Vokabular sowie strukturierende Impulse gibt.
Eine ähnliche Richtung schlägt Bernard Dufeu mit der psychodramaturgie linguistiquepsychodramaturgie linguistique ein, einer Kombination aus Psychodrama und Dramaturgie, bei der die Fremdsprache über das dramatische Spiel erworben wird (vgl. www.psychodramaturgie.de, 20.06.2018). Den bei der Konzeption fehlenden Wortschatz liefert der Lehrer.
Total Physical Response Das Verfahren Total Physical ResponseTotal Physical Response (vgl. Asher 1966, 1969) beruht hauptsächlich auf Anweisungs- und Handlungssequenzen mit körperlichen Reaktionen (z.B. alzati, apri la finestra, prendi la penna, prendi il quaderno usw.) und ist deshalb nur für ausgewählte Inhalte des Fremdsprachenunterrichts geeignet. Der Lehrer gibt durch Gestik und Mimik unterstützte Instruktionen in der Fremdsprache, wobei die Schülerinnen und Schüler zunächst nur zuschauen und zuhören. In einem zweiten Schritt machen sie die Bewegung mit. Dann gibt der Lehrer den Befehl ohne Bewegung, die jetzt nur die Schülerinnen und Schüler ausführen. Erst in einer weiteren Sequenz, also recht spät, sprechen sie den Befehl nach. Prinzipiell wird der Methode durch die Verbindung von sprachlichem Input und Bewegung hohe Effektivität bei der Behaltensleistung zugeschrieben.
Lernen durch Lehren (LdL) Der Französischdidaktiker Jean-Pol Martin (Martin 1994; www.ldl.de/Material/Publikationen/aufsatz2000.pdf; 26.06.2018) entwickelte Anfang der 1980er Jahre das Konzept des Lernens durch Lehren (LdL),Lernen durch Lehren (LdL) bei dem meist kleinere Schülergruppen vom Lehrer vorgegebene Teilbereiche des Lernstoffes für Unterrichtsphasen von ca. 20 Minuten aufbereiten und die Inhalte ihren Mitschülern vermitteln, die durch abwechselnde Sozialformen aktiv eingebunden werden sollen. Hauptsächlich in der Vorbereitungsphase gibt die Lehrkraft Impulse und Ratschläge, in der Unterrichtsstunde selbst bleibt sie in der Rolle des Beobachters und greift nur ein, wenn Unklarheiten bestehen oder das Lernziel nicht erreicht wird. Positiv wirkt sich aus, dass die als Lehrer agierenden Schülerinnen und Schüler fachliches Wissen sowie Methodenkompetenz und SchlüsselkompetenzenSchlüsselkompetenzen (z.B. Kommunikationsfähigkeit, Teamfähigkeit, Fähigkeit zur Beschaffung und (Re-)Organisation von Informationen) erwerben, dass sie einen beträchtlichen Redeanteil im Unterricht erhalten und dass die Inhalte aus der Perspektive der Lernenden behandelt werden. Andererseits ändert sich für die Schülerinnen und Schüler, die nicht die Rolle des Lehrers übernehmen, wenig, denn die Unterrichtsphasen verlaufen in der Regel lehrkraftzentriert.
Wegen des hohen Maßes an Handlungsorientierung und der Aktivierung der jeweils agierenden Schülergruppe wird dieses Verfahren von vielen Lehrkräften geschätzt. Außerdem kann man von einer geringeren Hemmschwelle der Lernenden ausgehen, bei den Mitschülern nachzufragen und um Erklärungen zu bitten.
Zusammenfassung Der moderne Italienischunterricht ist durch vielfältige Methoden, Sozialformen und Verfahren geprägt. Vorrangig empfehlen sich schüleraktivierende, aber abhängig von Thema und Lernziel auch zeitlich begrenzte lehrergeleitete kognitive Phasen. Wichtiger als die sprachliche Korrektheit ist die Angemessenheit der Kommunikation.
Aufgaben
1 Welche Leistungen und Grenzen haben Übungen wie in Abb. 4.2 im modernen Italienischunterricht?
2 Für welches Lernjahr und für welche Themen bzw. Inhalte eignet sich frontaler Italienischunterricht? Begründen Sie Ihre Einschätzung.
3 Wägen Sie Vor- und Nachteile alternativer Methoden für den modernen Italienischunterricht ab.
Zum Weiterlesen
Burwitz-Melzer, Eva et al. (Hrsg.) (2016):Handbuch Fremdsprachenunterricht. 6., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage. Tübingen: A. Francke; dort: Kap. 66; 67; 70–75: Allgemeiner Überblick über methodische Prinzipien und Verfahren im Fremdsprachenunterricht.
Decke-Cornill, Helene / Küster, Lutz (32015):Fremdsprachendidaktik. 3., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Tübingen: Narr; dort: Kapitel 6: Zusammenstellung von Methoden und Sozialformen im Fremdsprachenunterricht.
Hallet, Wolfgang / Königs, Frank. G. (Hrsg.) (2010):Handbuch Fremdsprachendidaktik. Seelze-Velber: Klett Kallmeyer; dort: Kap. V: Überblick über Methoden und Sozialformen im Fremdsprachenunterricht mit Schwerpunkt auf Englisch und Französisch.
Meyer, Hilbert / Meyer, Meinert A. (1997):Lob des Frontalunterrichts. Argumente und Anregungen.Lernmethoden. Lehrmethoden. Friedrich Jahresheft XV, 34–38. (www.uni-potsdam.de/fileadmin/projects/erziehungswissenschaft/documents/studium/Textboerse/pdf-Dateien/meyer_meyer_frontalunterricht.pdf; 26.06.2018): Allgemeindidaktische Hinweise zu Einsatzmöglichkeiten des Frontalunterrichts.
Minuth, Christian (2012):Fremdsprachenlernen in Projekten. Entdecken, kommunizieren, verstehen, gestalten. Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt: Auf das Fach Französisch bezogene Vorschläge für Projektunterricht.
Schlemminger, Gérald (Hrsg.) (2006):La pédagogie Freinet en classe de langue vivante. 2e édition, revue et augmentée. Nantes: Éd. I.C.E.M. (www.ph-karlsruhe.de/fileadmin/user_upload/dozenten/schlemminger/publications/PF_et_Langues_Edition_ICEM.pdf; 26.06.2018): Anregungen für einen der Freinet-Pädagogie verpflichteten Französischunterricht.