Читать книгу Handbuch Wirtschaftsprüfungsexamen - Hans Haarmeyer, Christoph Hillebrand - Страница 244

4. Interessenlage der Treuhandverhältnisse

Оглавление

318

Kennzeichnend für die Geschäftsbesorgung ist deshalb allein die Interessenlage. Geschuldet ist nicht eine zeitlich oder wertmäßig abgegrenzte „Festleistung“, sondern ein Tätigwerden entsprechend dem Willen und dem Interesse des Geschäftsherrn in dessen Rechts- und Wirtschaftskreis.

Das Treuhandelement bedingt einerseits, dass die Wirkungen aus dem Geschäft ausschließlich den Geschäftsherrn treffen, in dessen Rechts- und Wirtschaftskreis sie erzeugt werden, er trägt die Leistungsgefahr also bereits von Anfang an. Damit korrespondiert die enge Interessenbindung, aus der besondere Sorgfaltspflichten des Geschäftsführers folgen. Seine strenge Bindung drückt sich in den §§ 664, 665, 671–674 besonders aus. Die Schutzwürdigkeit des Beauftragten tritt dahinter zurück. Der Geschäftsführer kann sich nicht auf etwaig fehlende Instruktionen hinausreden, sondern schuldet eigeninitiativ das Betreiben des Geschäfts entsprechend der Absichten und Interessen seines Geschäftsherrn; was ihn selbstverständlich gerade nicht von der laufenden Rückbindung an den Mandanten entbindet (§ 665).

Die Pflicht zur Geschäftsbesorgung betrifft das Verhältnis von Geschäftsführer (Mandatar) und Geschäftsherrn (Mandant), also das sog. Innenverhältnis. Gerichtet ist die Geschäftsführung jedoch auf die Entfaltung einer Tätigkeit gegenüber Dritten, also im sog. Außenverhältnis. Der Verpflichtung im Innenverhältnis muss deshalb die Einräumung einer Rechtsstellung im Außenverhältnis entsprechen, die den Geschäftsführer zum wirksamen Handeln ermächtigt. Ist die Tätigkeit mit dem Abschluss von Rechtsgeschäften oder der Abgabe von Willenserklärungen oder der Vornahme rechtsgeschäftsähnlicher Handlungen im Namen des Mandanten verbunden, wird dies zumeist eine Vollmacht (vgl. §§ 164 Abs. 1, 180 S. 2) und für allfällige Vollzugsgeschäfte die Einräumung einer sachenrechtlichen Ermächtigung (vgl. § 185 Abs. 1) sein. Noch einen Schritt weiter als eine Ermächtigung gehen insb. die fiduziarische Überlassung von Rechten, insb. im Zusammenhang mit der Verwaltungstreuhand, aber auch die mittelbare Stellvertretung.

Der organschaftliche Geschäftsführer muss Arbeitsverträge mit den Belegschaftsmitgliedern schließen und kündigen können, ebenso Umsatzgeschäfte mit Lieferanten und Abnehmern und muss in Erfüllung dieser Verträge das Eigentum an Gütern empfangen und übertragen können etc. Eben diese „überschießenden“ Möglichkeiten durch die Abstraktheit der Vertretungsmacht (bei der rechtsgeschäftlichen Vollmacht nach § 164 Abs. 1 fehlt diese weitgehend, bei Prokura und Handlungsvollmacht und noch mehr der Vertretungsmacht als Organ wird sie besonders deutlich) ist der besondere Gegenstand der treuhänderischen Bindung im Innenverhältnis.

Das Gewicht der internen Bindung durch den Geschäftsbesorgungsvertrag steigt, je weitergehender der Geschäftsführer in den Rechts- und Wirtschaftskreis seines Auftraggebers einzugreifen vermag und dabei nur durch Selbstbeschränkung und die Pflichtauffassung im Interesse des Auftraggebers in der Durchführung des erteilten Mandats geleitet und begrenzt wird.

319

Die Treuhandbindung als Hauptpflicht eines Vertrags ist ein sozialer Leistungsinhalt, der eine besonders enge Persönlichkeitsbindung erfordert. Ähnlich dem Dienstvertragsrecht gehören hierzu je nach Gegenstand des Geschäfts die Höchstpersönlichkeit der Durchführung, stets die Möglichkeit zum freien Widerruf sowie Weisungsrechte (vgl. §§ 664, 665, 671–674). Die Geschäftsbesorgung steht im Unterschied zum reinen Dienst- und Werkvertrag aufgrund des Fehlens fest bestimmter Größen der auszutauschenden Leistungen nicht in einem synallagmatischen Verhältnis, so dass auf sie die §§ 320 ff. keine Anwendung finden. Trotz Entgeltlichkeit steht dem Geschäftsführer also bei Zahlungsverzug nicht ohne Weiteres das Zurückbehaltungsrecht an seiner Tätigkeit zu.

Der besonderen Interessenlage aus der Tätigkeit im fremden Rechts- und Wirtschaftskreis folgen überdies sachliche Fürsorgepflichten, die auf Seiten des Beauftragten in Auskunfts-, Rechenschafts- und Herausgabepflichten (vgl. §§ 666, 667) bestehen, auf Seiten des Geschäftsherrn im Aufwendungsersatz und in der Vorschusspflicht (§§ 669, 670).

Handbuch Wirtschaftsprüfungsexamen

Подняться наверх