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Ehealltag

Es gab eine Hochzeit in kleinstem Rahmen. Das entsprach dem Wunsch der Brautleute. Auch wenn die Schwiegermütter gern eine Riesenveranstaltung daraus gemacht hätten, konnte das Brautpaar sich mit seiner Vorstellung durchsetzen. Die beiden wollten keinen Trubel. Sie wollten es ruhig angehen und waren trotz all der lieben Worte am Schluss froh, es hinter sich zu haben.

Ab ging es in die Flitterwochen nach Venedig und von dort aus auf eine Mittelmeerkreuzfahrt. Sie genossen es.

Kaum waren sie wieder zu Hause, zog der Ehealltag in ihr Leben ein und es zeichnete sich ab, wie es in Zukunft laufen würde. Das Grundprinzip war einfach: Die Frau äußerte ihre Wünsche, der Mann erfüllte sie.

Wenn sie ihre Wünsche denn nur klar geäußert hätte! Aber nein, sie erwartete, dass ihr frischgebackener Ehemann ihr alles von den Augen ablas.

Geschah das nicht, schmollte sie. Sprach er sie darauf an, meinte sie nur: „Alles in Ordnung.“ Das allerdings in einem Tonfall, der alles andere als „in Ordnung“ signalisierte.

So war es auch diesmal.

Herr A. hatte bereits gelernt, darauf zu reagieren. Zunächst einmal musste er in sich gehen, um herauszufinden, was er falsch gemacht hatte. Irgendetwas hatte er falsch gemacht, so viel war klar.

Schließlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen: Er hatte das von seiner Frau im Schweiße ihres Angesichts zubereitete Essen wortlos hinuntergeschlungen, ohne es gebührend zu würdigen und zu loben. Und das, obwohl sie wie immer wirklich ausgezeichnet gekocht hatte. Nicht einmal bedankt hatte er sich. Pure Gedankenlosigkeit – so ging es wirklich nicht!

Dabei hätte er sich denken können, dass sie darauf wartete. Hatte er etwa vergessen, dass sie ihn kürzlich nach dem Essen gefragt hatte, wie es ihm geschmeckt hätte. Seine Antwort war die eines unerfahrenen Ehemannes gewesen:

„Nicht so schlimm. Ich konnte ja nachwürzen.“

Sie war den ganzen Nachmittag eingeschnappt gewesen und hatte nie wieder gefragt. Langsam dämmerte ihm, dass es jetzt an ihm gewesen wäre, etwas von sich aus zu sagen. Das hatte er versäumt.

Er musste das irgendwie wieder in Ordnung bringen, aber vorsichtig. Es durfte keinesfalls wie eine Pflichtübung aussehen, sonst würde er alles nur noch schlimmer machen.

Er räusperte sich:

„Schatz, das heutige Mittagessen habe ich zu meinem neuen Lieblingsessen gewählt. Könntest du es bitte bei Gelegenheit noch einmal machen?“

„Wenn es dir tatsächlich geschmeckt hat, warum hast du dann beim Essen nichts gesagt?“

Aha, er hatte also richtiggelegen. Jetzt brauchte er schnell eine Begründung:

„Ich war völlig hin und weg. Erst langsam komme ich wieder zu mir.“

Hoppla! Da hatte er ein wenig zu dick aufgetragen. Ein zweifelnder Blick seiner Frau bestätigte es ihm. Er versuchte zu korrigieren:

„Na ja, weggetreten war ich schon, aber genau genommen hingen meine Gedanken noch bei der Arbeit fest. Probleme, die mich einfach nicht losgelassen haben. Aber dein Essen hat mir sehr geholfen. Vielen Dank dafür!“

Während er so redete, merkte er, dass er da etwas ansprach, was über den Augenblick hinausging.

Seine Frau half ihm wirklich, wo sie nur konnte. Sie gab ihm Halt in allen Lebenslagen. Auf sie konnte er sich immer verlassen.

Ja, sie hatte ihm geholfen in ihrer stillen Art, diesmal und auch vorher schon oft. Sie half ihm immer wieder und in jeder Hinsicht.

Und nicht nur ihm. Sie tat überall, wo sie hinkam, Gutes, stellte sich selbst hintan, war für andere da, gab stets mehr, als sie bekam.

Aus tiefster Überzeugung fügte er leise hinzu:

„Du bist ein Engel.“

Seine Frau lächelte, trat zu ihm heran und sie gaben sich zärtlich einen Kuss.

Einen Augenblick hielt er inne. Dann neigte er sich ihr noch einmal zu – einfach von seinen Gefühlen überwältigt – und flüsterte ihr ins Ohr:

„Ich liebe dich.“

Die Erlebnisse des Herrn A.

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