Читать книгу Die Erlebnisse des Herrn A. - Christoph-Maria Liegener - Страница 16

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Fußball

Oh nein! Herr A. hatte die Nase voll. Seine Frau hatte ein Schuhgeschäft entdeckt. Schon wieder! Da mussten sie natürlich hinein! Warum musste die Gute nur immer Schuhe kaufen? Ihre Schuhschränke (ja, sie hatte mehrere!) quollen doch schon über.

Und er sollte wie immer gute Miene zum bösen Spiel machen! Das tat er jedes Mal. Er beriet sie, half ihr, Entscheidungen zu treffen, äußerte seine Meinung. Dabei stellte er mehr zur Verfügung als nur sein Feedback – er beschleunigte die Sache. Das war auch dringend nötig, sonst kämen sie nie wieder aus solch einem Laden heraus. Ohne ihn hätte seine Frau sich noch nie für ein Paar Schuhe entscheiden können. Natürlich musste er aufpassen, dass er sie nicht zu etwas drängte, was sie nicht wollte. Er musste ihre geheimsten Wünsche erspüren und sie dann dazu überreden, sich diese von ihm erfüllen zu lassen. Da war Fingerspitzengefühl gefragt. Bisher hatte das immer geklappt.

So war er nun einmal – ganz der aufopferungsvolle Ehemann. Aber er wünschte sich doch, dass es zur Abwechslung mal umgekehrt wäre, dass sie ihn zu einem Fußballspiel begleitete wie er sie zum Schuhkauf. Oder wenigstens nicht wegzappte, wenn Fußball im Fernsehen lief. Oder ihn anfeuerte, wenn er samstags bei den Amateuren mitspielte. Oder sogar selbst mitspielte.

Da hatte er eine glorreiche Idee: Er ging mit ihr in das blöde Schuhgeschäft, zog sie dann aber in eine andere Abteilung, als sie gedacht hatte.

„Wie wäre es, wenn wir dir jetzt Fußballschuhe kaufen?“, regte er an.

„Aber sonst geht’s dir gut, ja?“

Es war als Kompromiss gedacht. Sollte wohl nicht sein.

Nein, da gab es keine Kompromisse. Es war hoffnungslos. Selbst Frauenfußball konnte er ihr nicht schmackhaft machen.

Als er schon aufgegeben hatte, kam doch noch die Wende.

Das Spitzenduell der ersten Bundesliga stand an und Herr A. versuchte, seine Frau darauf vorzubereiten, dass er sich das am Abend ansehen wollte.

Alle Superlative des Spiels zählte er auf – ohne Erfolg. Bis er Natascha Ladislava erwähnte, die Schiedsrichterin des Spiels. Nebenbei ließ er fallen, dass sie dieses Jahr zur Sexiest Female Referee Alive gekürt worden wäre.

Darauf sprang Frau A. an:

„Was denn: weibliche Schiedsrichterinnen im Männerfußball?“

Schulterzuckend meinte Herr A.:

„Na ja, die Gleichberechtigung. Mich stört’s nicht.“

„Das kann ich mir denken: leichtbekleidete Frauen, die übers Spielfeld hüpfen! Männer genießen das doch.“

Herr A. durfte jetzt nichts Falsches sagen, das wusste er.

„Ihre Entscheidungen waren bisher im Großen und Ganzen nicht zu beanstanden.“

So leicht kam er nicht davon. Frau A. hakte nach:

„Und findest du sie sexy?“

„Also, darauf habe ich bisher noch gar nicht geachtet.“

Richtige Antwort. Glück gehabt.

Am Abend nahm Frau A. wie selbstverständlich neben Herrn A. vor dem fußballverseuchten Fernseher Platz. Kein Klagen, kein Jammern. Richtig interessiert sah sie zu. Schließlich fragte sie ihren Mann:

„Findest du wirklich, dass sie so toll aussieht?“

Die diplomatische Antwort war:

„Das ist Geschmackssache. Mein Fall wäre sie nicht.“

Das setzte sich fort, indem Frau A. die Frisur der Schiedsrichterin kritisierte, an ihrer Figur zu mäkeln hatte und irgendwann sogar dazu überging, ihre Entscheidungen in Frage zu stellen.

Dem durfte Herr A. nicht widersprechen, das war klar, und er tat es nicht. Es wurde ein harmonischer Fernsehabend zu zweit.

Wunderbare Aussichten öffneten sich.

Solange es weibliche Schiedsrichterinnen gibt, ist alles in Butter.

Die Erlebnisse des Herrn A.

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