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4 – Februar 2013

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Es war ein nasskalter Tag. Yvonne Dehler war gegen sieben aus dem Büro nach Hause gekommen und hatte im Wohnzimmer ihrer luxuriösen Villa den Kachelofen angeheizt, der jetzt eine behagliche Wärme verströmte. Nachdem sie eine Tiefkühl-Lasagne in den Backofen geschoben hatte, ließ sie sich in die weichen Kissen ihrer rosaroten Wohnzimmercouch fallen und kraulte geistesabwesend die Nackenhaare ihres schwarzen Neufundländers, der groß und faul vor ihr auf dem glänzenden Parkettfußboden lag.

Thomas hatte sie nach Hause geschickt. Er müsste noch mit Mario, ihrem Chefprogrammierer, ein rein technisches Problem lösen. Das könnte ziemlich lange dauern. Sie sollte nicht auf ihn warten.

Yvonne war sauer. Irgendetwas stimmte nicht mit Thomas, ihrem Mann. Sie fühlte schon seit Tagen, dass er etwas vor ihr verheimlichte. Immer wieder besprach er sich heimlich mit Mario. Die heckten sicher etwas aus, das sie nicht erfahren sollte. Das hatte es noch nie gegeben, seitdem sie Geschäftsführerin ihres kleinen, aber hochprofitablen Softwareunternehmens war. Das durfte einfach nicht sein. Sie beschloss, wach zu bleiben, bis ihr Mann nach Hause käme, und ihn dann zur Rede zu stellen, ganz gleich, wie lange das dauern würde.

Nach dem Essen hatte sie nach einem Bildband über La Palma gegriffen, wo sie bald Urlaub machen wollten. Später schaltete sie den Fernseher ein, zappte eher lustlos durch verschiedene Programme und kochte, als Mitternacht längst vorüber war, noch einen starken Kaffee, um nicht doch auf der Wohnzimmercouch einzuschlafen.

Es war schon lange nach drei, als ihr Mann endlich nach Hause kam. Er war überrascht, dass im Wohnzimmer noch Licht brannte, versuchte aber trotzdem, so leise wie möglich zu sein, weil er dachte, seine Frau hätte einfach nur vergessen, es zu löschen. Er erschrak heftig, als sie plötzlich vor ihm in der

Tür stand und ihn aggressiv ansprach: „Da bist du ja endlich, ich dachte schon, du wolltest in der Firma übernachten!“

„Was ist los, warum schläfst du noch nicht?“, antwortete er überrascht und verärgert über diesen unfreundlichen Empfang.

„Ich kann einfach nicht schlafen. Ich weiß, du verheimlichst mir etwas. Und das kann ich überhaupt nicht vertragen.“

„Was sollte das denn sein?“, versuchte er sie zu beruhigen.

„Da ist nichts. Das bildest du dir nur ein.“

„Thomas, ich kenne dich seit über fünfundzwanzig Jahren. Du kannst mir nichts vormachen. Warst du überhaupt in der Firma oder hast du eine Andere?“

Ach, daher weht der Wind!, dachte er. „Mit einer anderen Frau hat das sicher nichts zu tun.“

„Mit was dann? Rede endlich!“

Wieder zögerte er eine Weile und sagte schließlich: „Also gut, du hast recht. Da ist schon etwas, wovon ich dir bis jetzt noch nichts gesagt habe. Lass uns ins Wohnzimmer gehen.“

Yvonne setzte sich auf die Couch. Thomas öffnete die Hausbar, griff nach einer teuren Flasche Beaujolais und stellte zwei Gläser auf den Tisch.

„Es war gerade sehr anstrengend. Ich brauch jetzt unbedingt was zu trinken.“

Umständlich entkorkte er die Flasche, goss ein und reichte ihr eins von den Gläsern. Dann setzte er sich in seinen schweinsledernen Relaxsessel ihr gegenüber und prostete ihr aufmunternd zu.

„Soll das eine Wiedergutmachung werden?“, fragte sie schnippisch.

„Da ist nichts wieder gut zu machen. Also: Du weißt, dass wir schon öfters Aufträge hatten, die sich am Rande der Legalität bewegten. Und jetzt können wir einen Auftrag an Land ziehen, der da einen Schritt weitergeht, dafür aber sehr, sehr viel Geld einbringt.“

„Also etwas Kriminelles? Vergiss es! Nicht mit mir.“

Diese Reaktion hatte er befürchtet. Jetzt musste er sehr diplomatisch vorgehen, um ihr Einverständnis zu erlangen.

„Hör dir erst mal an, worum es geht. Du weißt doch, was zurzeit in Syrien los ist. In dem Krieg sind die Rebellen sehr viel schlechter bewaffnet als Assads Armee. Jetzt will eine Widerstandsgruppe von uns eine Software haben, mit der sie die komplette militärische, aber auch zivile Infrastruktur des Landes lahmlegen kann.“

„Also direkte Einmischung in einen laufenden Krieg? Du bist verrückt! Das ist zu heiß, das ist einfach eine Nummer zu groß für uns, und außerdem, wenn du mich fragst, moralisch überhaupt nicht zu vertreten.“

„Also, was das Moralische angeht, da habe ich etwas für dich. Warte einen Moment.“

Er sprang auf, eilte nach nebenan in sein Arbeitszimmer und kam mit einem großen Briefumschlag zurück.

„Sieh dir das an!“, sagte er erregt und drückte ihr den Umschlag in die Hand. „Danach wirst du sicher nicht mehr von

‚moralisch nicht vertretbar‘ sprechen.“

„Was ist das?“, fragte sie verwundert.

„Die Folgen von Assads Kriegführung gegen das eigene Volk. Sieh es dir an! Aber ich warne dich. Es ist schwerverdauliche Kost. Für mich bedeuten diese Bilder: Es ist unmoralisch, nichts zu tun.“

Sie öffnete den Umschlag und sah sich nacheinander die Bilder an. Ihr Gesicht wurde immer bleicher und ihre Hände fingen an zu zittern. Die Bilder hatten wenig gemein mit dem, was man hier in der Tagesschau zu sehen bekommt, wo nur gezeigt wird, was zumutbar erscheint. Als sie den Stapel durchgesehen hatte, ließ sie langsam die Hände sinken und sagte: „Du hast recht. Da muss man etwas tun. Was ist das Problem?“

„Wenn wir liefern, ist das ein Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz. Aber vor unserer Justiz habe ich weniger Angst. Richtig gefährlich kann es werden, wenn von dem Projekt die falschen Leute erfahren.“

„Welche falschen Leute?“

„Zum Beispiel der syrische Geheimdienst.“

1 Am Volksaltar, der sich noch vor der Vierung auf der Ebene des Langhauses befindet, werden die gewöhnlichen Messen zelebriert. Der wesentlich höher liegende Hauptaltar – das eigentliche Zentrum des Doms – wird nur an hohen Feiertagen und bei besonderen Anlässen genutzt.

2 Die Hauptorgel an der Rückwand des Langhauses wurde 2010/2011 von der Firma Seifert neu gebaut. Sie hat 87 Register, verteilt auf vier Manuale und Pedal.

3 Einst bildete der Ölberg den Mittelpunkt des Kreuzganges, der sich über den Platz südlich des Domes erstreckte. Nach den Zerstörungen im Pfälzischen Erbfolgekrieg blieb nur dieses kleine Gebäude zurück. Dargestellt ist eine Szene aus dem Neuen Testament: Jesus betet vor seiner Gefangennahme im Garten Gethsemane. Die in den Jahren 1505 – 1512 geschaffenen Figuren wurden im Laufe der Zeit immer mehr beschädigt, so dass sie Mitte des 19. Jahrhunderts durch romantische Neuschöpfungen ersetzt werden mussten.

4 Psalm 37,5

5 Text folgt der Beichtliturgie.

Der Engel mit den traurigen Augen

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