Читать книгу Familienrecht und Einführung in das Zivilrecht - Christopher Schmidt - Страница 17

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2. KapitelGrundlagen des Privatrechts

79In diesem Kapitel werden wir uns zunächst Gedanken machen, was überhaupt Gegenstand des Privatrechts ist. Sodann werden wir uns das BGB etwas genauer ansehen: Wie ist es gegliedert? Zu welchen Schlussfolgerungen lässt uns das in Bezug auf die Auslegungsregel kommen, nach der die speziellere Norm Vorrang vor den allgemeineren hat? Und welche inhaltlichen Regelungen finden wir im BGB?

I.Begriff des Privatrechts

80Die Gesamtheit der Rechtsnormen und der auf ihnen fußenden Rechtsverhältnisse lässt sich einteilen in solche des Privat- oder Zivilrechts einerseits und solche des öffentlichen Rechts andererseits.

81Wichtige Bestandteile des Privatrechts sind dabei das für alle Bürger geltende Bürgerliche Recht, ferner das Arbeitsrecht sowie das Handels- und Gesellschaftsrecht.

82Demgegenüber zählen zum öffentlichen Recht neben dem Verfassungs- und dem allgemeinen Verwaltungsrecht das Sozial- und Steuerrecht als besonderes Verwaltungsrecht sowie das Strafrecht. Gemeinsam haben alle diese Rechtsgebiete, dass wir es hier mit dem Staat oder wenigstens mit einem sonstigen Hoheitsträger, also einer Körperschaft, Stiftung oder Anstalt des öffentlichen Rechts zu tun haben.

83Wir können also zusammenfassen: Öffentlich-rechtliche Rechtsbeziehungen zeichnen sich dadurch aus, dass wenigstens auf einer Seite der Staat oder ein sonstiger Hoheitsträger beteiligt ist, und zwar gerade in seiner Eigenschaft als solcher (Subjekts- oder Sonderrechtstheorie).10 Das Erfordernis der Beteiligung „in dieser Eigenschaft“ folgt dabei daraus, dass sich auch der Staat dem Regime des Privatrechts unterordnen kann: Das ist immer dann der Fall, wenn er sich zum Abschluss entsprechender Verträge entschließt.

II.Überblick zum Bürgerlichen Gesetzbuch

84Das BGB vom 18.8.1896 ist bis heute die wichtigste Quelle materiellen Zivilrechts. Es ist am 1.1.1900 in Kraft getreten.

85Gegliedert ist das BGB in fünf Bücher: einen Allgemeinen Teil sowie das Schuldrecht, das Sachenrecht, das Familienrecht und das Erbrecht.

86Im Folgenden soll ein Überblick über diese Bücher gegeben werden. Gleichwohl sind privatrechtliche Regelungen auch in einer Vielzahl anderer Gesetze enthalten, z. B. im Handelsgesetzbuch (HGB) sowie, bezogen auf das Familienrecht, im VersAusglG, im LPartG und im GewSchG.

1.Allgemeiner Teil

87Das erste Buch des BGB, der Allgemeine Teil, enthält in §§ 1–240 Regelungen, die, mathematisch gesprochen, vor die Klammer gezogen werden, also in Ermangelung einer spezielleren Vorschrift für alle weiteren Bücher gelten.

88Hierzu zählen Bestimmungen über

• die Rechtsfähigkeit natürlicher und juristischer Personen,

• das Minderjährigenrecht (also die Frage, inwieweit Minderjährige rechtsgeschäftlich handeln können),

• die Anfechtung von Willenserklärungen bei Irrtümern und Drohungen,

• Formerfordernisse von Willenserklärungen (z. B. Schriftform),

• grundsätzliche Regelungen zu Verträgen,

• Vertretung und Vollmacht,

• die Berechnung von Fristen und Terminen,

• die Verjährung von Ansprüchen sowie

• Notwehr, Notstand und Selbsthilfe.

89Auf die Rechtsfähigkeit soll an dieser Stelle näher eingegangen werden. Die übrigen Themen werden wir in den nächsten Kapiteln behandeln.

90Rechtsfähigkeit bedeutet, Träger von Rechten und Pflichten sein zu können. Das ist bei Menschen als sog. natürlichen Personen unproblematisch: Zivilrechtlich ist jeder Mensch gem. § 1 BGB mit Vollendung der Geburt rechtsfähig.

91Über den Wortlaut von § 1 BGB hinaus hat bereits das gezeugte, aber noch nicht geborene Kind (sog. nasciturus) Rechte. So ist es nach § 1923 Abs. 2 BGB bereits erbfähig, kann nach § 844 Abs. 2 BGB Ersatzansprüche gegen Dritte haben, die einen ihm zum Unterhalt Verpflichteten töten und wird im Fall vorgeburtlicher Schädigungen durch § 823 Abs. 1 BGB geschützt.11 Im Bereich des Verfassungsrechts kommt nach der Rechtsprechung des BVerfG bereits dem ungeborenen menschlichen Leben Menschenwürde zu (Art. 1 Abs. 1 GG).12

92Daneben können juristische Personen rechtsfähig sein. Juristische Personen sind Vereinigungen von Personen (Personengesellschaften) oder Kapital (Kapitalgesellschaften), die durch das Gesetz den natürlichen Personen teilweise gleichgestellt werden. Auch sie können dann Träger von Rechten und Pflichten sein. Beispiele sind (eingetragene) Vereine, Stiftungen, Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) und Aktiengesellschaften (AG).

93Von der Rechtsfähigkeit zu unterscheiden sind die Geschäfts- und Deliktsfähigkeit. Diese betreffen die Frage, inwieweit z. B. Minderjährige durch ihre Handlungen Rechtswirkungen hervorrufen, also etwa Verträge schließen oder sich wegen unerlaubter Handlungen schadensersatzpflichtig machen können.

2.Schuldrecht

94Das Schuldrecht besteht seinerseits aus zwei Teilen: dem Schuldrecht Allgemeiner Teil (AT) und dem Besonderen Teil (BT).

95Das Schuldrecht AT enthält in §§ 241–432 wieder Regelungen, die vor die Klammer gezogen werden. Diese gelten im Grundsatz jedoch nur für das Schuldrecht BT, nicht für die übrigen Bücher des BGB, also das Sachen-, Familien- und Erbrecht. Andererseits sind sie im Schuldrecht spezieller als die Regelungen des ersten Buchs, also die des Allgemeinen Teils des BGB. Diese Spezialität, die schließlich auch zu einem Anwendungsvorrang führt, folgt aus dem eingeschränkten Geltungsbereich. Demgegenüber gehen die Regelungen des Schuldrecht BT ihrerseits dem Schuldrecht AT als spezieller vor.13

96Inhaltlich geht es im Schuldrecht AT u. a. um

• die Verpflichtung zur Leistung und das Leistungsstörungsrecht,

• Allgemeine Geschäftsbedingungen,

• Rücktritt und Widerruf bei Verbraucherverträgen,

• Fernabsatzverträge und

• Aufrechnung.

97Demgegenüber werden im Schuldrecht BT (§§ 433–853 BGB) einzelne Vertragstypen geregelt. Beispiele sind

• Kauf- und Tauschvertrag,

• Darlehensvertrag,

• Schenkung,

• Miet- und Pachtvertrag,

• Dienstvertrag und

• Werkvertrag.

98Weiter enthält das Schuldrecht BT vertragsähnliche Schuldverhältnisse (z. B. Geschäftsführung ohne Auftrag, §§ 677 ff.), deliktische Schuldverhältnisse (§§ 823 ff.) und Schuldverhältnisse aus ungerechtfertigter Bereicherung (§§ 812 ff.).

3.Sachenrecht

99Das Sachenrecht enthält in §§ 854–1296 BGB jeweils für bewegliche und unbewegliche Sachen (Grundstücke) Regelungen zu Besitz, Eigentum und sonstigen Rechten.

4.Familienrecht

100Im vierten Buch des BGB (§§ 1297–1921) sind die wesentlichen Bestimmungen des materiellen Familienrechts enthalten.

101Dabei geht der Gesetzgeber davon aus, dass Grundlage der Familie die Ehe ist. Entsprechend wird diese gleich zu Beginn geregelt. So finden sich Vorschriften über das Verlöbnis, die Eheschließung, die Wirkungen der Ehe, die Ehescheidung und ihre Folgen.

102Im Anschluss daran enthält das Gesetz Bestimmungen zur Verwandtschaft. Hierzu zählt erst einmal die Abstammung, also die Frage, wer jemandes Mutter bzw. Vater ist. Daran schließen sich Regelungen zum Verwandtenunterhalt sowie zu dem Verhältnis von Eltern und Kind an. Hierzu zählen insbesondere die elterliche Sorge sowie das Recht und die Pflicht zum Umgang. Weiter werden die Adoption als Elternschaft kraft gerichtlicher Entscheidung, die Beistandschaft des Jugendamts sowie Vormundschaft und Pflegschaft geregelt.

103Bestandteil des vierten Buchs des BGB ist zuletzt das Betreuungsrecht, das bei Volljährigen an die Stelle der früheren Vormundschaft getreten ist.14

5.Erbrecht

104Im letzten Buch des BGB wird das Erbrecht geregelt (§§ 1922–2385). Die entsprechenden Bestimmungen betreffen u. a. die gesetzliche Erbfolge, die rechtliche Stellung der Erben, Testamente und Erbverträge, den Pflichtteil und die Erbunwürdigkeit.

Familienrecht und Einführung in das Zivilrecht

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