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I.Begriff

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106Ein Rechtsgeschäft besteht aus einer oder mehreren Willenserklärungen, die allein oder in Verbindung mit anderen Tatbestandsmerkmalen eine Rechtsfolge herbeiführen, weil sie gewollt ist.15

107Aus dieser Definition ergibt sich zunächst eine Abgrenzung von rechtsgeschäftlichen zu gesetzlichen Schuldverhältnissen: Kommt es etwa zu einem Autounfall, dann können daraus Schadensersatzansprüche herrühren. Diese Folge war jedoch nicht gewollt, sie wird lediglich durch das Gesetz (in diesem Fall z. B. § 823 Abs. 1 BGB sowie durch das StVG) angeordnet.

108Weiter können wir zwischen sog. einseitigen Rechtsgeschäften, die aus lediglich einer Willenserklärung bestehen, und zwei- oder mehrseitigen Rechtsgeschäften unterscheiden.

Beispiele für einseitige Rechtsgeschäfte: Testament (§ 2247 BGB), Auslobung (§ 657 BGB), Anfechtung (§ 143 BGB), Aufrechnung (§ 388 BGB), Kündigung (z. B. § 568 BGB für den Mietvertrag)

109Diese Erklärungen sind teilweise empfangsbedürftig, das heißt, sie müssen einem anderen zugehen, um wirksam zu werden, § 130 Abs. 1 BGB.

110Das leuchtet z. B. bei der Kündigung ohne weiteres ein: will z. B. ein Mieter seinen Mietvertrag beenden, dann genügt es eben nicht, wenn er die unterschriebene Kündigung in seine Schreibtischschublade legt, sie muss vielmehr den Vermieter erreichen.

111Erforderlich ist für einen Zugang, dass die Willenserklärung derart in den sachlichen oder persönlichen Herrschaftsbereich des Empfängers gelangt, dass unter gewöhnlichen Umständen mit der Möglichkeit der Kenntnisnahme zu rechnen ist.16 Auf die tatsächliche Kenntnis kommt es demgegenüber nicht an. Mündliche oder konkludente Erklärungen werden wirksam, sobald die Gegenseite sie wahrnimmt, also in der Regel in dem Moment, in dem sie ausgesprochen werden.17

Beispiel:

Briefe gelangen mit dem Einwurf in den Briefkasten in den Herrschaftsbereich desjenigen, um dessen Briefkasten es sich handelt. Nach den gewöhnlichen Umständen ist aber erst dann mit der Möglichkeit der Kenntnisnahme zu rechnen, wenn üblicherweise der Briefkasten geleert wird. So nimmt die Rechtsprechung an, dass werktags bis 18.00 Uhr eingeworfene Briefe am selben Tag zugehen, später eingeworfene Briefe jedoch erst am nächsten Morgen.18

112In der Praxis stellt sich die Frage, wie der Zugang einer Willenserklärung zu beweisen ist.

Praxishinweis:

Das ist bei einfachen Briefen besonders problematisch. Aber auch bei einem Einwurfeinschreiben ist strittig, ob grundsätzlich damit gerechnet werden kann, dass der Zugang an dem durch den Postboten dokumentierten Tag erfolgt ist.19 Selbst bei einem Einschreiben mit Rückschein muss der Erklärende beweisen, welchen Inhalt der zugegangene Brief hatte.20 Deshalb kann eine Zustellung per Gerichtsvollzieher sinnvoll sein.

113Nicht alle Willenserklärungen sind aber empfangsbedürftig. Bei nicht empfangsbedürftigen Willenserklärungen ist unerheblich, ob außer dem Erklärenden jemand Kenntnis von ihnen hat. Der Erklärende darf sie für sich behalten und, um im obigen Bild zu bleiben, in seiner Schreibtischschublade verwahren. Ein Beispiel dafür ist das Testament.

114Rechtsgeschäfte mit mehr als einem Beteiligten, also zwei- oder mehrseitige Rechtsgeschäfte, bezeichnen wir auch als Verträge. Jeder Vertrag besteht aus Willenserklärungen, genauer: aus übereinstimmenden Willenserklärungen, die wir auch als Antrag oder Angebot bzw. als Annahme bezeichnen.

115Diese Willenserklärungen müssen jeweils der Gegenseite zugehen, sie sind also empfangsbedürftig.

116Das Angebot muss bereits alle wesentlichen Punkte des beabsichtigten Vertrags enthalten (sog. essentialia negotii), so dass es der künftige Vertragspartner mit einem einfachen „Ja“ annehmen kann.

117Voraussetzung für die Wirksamkeit der Annahme ist jedoch deren Rechtzeitigkeit. Insoweit kann derjenige, der ein Angebot zum Abschluss eines Vertrags macht, nach § 148 BGB eine Annahmefrist bestimmen. Macht er hiervon keinen Gebrauch, so gilt § 147 BGB. Danach kann das unter Anwesenden oder sonst von Person zu Person (z. B. telefonisch oder über Skype) gemachte Angebot nur sofort angenommen werden. Schwieriger wird es schon bei Angeboten gegenüber Abwesenden: Dort ist darauf abzustellen, in welchem Zeitraum unter regelmäßigen Umständen mit der Annahme gerechnet werden darf, so z. B. bei Mietverträgen innerhalb von zwei bis drei Wochen.21

118Eine verspätete Annahme gilt nach § 150 Abs. 1 BGB als neues Angebot. Eine Annahme unter Erweiterungen, Einschränkungen oder sonstigen Abänderungen gilt nach § 150 Abs. 2 BGB als Ablehnung des Angebots verbunden mit einem neuen Angebot zu den geänderten Konditionen.

Familienrecht und Einführung in das Zivilrecht

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