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II.Bestandteile der Willenserklärung

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119Nachdem wir wissen, wozu wir eine Willenserklärung brauchen, sehen wir uns nun genauer an, aus welchen Bestandteilen sich die Willenserklärung zusammensetzt.

120Dabei können wir erst einmal von der Bezeichnung als „Willenserklärung“ ausgehen, die bereits zwei Komponenten aufzeigt: nämlich den Willen als inneren oder subjektiven, weil für Dritte nicht erkennbaren Tatbestand, und der Erklärung, die nach außen in Erscheinung tritt, von Dritten wahrgenommen werden kann und deshalb auch als äußerer oder objektiver Tatbestand bezeichnet wird.

121In die Definition der Willenserklärung nehmen wir entsprechend ihrem Zweck, ein rechtsgeschäftliches Handeln zu ermöglichen, ein drittes Merkmal auf und können deshalb definieren: Die Willenserklärung ist eine nach außen erkennbare Willensäußerung, die auf eine rechtliche Folge gerichtet ist.

122Der objektive Tatbestand, das äußerlich erkennbare Verhalten, durch das die Absicht zum Ausdruck gebracht wird, eine Verpflichtung einzugehen, kann dabei ausdrücklich oder konkludent gesetzt werden.

Beispiel:

Wenn jemand wortlos zum Kiosk geht, eine Zeitung aus der Auslage nimmt und dem Verkäufer das dafür abgezählte Geld in die Hand drückt, gibt er damit durch schlüssiges Verhalten ein Angebot zum Kauf der Zeitung ab. Der Verkäufer, der das Geld vereinnahmt und in seine Tasche steckt, kann dieses Angebot ebenso wortlos annehmen.

123Eine solche konkludente Willenserklärung ist jedoch streng davon zu unterscheiden, dass bloßes Schweigen, also Nichtstun, grundsätzlich nicht für den äußeren Tatbestand einer Willenserklärung ausreicht.22

124Der subjektive Tatbestand, der „Wille“, besteht aus drei aufeinander aufbauenden Merkmalen, nämlich aus Handlungswille, Erklärungsbewusstsein und Geschäftswille.

125Handlungsbewusstsein hat man für jedes bewusste und willentlich gesteuerte Verhalten. Fehlt es daran, so liegt eine Willenserklärung nicht vor.

Beispiele:

Reden im Schlaf, Abgabe von Erklärungen unter Hypnose, Reflexbewegungen

126Das Erklärungsbewusstsein bedeutet darüber hinaus, dass der Erklärende wissen muss, nicht nur irgendwie zu handeln, sondern gerade eine rechtlich erhebliche Erklärung abzugeben.

Beispiel:

Daran fehlt es im Schulbeispiel des Trierer Weinversteigerungsfalls: Der ortsunkundige A besucht eine Weinversteigerung und entdeckt auf dieser den befreundeten B, dem er freudig zuwinkt. Ihm ist dabei nicht bewusst, dass der Auktionator gerade einen Posten Wein zur Versteigerung gebracht hat. Das Winken des A deutet der Auktionator, wie üblich, als Abgabe eines Gebots, erteilt ihm den Zuschlag und verlangt Zahlung.

127Während früher auch in solchen Fällen davon ausgegangen wurde, eine Willenserklärung liege bereits tatbestandlich nicht vor, geht die heute h. M. davon aus, dass der Erklärende und nicht der Erklärungsempfänger das Risiko unvorsichtigen Handelns im Rechtsverkehr tragen muss. Demnach liegt eine Willenserklärung trotz fehlenden Erklärungsbewusstseins vor, wenn der Handelnde bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen können, dass sein Verhalten als Willenserklärung verstanden werden kann und der Erklärungsempfänger auf den Inhalt des objektiv Erklärten vertraut hat.23

128Der Geschäftswille als drittes subjektives Merkmal der Willenserklärung ist die Absicht, eine bestimmte Rechtsfolge zu erreichen. Er unterscheidet sich also vom Erklärungsbewusstsein dadurch, dass dort die Kenntnis dessen ausreicht, irgendeine rechtlich erhebliche Handlung abzugeben.

Ein Beispiel fehlenden Geschäftswillens wäre in Abwandlung des Trierer Weinversteigerungsfalls, dass A auf der Weinversteigerung ist, um einen Posten Mouton Rothschild, Jahrgang 1956 zu ersteigern. Weil er durch seinen vorabendlichen Genuss deutlich günstigeren Rotweins ermüdet ist, schläft er zwischenzeitlich ein. Er bietet versehentlich nicht auf den Mouton Rothschild, sondern auf den danach zur Versteigerung gekommenen Chianti aus dem Tetrapak.

129Der Geschäftswille ist nicht notwendiger Inhalt einer Willenserklärung, d. h.: Auch ohne Geschäftswillen ist die Willenserklärung (zunächst) wirksam.

130Allerdings kann eine Willenserklärung, bei der es an Erklärungsbewusstsein oder Geschäftswille fehlt, anfechtbar sein.24

Familienrecht und Einführung in das Zivilrecht

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