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IV.Stellvertretung

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144Bei der Vertretung wird eine Willenserklärung durch den Vertreter innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen abgegeben, § 164 Abs. 1 BGB.

145Daraus folgt zunächst, dass die Stellvertretung im Grunde überall da zulässig ist, wo wir es mit Willenserklärungen zu tun haben. Ausgenommen sind aber sog. höchstpersönliche Rechtsgeschäfte. Hierzu zählen das Verlöbnis gem. §§ 1297 ff. BGB, die Eheschließung gem. § 1311 BGB und die Sorgeerklärung gem. § 1626c Abs. 1 BGB.

146Weiter ergibt sich das Erfordernis entsprechender Vertretungsmacht. Diese kann sich unmittelbar aus dem Gesetz ergeben (gesetzliche Vertretungsmacht) oder durch Rechtsgeschäft erteilt werden (Vollmacht).

147So verfügen aus dem Bereich des Familienrechts sorgeberechtigte Eltern gem. § 1629 BGB, Vormünder gem. § 1793 Abs. 1 BGB, Pfleger gem. § 1915 i. V. m. § 1793 Abs. 1 BGB und Betreuer gem. § 1902 BGB über gesetzliche Vertretungsmacht.

148Die Erteilung einer Vollmacht richtet sich demgegenüber nach § 167 BGB; sie erfolgt durch Erklärung gegenüber dem zu Bevollmächtigenden (sog. Innenvollmacht) oder dem Dritten, dem gegenüber die Vertretung stattfinden soll (sog. Außenvollmacht). Sie kann sich auf ein einzelnes oder auf mehrere Geschäfte beziehen. Werden mehrere Bevollmächtigte bestellt, ist sowohl eine Einzelvertretung, bei der jeder Bevollmächtigte allein handeln darf, als auch eine Gesamtvertretung, bei der die Bevollmächtigten gemeinsam handeln müssen, denkbar. Die Vollmacht ist dabei grundsätzlich formfrei, kann also mündlich oder sogar konkludent erteilt werden.

149Ebenso wie die Vollmacht ohne weiteres erteilt werden kann, ist sie grundsätzlich jederzeit widerruflich, § 168 S. 2 BGB. Zugleich sieht das Gesetz verschiedene Fälle der Rechtsscheinhaftung vor, die einen Geschäftsgegner schützen sollen, der auf die Vollmacht vertrauen durfte. So bleibt die Außenvollmacht gem. § 170 BGB bestehen, bis deren Erlöschen dem Dritten gegenüber angezeigt wird. Nach § 171 BGB muss die einem Dritten durch öffentliche Bekanntmachung oder besondere Mitteilung kundgegebene Vollmacht in derselben Weise widerrufen werden, in der zuvor die Kundgebung erfolgt ist. Und wenn eine Vollmachtsurkunde ausgestellt und diese einem Dritten gegenüber vorgelegt wurde, bleibt die Vertretungsmacht gem. § 172 BGB bestehen, bis die Vollmachtsurkunde nach § 175 BGB zurückgegeben oder nach § 176 BGB für kraftlos erklärt wird.

150Aus dem in § 164 Abs. 1 BGB normierten Erfordernis der Abgabe einer Willenserklärung wird in Abgrenzung von Stellvertretung und Botenschaft entnommen, dass der Vertreter einen eigenen Entscheidungsspielraum haben muss: Er gibt eine eigene Willenserklärung ab, die lediglich für und gegen den Vertretenen wirkt, während der Bote eine fremde Willenserklärung überbringt. Entsprechend muss der Vertreter nach § 165 BGB wenigstens beschränkt geschäftsfähig sein, während es beim Boten nicht auf dessen Geschäftsfähigkeit ankommt (Merksatz: „Und ist das Kindchen noch so klein, es kann doch schon ein Bote sein!“).

151Zuletzt ist erforderlich, dass der Vertreter in fremdem Namen handelt. Er muss also offenlegen, dass er einen Dritten vertritt und um wen es sich handelt (sog. Offenkundigkeitsprinzip). Denn der Geschäftsgegner kann ein berechtigtes Interesse daran haben, mit wem er einen Vertrag schließt: Man stelle sich nur einen Vertreter vor, der in guten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt, aber jemanden vertritt, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.

152Die Vertretung kann sich dabei aus den Umständen ergeben: So muss die Kassiererin im Supermarkt nicht zu jedem Kunden sagen „Im Namen von Aldi verkaufe ich den Kaffee“. Eine Ausnahme vom Offenkundigkeitsprinzip besteht beim „Geschäft für den, den es angeht“. Hierbei handelt es sich um Bargeschäfte des täglichen Lebens, bei denen es dem Vertragsgegner gleichgültig ist, mit wem er einen Vertrag schließt.35

153Liegen alle Voraussetzungen einer wirksamen Stellvertretung vor (kein höchstpersönliches Rechtsgeschäft, Vertretungsmacht, eigene Willenserklärung des Vertreters, Handeln in fremdem Namen), wird nur der Vertretene, nicht jedoch der Vertreter berechtigt und verpflichtet.

154Handelt jedoch ein Vertreter ohne Vertretungsmacht, so ist der Vertrag nach § 177 Abs. 1 BGB zunächst schwebend unwirksam. Seine Wirksamkeit für und gegen den Vertretenen hängt dann von dessen Genehmigung ab. Fordert der Vertragsgegner, der Klarheit über den Vertrag herbeiführen will, den Vertretenen zur Erklärung über die Genehmigung auf, dann kann diese nur ihm gegenüber und nur innerhalb von zwei Wochen erklärt werden, § 177 Abs. 2 BGB. Wird die Genehmigung verweigert, so haftet grundsätzlich der Vertreter ohne Vertretungsmacht nach § 179 BGB gegenüber dem Vertragsgegner.

155Ein Ausschluss der Stellvertretung, der sowohl für gesetzliche Vertreter als auch für Bevollmächtigte gilt, folgt aus § 181 BGB. Danach kann ein Vertreter, soweit ihm dies nicht durch Gesetz oder Rechtsgeschäft gestattet ist, nicht als „Diener zweier Herren“ auftreten, also zwei oder mehr Vertragspartner zugleich vertreten. Weiter kann er nicht als Vertreter einen Vertrag mit sich selbst schließen (sog. Insichgeschäft). Dies soll einen Missbrauch der Vertretungsmacht vermeiden. Entsprechend lässt das Gesetz eine Ausnahme zu, wenn das Geschäft lediglich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.

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