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3.Sittenwidrigkeit

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172Nach § 138 Abs. 1 BGB sind sittenwidrige Rechtsgeschäfte nichtig. Dabei liegt nach der Rechtsprechung eine Sittenwidrigkeit dann vor, wenn das Rechtsgeschäft gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt.39

173Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Betonung des Wortes „aller“: Erfasst werden sollen nur eindeutige Fälle, nicht solche, die lediglich dem Wertesystem einzelner widersprechen. Herangezogen werden kann insoweit auch die sich aus dem Grundgesetz, insbesondere den Grundrechten ergebende Werteordnung.

174Die Vorstellungen über das, was sittenwidrig sein soll, unterliegen zudem einem gesellschaftlichen Wandel. So kann heute nicht mehr davon ausgegangen werden, dass geschlechtliche Beziehungen außerhalb der Ehe generell sittenwidrig wären.40 Im Einzelnen hat sich zur Frage der Sittenwidrigkeit eine umfangreiche Rechtsprechung herausgebildet.

175Danach wird z. B. aus dem Bereich des Familienrechts als sittenwidrig angesehen:

• der Verzicht auf das elterliche Umgangsrecht gegen Freistellung von Unterhaltsansprüchen,41

• die Vereinbarung eines Entgelts für das Eingehen der Scheinehe,42

• das Eheversprechen eines (noch) Verheirateten oder (bereits) Verlobten,43

• ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs bei einer schwangeren Frau, die ihre Berufstätigkeit aufgeben soll,44

• eine Vereinbarung, nach der die nichteheliche Vaterschaft verschwiegen und im Gegenzug kein Unterhalt geltend gemacht werden soll,45

• Leihmutterverträge,46

• Rechtsgeschäfte über eine Samenspende zur Durchführung einer heterologen Insemination, die das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung nicht gewährleisten,47 und

• Verträge, in denen im Gegenzug für einen Verzicht auf das Umgangsrecht eine Freistellung von der Unterhaltspflicht vereinbart wird.48

176Diese Beispiele sollen genügen, um einen ersten Eindruck zu bekommen, was unter den Begriff des Verstoßes gegen die guten Sitten subsumiert werden kann. Wenn Sie in der Praxis unsicher sind, ob die Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 BGB vorliegen, wird Ihnen nichts anderes übrig bleiben, als sich mit der entsprechenden Einzelfallrechtsprechung zu befassen. Eine gute Übersicht dazu bieten die Kommentare, etwa der „Palandt“.

Familienrecht und Einführung in das Zivilrecht

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