Читать книгу Jesus ruft seine Braut - Cornelia Weinmann - Страница 21
2. Die Menschheit ist erwählt, die Braut des Sohnes Gottes zu werden
ОглавлениеDa die Menschheit nach dem Sündenfall des ersten Menschenpaares erneut als Ganzes eingeladen ist, das geliebte Gegenüber Gottes zu werden, wird sie im Hohelied weiblich dargestellt.5 Die Gemeinde aus Juden und den Nationen, im Griechischen ecclesia,6 ist ebenfalls in weiblicher Form. Darin kommt die Platzanweisung zum Ausdruck, die die Menschheit im Reich der Liebe Gottes, des Vaters, hat: die Frau des zweiten Adams zu werden, des einziggeborenen Sohnes Gottes, Jesus Christus.7 In dieser Verbindung der Liebe ist sie erwählt, aus uneingeschränkter Lebensbejahung heraus über seine ganz Schöpfung zu herrschen. Darum sind auch alle Brüder eingeladen, sich selbst im Bild und der geistlichen Wirklichkeit der Braut Christi zu sehen. Nur so können sie wie Paulus die Gemeinde mit Jesus verloben und sie Christus als reine Jungfrau zuführen.8
3. Die Erwählung Israels als Gottes Tor zur Welt ist zu ehren und zu achten
Das Hohelied, geistlich gelesen, bedeutet dann im gesamtbiblischen Kontext, die Erwählung Israels als letztes von drei Angeboten an die Menschheit zu ehren und zu achten. Denn die erste weltweite Erschütterung der rebellischen Menschheit endete mit der Sintflut, in der alle bis auf Noah und seine Familie untergingen.9 Danach richtete Nimrod das erste Königreich der Rebellion gegen Gottes Königsherrschaft auf, das in den Turmbau zu Babel mündete.10 Auch dieses Vorhaben beendete Gott, indem er die Sprachen verwirrte, um die falsche Einheit aller Menschen zu stoppen.11 Mit der Berufung Abrahams aus diesem Reich heraus begann Gott noch ein drittes Mal, ein Volk zu schaffen, in dem er seine Königsherrschaft aufrichten könnte. So wollte er seiner Menschheit den Rückweg zu ihrem wahren Vaterhaus offenhalten. Indem Abraham Gott glaubte, wurde er gerecht und so der Vater aller, die Gott durch Glauben ehren würden.12 Zugleich wurde er mit seiner Frau Sara zusammen der Vater des Volkes Israel. Aus seinen Nachkommen sollte der eine Sohn Abrahams und zugleich König aller Königreiche, Jesus Christus, in die Welt kommen. Denn nur als Mensch konnte er die Rebellion des Unglaubens und damit der Schuld und Zielverfehlung einer ganzen Menschheit auf sich nehmen13 und so die Tür zum wahren Vater für alle Menschen wieder öffnen.
4. Im Volk Israel liegt der Schlüssel zum himmlischen Vaterhaus für alle Völker
Die Schlüsselstellung des Volkes Israel, das seinen Namen in Verbindung mit Jakob bekam, dem Enkel Abrahams, war darum nicht gegen die anderen Völker seiner Welt gerichtet.14 Vielmehr geschah diese Erwählung Israels gerade um ihretwillen. Denn um sie alle wirbt Gott in Liebe wie ein Bräutigam um seine Braut. Dabei wird gerade das Bild des Werbens Gottes um seine ganze Welt, das in Israel begann, im Hohelied entfaltet. Zusammen mit der Tatsache, dass dieses Lied auch selbst aus Israel stammt, liegt hier der Grund, warum es die Juden bei jedem Passahfest lesen.15
Es war dann auch der Jude Petrus, einer der zwölf Jünger von Jesus Christus in Israel, dem er die Schlüssel anvertraute, um den Nationen die Tür zu ihrem wahren Vater im Himmel aufzuschließen.16 Dabei ist es sicher kein Zufall, dass der römische Hauptmann Kornelius aus dem damaligen Weltreich in Rom als Offizier der sogenannten Italienischen Kompanie in Israel durch Petrus zum Glauben an Jesus Christus kam. In ihm fand dieser Römer die Tür zum wahren Vaterhaus aller Menschen und damit zum wahren König aller Königreiche.
Später brachte Petrus auch in der Welthauptstadt Rom selbst den Menschen die gute Nachricht vom Sieger Jesus Christus über alle Systeme dieser Welt, einschließlich den Tod. Dadurch wurde Petrus aber weder ein Römer noch römisch-katholisch oder gar ein Deutscher und evangelisch. Er war ein Jude aus dem Volk Israel und Nachfolger von Jesus Christus. Dieser hatte schon vor Karfreitag und seiner Auferstehung an Ostern darum gesagt: „Das Heil kommt von den Juden.“17 Denn dieser Name ist von „Yehudi“ abgeleitet und bedeutet: „ER, Jahwe ist Gott, ER, der Gelobte.“18
5. Das Hohelied ist ein Werben Gottes, sein wahres Wesen kennenzulernen
Das Hohelied, in dieser geistlichen Dimension gelesen, bedeutet ein Werben Gottes, nicht nur seine Macht, sondern auch sein Wesen kennenzulernen, das in Jesus Christus Mensch geworden ist. Sich dieser Liebe wie eine Braut ihrem Bräutigam mit dem ganzen Sein anzuvertrauen, bedeutet, in den neuen Bund einzutreten, in den Gott sein Volk Israel einlädt und zusammen mit diesem Volk alle Völker dieser Erde.19 Der Eintritt für alle Menschen in diesen Bund wurde durch die Ausgießung des Heiligen Geistes am Pfingstfest möglich, zehn Tage nach der Himmelfahrt von Jesus.20 Der Heilige Geist wird im Hohelied durch die Bilder und Vergleiche ausgedrückt, die seit der Schöpfung für ihn verwendet werden: Wind, Wasser, Feuer, Taube, Rauchdampf, Salböl, Siegel.21 Doch das Wesen der Ruach Gottes, wie der Heilige Geist im Hebräischen heißt, ist weiblich und erschließt damit auch das Wesen der Liebe Gottes, wenn er sein Volk wissen lässt: „Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.“22 Es bedeutet für die Kinder Gottes, dass Gottes Macht an seine Liebe gebunden ist, und die Erwählung aller Völker dann niemals Abwertung von Menschen und Rassen bedeuten kann, schon gar nicht des jüdischen Volkes, aus dem heraus der Retter aller Menschen in die Welt gesandt wurde. Denn in Jesus von Nazareth, dem König der Juden, sind alle Völker erwählt, seine Braut zu werden. In ihm das Reich des Vaters im Himmel kennenzulernen und mit ihm seine Schöpfung zu regieren in der Fülle seiner Autorität, ist ein wesentlicher Teil dieser Botschaft aus dem Hohelied.
6. Folgen im Blick auf die Schlüsselfunkton Israels im Leib der Braut Christi aus deutscher Sicht
Angesichts der Schlüsselstellung des Volkes Israel im Leib der Braut Christi gehe ich als Deutsche, die in der evangelischen Landeskirche aufgewachsen und von einer pietistischen Gemeinschaft geprägt ist, dabei besonders vier Fragen nach:
1. Welche Beziehung hat die Braut Christi in Deutschland zum Heiligen Geist, der als der mütterliche Geist Gottes überhaupt erst neues Leben hervorbringt und in eine Beziehung zu Jesus und zum wahren Vater führt?23
2. Welche Beziehung hat sie darum zum Volk Israel als dem „Gefäß“, durch das sie das Heil in Jesus Christus und den Heiligen Geist erst empfangen konnte? Angesichts unserer deutschen Geschichte des letzten Jahrhunderts, in der auch Christen zu Tausenden das Heil schon in jeder Begrüßung Adolf Hitler zugesprochen haben und dann auch in vielen Bündnissen und Bekenntnissen zu ihm, gehe ich in Bezug auf den Umgang der Deutschen mit den Juden der Frage nach: Sind sie und ihre Nachkommen auch auf der persönlichen, familiären und gemeindlichen Ebene wirklich von diesen Bündnissen gelöst, sodass ihr Leben und ihr Glaube an Jesus wachsen und sich entfalten kann? Sind sie zur Liebe und Wertschätzung ihres eigenen Lebens mit Gott befreit und damit auch zur liebenden Annahme ihrer natürlichen und dann auch ihrer geistlichen Familie, die das Volk Israel einschließt?
3. Können die Nachkommen des 2. Weltkrieges miteinander über ihre Eltern, Großeltern und sich selbst in Achtung und Wertschätzung sprechen, selbst wenn diese an der Abwertung, der Ausgrenzung und Auslöschung des jüdischen Volkes und auch Menschen anderer Völker beteiligt waren?
4. Können sie in der Kraft des Heiligen Geistes auch innerhalb der natürlichen und geistlichen Familie die Verluste vor Gott abtrauern, die sie anderen und damit sich selbst zugefügt haben? Das Ziel wäre dann, persönlich und gemeindlich von den Wegen und Werten ihrer Vorfahren umzukehren und wie der Sohn aus dem Gleichnis Jesu heimzukommen.24 Denn der Vater im Himmel will auch seinen „deutschen Sohn“ in erbarmender Liebe aufnehmen und erneut in den Stand des wahren Sohnes und Erben einsetzen.
Die Frage lautet darum: Sind wir als Braut Christi in Deutschland persönlich, familiär und gemeindlich frei, den „braunen Mantel“ unserer nationalen Identität anzusehen, wo es noch nicht geschehen ist, und nicht zu verschweigen? In die Arme des wahren Vaters heimzukehren, könnte dann heißen, die persönlichen Wunden und Werte, die alten Haltungen und Handlungen gegen die eigene Familie wie auch gegen das Volk Israel am Kreuz Jesu wie einen alten Mantel abzulegen. Würde diese befreiende Heimkehr zu Gott alle Gemeinden erfassen, könnte sie in einen nationalen Buß- und Bettag münden. Diese Buße, d. h. Umkehr von falschen Wegen und Werten ohne Gott, würde dabei sowohl die Abwertung des Heiligen Geistes in Deutschland einschließen25 als auch alle Abwertung des jüdischen Volkes als eine der fatalen Folgen. Dann könnte der Heilige Geist die Freude und Kraft zurückbringen, die uns in neu geschenkter Freiheit das eigene Leben lieben lässt. Und dann könnten wir auch anderen in diesem Vaterhaus Gottes von Herzen Raum machen. So könnte Deutschland noch einmal zum Vaterland für viele werden, in denen weder Juden noch Menschen anderer Rassen und Völker abgewertet werden. Vielmehr könnten sie diese vergebende und heilende Liebe ohne Furcht kennenlernen, so dachte ich.26 Im Bild von Bräutigam und Braut gesagt: Da jedes Volk die Antwort auf diese Liebe mit seinem eigenen Farbton der Anbetung ausdrückt, würde auch das „Brautkleid“ der Gerechtigkeit Christi aus allen Nationen in bunten Farben leuchten.27 Denn jedes Volk empfängt die Liebe Gottes entsprechend seiner ganz eigenen Geschichte und Kultur. Dadurch heben die Anbeter Jesu aus jedem Volk, das auch in Deutschland lebt, gerade die Seite der Liebe Gottes hervor, die sie am meisten brauchen, und betonen sie auf ihre ganz eigene Weise. Das lässt dann auch das Lied der Braut Christi aus allen Völkern in der Einheit der Anbetung seines Namens vielfältig und „bunt“ erklingen.28 Dazu lädt das Hohelied der Liebe ein.