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LEBENSKÜNSTLER WERDEN

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Im Duden lesen wir unter dem Stichwort Glück: »mittelhochdeutsch gelücke = Schicksal(smacht); Zufall«. Voraussetzung für den »Beglückten« waren früher demnach weder ein bestimmtes Talent noch eigenes Zutun. Heute hat sich das stark gewandelt. Die Redensart »Jeder ist seines Glückes Schmied« zeugt davon, dass das Glück zu den Tatkräftigen kommt, die ihr Leben selbst in die Hand nehmen. Es ist fast eine darwinistische Weiterführung des »Überlebens des Stärkeren« und wird gesellschaftlich auch oft so behandelt: Glück muss man sich verdienen, und jeder ist selbst dafür verantwortlich.

Wer kein Glück hat, hat es sich selbst zuzuschreiben. Gesellschaftliche Herkunft, Krankheiten, wirtschaftliche Gegebenheiten – all das ist für den mutigen, tatkräftigen Einzelkämpfer kein Problem. Allerdings liegen Menschen, wenn sie einschätzen sollen, was sie glücklich macht, meist völlig daneben. (Es gibt ein ganzes Buch über dieses Phänomen: Ins Glück stolpern.) Hier zeigt sich wieder, dass Glück ein Gefühl ist und kein Zustand. Gefühle kommen und gehen, aber bleiben nie statisch über längere Zeit bestehen. Ist unsere Idee vom Glück womöglich schon ein Stolperstein in die Unzufriedenheit? Wer immerwährendes Glück erwartet, ist schnell enttäuscht von Alltag und Normalität.

BE HAPPY

Gerade meine Generation hat den Wunsch nach dem immerwährenden Glück praktisch in die Wiege gelegt bekommen. So suchen wir es in Beziehungen, in erfüllender Arbeit, weiten Reisen und spirituellen Highlights.

Zufriedenheit ist für mich lange ein Unwort gewesen, das faktisch Langeweile, Sattheit und Bequemlichkeit ausdrückt. Vielleicht müssen wir neue Wörter finden oder alte Begriffe neu besetzen, sodass wir ruhig werden und Zeit finden, uns umzuschauen und wahrzunehmen, was wir alles schon »haben«.

Hermann Hesse hat Heiterkeit als höchste Lebenskunst beschrieben:

»Heiterkeit ist weder Tändelei,

noch Selbstgefälligkeit,

sie ist höchste Erkenntnis und Liebe,

ist Bejahen aller Wirklichkeit …«

Vielleicht ist Erfüllung ein gutes Wort, obwohl ich mich frage, ob es nicht zu groß ist. Heitere Zufriedenheit mit gelegentlichen Glücksgefühlen und Anflügen von Erfüllung. Damit kann ich gut leben. Ich möchte satt sein vom Leben, wenn ich sterbe.

Die alten Philosophen haben das Leben selbst als Meisterstück, als Meisterschaft gesehen, und das finde ich einen interessanten Blickwinkel. Damit konzentrieren wir uns wieder auf uns, auf die Lebenskunst und nicht darauf, wie wir immer mehr erleben, fühlen und besitzen können.

Viele Menschen wissen heutzutage mehr über Politik als über sich selbst. Wir haben häufig keinen Zugang mehr zu unseren Beweggründen, unseren Intentionen und wissen nicht viel darüber, warum unser Leben genau so ist, wie es ist.

Ärzte und Psychologen haben Hochkonjunktur, weil (geistige) Gesundheit ausgelagert wird und von Fachleuten geheilt werden soll. Den meisten Menschen ist es ein Rätsel, warum sie Ängste haben oder Rückenschmerzen oder ein Burn-out, und ihnen fehlen Handlungsstrategien, um sich selbst ein besseres Leben einzurichten. Lebenskunst ist demnach eine Fähigkeit, die zu erlernen ist. Zufriedene oder glückliche Menschen haben bestimmte Fähigkeiten und Einstellungen, die zu ihrer Zufriedenheit beitragen. Lebenskunst bedeutet für mich, beim Leben selbst in die Lehre zu gehen und zu lernen.

Die wichtigste Fähigkeit, um ein erfülltes Leben zu leben, und gleichzeitig die wichtigste Zutat dafür ist, Verbindung zu fühlen und in Verbundenheit zu leben. Mit uns selbst und anderen Menschen. Lebensglück hat viel mit Erfüllung, Sinnhaftigkeit und Verbundenheit zu tun! Das Schöne daran ist: Du musst darauf nicht warten, du kannst es selbst herstellen!

Nach dreißig Jahren auf der Suche nach mir selbst und nach den großen Antworten des Lebens bin ich zu dem Schluss gelangt, dass unser Lebensglück mehr auf den Fähigkeiten beruht, die wir einmal gelernt oder nicht gelernt haben, und nicht darauf, dass ES irgendwie geschieht. Unser Lebensglück beruht auch darauf, ob wir unsere Brille absetzen können, durch die wir uns selbst und das Leben sehen. Wie es so schön heißt: »Wir sehen die Welt nicht, wie sie ist, sondern wie wir sind« (aus dem Talmud).

Darin steckt ungeheuer viel Wahrheit, viel mehr, als wir zunächst begreifen. Solche Sätze schauen wir uns inzwischen nebenher bei Facebook an und nicken einmal weise, um dann zum nächsten Tagesordnungspunkt überzugehen. Jeder von uns glaubt zu wissen, um was es geht, und vor allem glaubt jeder von uns, dass wir die Einzigen sind, die es wirklich durchschaut haben.

Dabei haben wir alle keine Ahnung. Wir können uns der Realität nur nähern. Ich glaube nicht mehr, dass ich diese Realität je wirklich begreifen werde. Aber das ist okay. Inzwischen ist es okay …

ERLEUCHTUNG?

Das war nicht immer so. Als Jugendliche war ich eine begeisterte und leicht depressive Anhängerin von Hermann Hesse. Heute würde man sagen, ich war ein Fan. Nach Narziss und Goldmund las ich Siddharta, und mein Lebensziel war klar: Ich wollte erleuchtet werden.

Es erschien mir das einzig wirklich Erstrebenswerte. Es war nur lästig, dass ich irgendwie für meinen Lebensunterhalt sorgen musste. Meine Mutter, die selbst Erleuchtung suchte, indem sie dem indischen Guru Bhagwan folgte, hatte mich mitten in der Oberstufe auf die Straße gesetzt. Ich war ziemlich mittellos und hatte Glück, dass ich in einer WG wohnte und aufgefangen wurde. – Meine Kindheit war eine gewaltvolle und wenig liebevolle Katastrophe. Doch das war mir damals mit 19 noch nicht bewusst. Ich wusste nur, dass ich irgendwie komisch war.

Trotz aller Knüppel, die das Leben mir zwischen die Beine warf, haben mich diese Fragen nach Erfüllung, nach Sinn, Lebendigkeit und Wahrhaftigkeit weiter begleitet. Ich war mein ganzes Leben eine Suchende, könnte man sagen. Lange Zeit dachte ich, dass ich die Wahrheit mit Löffeln gefressen hätte. Erst in meinen Dreißigern dämmerte mir, dass ich keine Ahnung hatte.

Vielleicht war es ein logischer Weg, der mich zunächst in meine eigene Psychotherapie führte und von dort in meine erste psychotherapeutische Ausbildung – auf jeden Fall hat es mich an den Punkt gebracht, wo ich heute stehe. Und dafür bin ich zutiefst dankbar.

Mein Weg führte über die Erforschung von Trauma und der Arbeit mit Trauma zu den Themen Selbstregulation und Entwicklungsverletzungen, um die es in meinem ersten Buch Auch alte Wunden können heilen geht.

Je mehr ich mich mit diesen Themen und der Integration früher Verletzungen und Trauma beschäftigte, desto mehr stellte sich mir die Frage: Wie kann man erfüllt leben lernen, wenn man die Voraussetzungen dafür nicht mit der Muttermilch aufgesogen hat?

Die 3 Quellen echten Lebensglücks

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