Читать книгу Die 3 Quellen echten Lebensglücks - Dami Charf - Страница 23
DIE MACHT DER GEWOHNHEIT
ОглавлениеWir Menschen sind Gewohnheitstiere, und das bedeutet, dass wir uns an so ziemlich alles gewöhnen können. Das ist gut, und das ist schlecht. Es bedeutet, dass wir Dinge, die wir vor einem Jahr noch fantastisch fanden, heute als selbstverständlich hinnehmen (und sie uns keine echte Freude mehr machen). Es bedeutet auch, dass wir Dinge, von denen wir wissen, dass sie uns nicht guttun oder keine Erfüllung bringen, dennoch hinzunehmen und damit leben zu lernen. So ist das halt, sagen wir uns.
In Bewegung setzen wir uns erst, wenn uns etwas zu sehr quält. Dabei meine ich entweder diesen dumpfen Schmerz im Hintergrund, den man nicht mehr so recht abstellen kann, oder diesen ganz hellen Schmerz, der plötzlich alles ausfüllt und sich nicht mehr ignorieren lässt.
Dann müssen – möglichst schnell und sofort – Lösungen her. Wir sind bereit, uns zu verändern. Jetzt sofort. Am liebsten aber: etwas oder jemand anderen zu verändern (unsere Partner, unsere Arbeit, die Welt). Wenn wir ganz ehrlich sind, dann suchen wir eigentlich keine Veränderung, sondern Erlösung. Der Schmerz soll weg! Jetzt! Deshalb sind Methoden und Bücher, die schnelle Erfolge versprechen, auch so erfolgreich. Wären sie allerdings wirklich erfolgreich, gäbe es keine unglücklichen Menschen mehr. Manchmal versuchen wir, Lösungen zu finden oder vor einem Gefühl davonzulaufen, ohne dass uns der Schmerz oder das Problem wirklich bewusst sind. Wir tun Dinge oder treffen Entscheidungen, ohne uns unserer tieferen Absicht bewusst zu sein. Das führt oft zu Umwegen und Sackgassen, aber auch die gehören ja zum Leben dazu.
Das Leben ist lernen. Schön ist, wenn man lernt, Freude daran zu haben.
Wenn wir also losrennen, um dem Schmerz zu entkommen oder eine Lösung dafür zu finden, dann sind wir leider in einer schlechten Position. Wir sind anfällig für Heilsversprechen und kurze Wege. Wir schauen auf den Schmerz und nicht auf die Ursache. Bekommen wir zum Beispiel Rückenschmerzen, dann wollen wir, dass diese wieder verschwinden. Das ist absolut verständlich. Wir nehmen Schmerztabletten oder lassen uns vom Orthopäden eine Spritze geben. Vielleicht machen wir sogar noch Krankengymnastik. Und siehe da, wir spüren den Schmerz nicht mehr. Für eine Weile.
Vielleicht ist aber die Ursache des Schmerzes eine alte Knieverletzung. Deshalb belasten wir das eine Bein nicht mehr wirklich, und der ganze Körper ist ständig in einer Schonhaltung, die dann Schmerzen im Rücken verursacht. Vielleicht haben wir zu viel Stress im Körper, unsere Beugemuskulatur (die Schutzmuskulatur) ist zu angespannt und löst dadurch Schmerz aus. Die wahren Ursachen für den Schmerz liegen also an ganz anderer Stelle, und so ist es auch mit einem Mangel an Lebensglück.
Ich möchte gern, dass du dich einmal fragst, was echtes Lebensglück für dich ist. Was müsste in deinem Leben sein, was müsste passieren, damit du sagen würdest (über längere Zeit und nicht nur einen Moment): »Ich fühle Lebensglück, Erfüllung und Lebendigkeit.«
Ein erfülltes Leben beruht auf unseren Fähigkeiten und nicht so sehr auf dem, was uns gerade passiert. Dieses Set an Fähigkeiten führt dazu, dass wir unser Leben gestalten und genießen können. Es führt dazu, dass wir uns selbst genießen und erfüllende Kontakte mit anderen Menschen erleben können.
Ginge es allein um Erkenntnis, wären wir alle kurz vor der Erleuchtung.
Das Problem dabei ist, dass diese Fähigkeiten aufeinander aufbauen. Die meisten von ihnen kennst du, und du hast dich wahrscheinlich sogar schon mit ihnen beschäftigt. Es kann sein, dass du einige Dinge sogar für dein Leben übernommen hast. Es kann aber auch sein, dass du bei Weitem noch nicht so zufrieden bist, wie du es gerne wärst. (Sonst hättest du dieses Buch ja auch nicht in die Hand genommen.) Das liegt nicht daran, dass du unfähig bist oder einfach nicht lernfähig, sondern daran, dass du etwas lernen wolltest (weil du einen Schmerz lindern wolltest), wofür dir die Grundlage gefehlt hat. Es ist ein bisschen so, als würdest du dich für das Cambridge-Business-Certificate in Englisch anmelden, allerdings nur Schulenglisch beherrschen.
Das sind die Gründe, weshalb wir letztlich immer wieder in unsere alten Verhaltensweisen und Lebensmuster zurückfallen und frustriert sind über uns.
Ein Beispiel, das viele von uns kennen, ist das Thema gesünder essen und abnehmen. Eigentlich ist es ganz einfach: Man lässt einfach bestimmte Lebensmittel weg und isst weniger. Dann noch ein bisschen Intervallfasten und ein wenig Bewegung – und schon erreicht man das Ergebnis, das man angestrebt hat. Das kann doch nicht so schwer sein, oder? Warum gibt es dennoch so viele Menschen mit Übergewicht?
Ein anderes Beispiel: Denk an deine Beziehung oder, wenn du Single bist, an deine letzte Beziehung. Hast du dort erlebt, dass eine Auseinandersetzung eigentlich harmlos begonnen hat und du merkst, wie du dich innerlich ärgerst und dann Dinge sagst oder tust, von denen du genau weißt, dass sie den Streit alles andere als konstruktiv beeinflussen werden – und dann hörst du sie dich trotzdem sagen?
Wissen und Umsetzung können also zwei sehr getrennte Dinge sein.
Wollen wir etwas lernen, verändern oder uns eine neue Fähigkeit aneignen, dann brauchen wir ein Fundament, auf dem wir aufbauen können, damit es wirklich funktioniert. Dies ist uns nur nicht bewusst, und deshalb laufen viele unserer Bemühungen ins Leere, und wir enttäuschen uns selbst.