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Amazonien

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Die Ökologie und Vorgeschichte Amazoniens ist ebenso wie die anderer tropischer Regenwälder weit weniger bekannt als die der trockenen Tropen und der gemäßigten Zonen. Für Außenseiter scheint der Regenwald nur wenig essbare Vegetation oder Wild zu bieten. Heute werden die noch nicht von Menschen europäischer oder afrikanischer Abstammung besetzten und „entwickelten“ Teile des Waldes von wenigen, weit verstreuten Stämmen von Jägern und Sammlern bewohnt, die eine begrenzte Form der Brandwirtschaft praktizieren. Ein großer Teil des Waldes scheint unbewohnt, daher der verbreitete Glaube, vor der Ankunft der Europäer sei Amazonien ein unberührter Wald gewesen, doch das ist eine von dieser seltsamen und feindlichen Umwelt erzeugte Illusion.

Das war nicht immer so. Die ersten Europäer, die Amazonien besuchten, brachten erstaunliche Geschichten mit. 1542 führte Francisco de Orellana, einer der spanischen Konquistadoren, die Pizarro begleitet hatten, eine Expedition den Amazonas entlang von Peru bis zum Atlantik. Der Expeditionsgeistliche Gaspar de Carvajal beschrieb in einem Bericht über ihre Abenteuer „weiß schimmernde Städte“ mit Tausenden Einwohnern. Bei der Rückkehr nach Spanien fand sein Bericht keinen Glauben, denn er enthielt viel Erfundenes wie Kriegerinnen, die er „Amazonen“ nannte. Da man in Amazonien weder Gold noch Silber fand, verloren die Europäer bis zum 19. Jahrhundert das Interesse daran.48

Doch Carvajal hatte recht gehabt. Tatsächlich hatte Amazonien vor 1492 viel mehr Bewohner als heute. Jüngste Forschungen haben eine heute mit Wald bedeckte Landschaft enthüllt, die einmal Dörfer und Städte mit bis zu 1000 Einwohnern hatte, mit zentralen Plätzen und breiten Straßen, umgeben von Palisaden, hinter denen Gärten, Felder und Obstgärten lagen. Das Fehlen von Stein in dieser riesigen Schwemmlandebene bedeutete, dass alle menschlichen Konstruktionen aus organischem Material bestanden; sobald sie aufgegeben wurden, wurden sie von der ständigen Feuchtigkeit und gefräßigen Insekten und Mikroorganismen zerstört. Land, das länger als einige Jahre brach lag, wurde wieder vom Wald geschluckt.

Statt der Städte und monumentalen Tempel, die man mit frühen Kulturen assoziiert, hinterließen die Bewohner Amazoniens Boden, Pflanzen und Keramik. Hier und da findet man im Wald Flecken von Terra preta (dunkler Erde), bis zu einem Meter dicke Schichten eines fruchtbaren schwarzen Komposts aus Holzkohle, Fischgräten, Tierknochen, menschlichen Exkrementen und Tonscherben. Dieser an Kohlenstoff, Stickstoff, Phosphor und anderen Nährstoffen reiche Boden steht im Kontrast zum weitgehend sauren und sterilen Boden des übrigen Regenwalds. Die Terra preta-Böden Amazoniens sind auf 450 v. Chr. bis 950 n. Chr. oder später datiert worden. Auf diesen Böden wurden keine offenen Getreidefelder geschaffen, sondern Bäume und Knollengewächse kultiviert, wie in Neuguinea. An einigen Orten trug fast die Hälfte der Bäume wie Cashewbäume und Pfirsichpalmen Nüsse oder Früchte. Die Bewohner züchteten auch Maniok, eine im Amazonasbecken wild wachsende Knolle, dazu Erdnüsse, Ananas, Papaya, Kakao, Tabak und Bohnen. Die Keramik der Amazonasindianer datiert teilweise bis 2000 v. Chr. zurück und ist damit die älteste in Amerika und eine der ältesten der Welt.49

Macht euch die Erde untertan

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