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Kritik des Krieges

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Ein Jahrzehnt später beruft sich Annette Kolb auf eine andere Charakterisierung Caterinas aus dem Essay. Ihre „Briefe einer Deutsch-Französin“ (1916) verweisen auf die Aktualität der dezidiert politischen Heiligen als „Friedensstifterin“ (F 120). Selbst eine „Arbeiterin im Weinberg des Herrn“, wie man sie, analog zu ihrer Bezeichnung für Alfred H. Fried, den Gründer der Zeitschrift „Friedenswarte“, bezeichnen könnte, der „eigentlichen Seele der pazifistischen Bewegung in Zentraleuropa“ (F 162 f.), weigert sich Annette Kolb nicht nur, an der allgemeinen „geistigen Mobilmachung“21 mitzutun, sondern engagiert sich gegen deren Ziele und die Realitäten des Krieges.

Erneut greift sie hier den Fortschrittsgedanken auf, hinter den die Menschheit nun aber zurückfällt. Angesichts ihres Entwicklungsstands sei der Krieg eigentlich ein Relikt „aus der Rumpelkammer“ der Gattung (SB 27). Unter Verweis auf die kulturschöpferischen Kräfte des Menschen widerspricht Annette Kolb einem Biologismus, der Kriege als naturgegeben, ja -notwendig bejaht. Auch wenn im Zeichen des Christentums selbst „die wüstesten Greuel in der Welt entbrannt“ seien, sieht sie in diesem die große Gegenkraft zum Krieg und geißelt die Diskrepanz zwischen Rhetorik und Praxis bei den europäischen Mächten. Annette Kolb fordert die Regierungen auf, sie mögen „eine Doktrin, von welcher nicht die allerleiseste Notiz genommen wird, nicht mit so fluchwürdiger Stirn der Form nach noch aufrecht halten“.22 Allein das auf Vermittlung ausgerichtete Handeln Papst Benedikts XV., der sich zwischen den Fronten erfolglos um Friedensinitiativen bemüht, habe „das Recht auf seiner Seite“ (DF 96).

Trotz des Atavismus, den die „Kriegspsychose“ (SP 110) darstellt, hält Annette Kolb am Entwicklungsgedanken fest, dessen Ziel die Mitte des Christentums bezeichne. Nur ist der (für sie bezeichnenderweise „nach vielen Dezennien eines ausschließlichen Männerregiments“ ausgebrochene [DF 88]) Krieg ein Zeichen dafür, dass „die Menschheit“ zu „langsam und in so verzweifelt weiten Kurven um dies Gestirn“ evoluiere: „Aber der Gewalt des Christentums tut die menschliche Hinfälligkeit keinen Abbruch“ (DF 85). Bisher sei die Menschheit für die in ihm beschlossene Idee noch nicht reif gewesen. Damit es seine Frieden stiftende Kraft entfalten könne, seien – zumal in Deutschland – erhebliche Bildungsanstrengungen erforderlich, Nachhilfe in Sachen Demokratie besonders: „die Deutschen nämlich seien „die politisch Ungeschulten, die Unpolitischen par excellence“ (DF 21).

Eigensinn und Bindung

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