Читать книгу Shinobi - Der Weg der Schatten - Danny Seel - Страница 19
Оглавление13. Ein Phantom derVergangenheit
Entschlossener als es ihm eigentlich zumute war, rückte Yujiro etwas näher an Tanba, um ihn vor jeder möglichen Gefahr besser verteidigen zu können. Als er sah, wie ihre Gegner nach weiteren Waffen griffen, wusste er, dass es ein blutiger Kampf sein würde.
Der Jōnin reichte ihm mit einem Nicken sein Messer, sobald er bemerkte, dass dieser unbewaffnet war. Völlig angespannt beäugten sie ihre Widersacher, die ihnen immer näherkamen.
Plötzlich rannten vier Männer ins Zimmer herein. Unter ihnen erkannte Kiyonori Suzaku und Izuya. Die drei Eindringlinge warfen nur einen Blick auf die Neuankömmlinge und sprangen fliehend durch die zerrissenen Papierwände, bevor sie zurück zum Ausgang rannten.
„Was ist passiert?“, wollte einer der Männer wissen.
„Ich war gerade eingeschlafen, als ich etwas im Nebenzimmer vernahm“, erklärte Momochi, während er versuchte seinen Atem zu beruhigen, „… Sobald ich den Raum betrat, um nachzusehen, erblickte ich dort zwei Männer, die eine meiner Kisten durchwühlten und die mich sogleich angriffen.“
„Dann dürfen wir hier nicht länger herumstehen! Andere Menschen sind womöglich in Gefahr!“, meinte Izuya. „Ihnen nach!“
Suzaku, Yujiro und Izuya rannten eiligst aus dem Gebäude und verfolgten die Unbekannten, während die anderen zwei Männer zurückblieben, um Tanba zu helfen, sowie ihn vor weiteren möglichen Angriffen zu beschützen.
„Sie teilen sich auf!“
Yujiro sah, wie die Eindringlinge hinter einem Haus verschwanden. „Ich verliere sie aus den Augen!“
Abrupt wechselte Izuya die Richtung.
„Wo rennst du hin?“ Verwirrt blieben die anderen beiden stehen.
„Ich muss meine Familie beschützen! Vielleicht sind sie schon bei mir zu Hause!“
Izuya drehte sich dabei nicht um und verschwand hinter einem Gebäude.
Auf einmal hörten Suzaku und Yujiro einen weiteren Schrei. So schnell sie nur konnten, rannten sie in die Richtung, aus dem er gekommen war. Vor ihnen sahen sie, wie sich eine männliche Gestalt, dessen Gesicht von einem Tuch verhüllt war, so als ob sie ihre Identität verbergen wollte, über die Leiche eines Mannes beugte.
„Wie viele von ihnen gibt es hier noch?“, fragte Suzaku verdutzt.
„Nicht genug, um uns aufzuhalten!“, rief Yujiro, als er dem Fremden in die Seite rammte.
Der Getroffene taumelte ein paar Schritte rückwärts, fiel jedoch nicht hin. Kiyonori sprang hoch und zielte mit seinem Fuß auf die Brust seines Widersachers.
Zu seinem Schrecken fing sein Gegner seinen Fuß in der Luft auf und zog ihn an sich. Yujiros Augen weiteten sich, als er sich unwillig und aus Reflex auf den Unbekannten zubewegte. Dieser schlug ihm mit voller Wucht ins Gesicht, sodass Kiyonori nach Luft schnappend zu Boden stürzte.
Der Aufprall nahm ihm die Luft und für einen Moment verdunkelte sich seine Sicht, sodass er kaum etwas erkennen konnte. Sobald sein Blackout verschwunden war, sah er, wie Suzaku den Fremden mit einer Reihe von Faustschlägen angriff, denen dieser jedoch geschickt ausweichen konnte.
„So armselig“, lachte der Unbekannte in sich hinein, als er Suzakus Faust auffing und sie verdrehte. Vor Schmerzen aufstöhnend, fiel Suzaku auf die Knie und versuchte sich aus dem Griff zu befreien. Doch sein Gegner lachte nur.
„Ist das alles, was du kannst?“, spottete er.
Yujiro stand auf und schlich sich an den Fremden von hinten heran. Dieser schien ihn jedoch bemerkt zu haben, denn er zwang Suzaku mit zusätzlichem Druck auf die Beine und warf ihn sich über die Schulter. Kiyonori musste zurückweichen, um nicht niedergestreckt zu werden. Mit einem Ächzen landete Suzaku auf dem Boden. Er wollte sich sofort wieder hochrappeln, als ihm ein Tritt gegen den Hinterkopf versetzt wurde. Stöhnend und halb bewusstlos sackte er wieder zusammen.
Zornig griff Yujiro nach einem verworfenen Schwert, das wahrscheinlich dem toten Mann gehörte, der zu den Füßen des Unbekannten gelegen hatte. Erneut warf er sich auf seinen Widersacher. Der Letztere grinste nur und wich gekonnt zur Seite aus. Im Nu hatte er ein Ninjatō aus der Scheide gezogen und versuchte seinen Gegner mit einem horizontalen Schnitt niederzumähen.
Yujiro blockierte, wurde jedoch wegen der Stoßkraft des Hiebes zurückgeworfen. Bei weitem nicht vom Können seines Gegenübers entmutigt, verdoppelte er seine Bemühungen und sprang auf, wobei er sein Ninjatō hoch über seinen Kopf hob. Die Schwerkraft zu seinem Vorteil nutzend, ließ er sein Kurzschwert mit gesamter Kraft auf den Fremden niedersausen.
Zu seiner Überraschung parierte sein Gegner den Stoß, ohne an Boden zu verlieren. Dieser vergalt den Hieb mit einem Haufen meisterhaft kombinierter Schwertstöße, die Kiyonori nur mit Mühe abwehren konnte. Gnadenlos wurde er zurückgetrieben. Verzweifelt sprang er zurück.
„Jetzt reicht’s!“
Wütend fixierte Yujiro seinen Widersacher und bereitete sich auf einen weiteren Zusammenstoß vor. Der Unbekannte reagierte nicht und stand einfach wortlos und bewegungslos da. Die eher unberechenbare Verhaltensweise seines Gegners ließ Kiyonori einen Augenblick lang stillstehen und sein Gegenüber analysierend betrachten.
Yujiro bemerkte, dass der Fremde einen einfachen marineblauen Kimono trug, so wie es die meisten Bauern zu tun pflegten. Dazu noch hatte er sich ein dunkles Tuch um den Kopf gewickelt, das seinen bösartig grinsenden Mund verborgen hielt. Es gab ausschließlich seine Augen zum Vorschein, in denen ein amüsiertes Funkeln aufblitzte.
„Schön dich wiederzusehen, Yujiro“, sagte er in einem spöttischen Ton und riss sich das Tuch vom Kopf. „Erkennst du mich denn gar nicht mehr?“
Das Blut gefror in Kiyonoris Adern, als er das verschrammte Gesicht seines Gegners sah. Dessen Schädel war fast kahl, sodass man die kurzen Haare nur wegen ihrer schwarzen Farbe noch bemerken konnte. Sein Gesicht machte wahrhaftig einen furchteinflößenden Eindruck und seine Oberlippe war so leicht beharrt, dass man den Schnurrbart kaum wahrnehmen konnte. Wo es früher mal einen Bart gegeben hatte, konnte man hier und da einzelne Bartstoppeln sehen, die an seinem Kinn ungleichmäßig verteilt waren, da viele der Narben das weitere Wachstum des Barts behinderten.
Wo man immer auch hinblickte, sah man nur Schnitte und Schrammen, sodass er den Anschein einer Leiche erweckte. Ein auffälliges Tattoo war auf seiner Stirn zu sehen; eine Tätowierung, die nur Kriminelle gestochen bekamen, die sich von der Obrigkeit hatten erwischen lassen. Trotz all dem konnte man sehen, dass er früher mal sehr gutaussehend gewesen war.
Yujiro wurde sofort mulmig zumute, als er das vernarbte Gesicht seines Gegenübers sah, denn er hatte das Gefühl, ein Déjà-vu zu haben. Die nackte Angst packte ihn und ein alter Alptraum, der in der Realität bereits geschehen war, trat vor seine Augen.
„D-du … du!“, stammelte Kiyonori mit weit aufgerissenen Augen und trat einige Schritte zurück.
Der geheimnisvolle Mann, der offensichtlich Freude daran hatte, die Furcht in seinen Augen zu sehen, grinste noch bösartiger.
„Lange nicht mehr gesehen.“ Er schien diesen Augenblick aufs Volle zu genießen. „Ziemlich schade, dass unser Treffen nicht unter anderen Umständen ist …“ Er hob die Augenbrauen. „sondern unter denselben wie letztes Mal.“
Ohne Yujiro aus den Augen zu lassen, griff er nach der Saya eines weiteren Kurzschwertes.
„Mit dem einzigen Unterschied, dass ich jetzt der Anführer eines kleinen Clans bin, der euer niederträchtiges Dorf überfallen hat. Mein Clan besteht aus Exilen, Kriminellen und … überlebten Nukenin … wie mir.“
Die letzten zwei Worte betonte er, durch die Zähne zischend. Kiyonoris Augen weiteten sich noch mehr, als ihm die Bedeutung dieses Wortes bewusst wurde. „Nukenin“ war Erklärung genug, um zu wissen, woher all diese Männer gekommen waren. Dieses Wort bedeutete flüchtiger oder verstoßener Shinobi, der meistens wegen Verrat gegen seinen Clan verbannt wurde. Selbst die Tatsache, dass sie mehrere Jahre lang überlebt hatten, ohne von ihren ehemaligen Kameraden erjagt zu werden, war genug, um sagen zu können, dass es keine Schwächlinge waren.
Der Nukenin spuckte auf den Boden, nachdem er seinen Status preisgegeben hatte, und blickte wütend auf.
„Dank deines Vaters bin ich das geworden, was ich jetzt bin, nämlich ein einfacher Söldner, der seine Fertigkeiten dem Meistbietenden verkauft. Meine Rache habe ich schon erfreulicherweise an ihm ausgeübt …“
Mit seiner linken Hand zog er langsam ein zweites Ninjatō aus der Scheide.
„Du bist zwar nicht Teil des Auftrags gewesen …“ Er trat einen Schritt auf Yujiro zu und deutete mit der Klinge auf ihn. „… doch ich habe immer ein wenig Zeit für einen alten Bekannten. Du kannst dir nicht vorstellen, was für eine Genugtuung es ist, dir dieselbe Überlegenheit gegenüber zu haben, die dein Vater mir einst gegenüber gehabt hatte. Mit dem Unterschied, dass er – im Gegensatz zu mir – dafür mit seinem Leben bezahlen musste.“
Er warf den Kopf in den Nacken und lachte noch einmal laut auf, was seinen Stolz über seine Tat deutlich ausdrückte. Plötzlich hörten sie schnell näherkommende Schritte. Der Söldner schaute sich über die Schulter.
„Da ist noch einer! Auf ihn!“
Einige bewaffnete Männer liefen auf ihn zu. Unter ihnen war auch Rintaro, der seine Aufmerksamkeit sofort Suzaku zuwandte, welcher halb bewusstlos am Boden lag und aufzustehen versuchte.
„Unsere Wege werden sich noch kreuzen!“, knurrte der Nukenin frustriert und drehte sich um.
Mit unglaublicher Geschwindigkeit rannte er davon. Einmal blickte er zurück und warf einen Metsubushi auf seine Verfolger, die ihm dicht auf den Fersen waren, in der Hoffnung sie abzuhängen. Mit einem Aufschrei hielt einer vorläufig an, während die anderen ihre Verfolgungsjagd stur fortsetzten.
Eilig rannten sie und verschwanden um die Ecke und somit aus Kiyonoris Sicht. Der Letztere nahm nicht einmal wahr, wie Rintaro zu Suzaku herüberlief, um nach seinen Verletzungen zu schauen. Von ungläubiger Furcht ergriffen, atmete Yujiro unregelmäßig und starrte mit weit aufgerissenen Augen ins Leere, ohne dabei etwas tun zu können, als plötzliche, ungewollte Erinnerungen sein Gedächtnis durchfluteten …