Читать книгу Shinobi - Der Weg der Schatten - Danny Seel - Страница 9

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3. Enttarnt

„Wieso konntest du nicht einfach deinen Mund halten?“, fragte Yujiro Suzaku in einem seltsam ruhigen Ton, der darauf hinwies, dass er versuchte seine Wut zu bändigen, als er am Ende des Korridors stehen blieb, um eine Schiebetür zu öffnen und ein kleines Zimmer zu betreten.

Beide lebten während ihres Aufenthalts in Nagahama, in einem ärmlichen Wirtshaus, wo sie einen Raum gemietet hatten, der eigentlich nur groß genug fürs Essen und Schlafen war. Das ganze Zimmer wurde mit Ausnahme des Lichts, das durch die Papierwände drang, ausschließlich von einer kleinen Kerze beleuchtet, die äußerst wenig Licht spendete.

Schuldbewusst blickte Suzaku auf ein paar Hähnchenspieße hinab, die er auf dem Weg gekauft hatte, während er seinem Begleiter in den Raum folgte. „Es tut mir leid, es ist mir herausgerutscht.“

Yujiro schnalzte frustriert mit der Zunge und setzte sich in eine Ecke des Zimmers. Dort hob er das Rasiermesser auf, das er heute Morgen benutzt hatte, und begann es zu schärfen, mit der Absicht seine nächste Rasur angenehmer zu machen. Währenddessen ließ sich Suzaku auf den Boden, neben der Kerze, nieder und machte es sich dort gemütlich, um in Ruhe seine Zwischenmahlzeit genießen zu können.

„Ich glaube, wir sollten unsere Waffen noch besser verstecken. Für den Fall, dass Polizisten oder Samurai auf uns aufmerksam werden …“, äußerte er seine Meinung, nachdem er einen der Hähnchenspieße bereits verspeist hatte.

Yujiro hielt mit dem Messerschärfen inne. Er blickte auf und schaute Suzaku warnend an. Eine frisch zugefügte Schnittwunde war auf seinem Kinn zu sehen.

„Yujiro?“, fragte Suzaku beunruhigt, als er den eiskalten Blick sah.

Yujiro starrte einfach seinen Gefährten an. Dann wandte er sich wieder dem Messerschärfen zu, als wäre nichts geschehen.

„Nachdem, was gestern Nacht passiert ist, möchte ich alle meine Waffen griffbereit haben. Für den Fall, dass irgendein Neuling …“ Er schaute Suzaku vielsagend an. „durch seine Unachtsamkeit, die er auch heute bewiesen hat, nicht wieder einen Kampf provoziert. Da hast du zwei perfekte Beispiele, weshalb ich es bevorzuge, entweder allein oder mit reifen Männern zu arbeiten.“

Suzaku zuckte entschuldigend mit den Schultern. „Du behandelst mich manchmal so, als ob ich ein Hindernis statt einer Hilfe wäre.“

„Weil es auch oft der Fall ist. Wegen deiner voreiligen Einmischung konnten wir bis jetzt nur ein Quota des Auftrags erledigen. Wenn du nur geschwiegen hättest, hätten wir vielleicht alles, was wir wissen müssen, aus ihm herausbekommen.“

„Du solltest dich nicht so aufregen. Schließlich haben wir beinahe unsere gesamte Mission erfüllt“, meinte Suzaku.

Belustigt blickte ihn Yujiro an. „Unser Auftrag ist es Informationen über Nagahama zu sammeln. Erstens, über die Rekrutierung von Kriegern, zweitens über den Handel von Feuerwaffen und drittens über den Lieferanten des größten Reishändlers der Stadt. Bislang haben wir nur zwei Punkte erfüllt. Verstehst du es denn nicht? Uns läuft die Zeit davon. Nach einem ganzen Monat in dieser Stadt können Polizisten auf uns aufmerksam werden … Wenn wir versagen, werden wir vor Momochi-sama in Erklärungsnot stehen.“

Kopfschüttelnd legte er sein Messer beiseite und nahm stattdessen ein Kurzschwert, das er im Zimmer versteckt hatte. Gemächlich besah er es von allen Seiten, bevor er anfing, es zu polieren.

„Ich hoffe bloß, wir werden nicht auf eine schlechtere Position verwiesen“, flüsterte er.

Es herrschte Stille für eine kurze Zeit, bei der jeder mit seiner eigenen Tätigkeit beschäftigt war.

„Ich wundere mich, wie weit Rintaro mit seinen Untersuchungen ist. Wo ist er jetzt eigentlich?“, wollte Suzaku nach einer Minute wissen.

Plötzlich wurde die Schiebetür aufgerissen. Verwundert blickten die beiden Männer auf. Vor ihnen erschien ein Mann in Bauernkleidung, der einen kurzen Kinn- sowie Schnurrbart hatte und dessen Haare zu einem Haarknoten zusammengebunden waren. Ein kleines Rinnsal Blut lief ihm die Stirn hinunter, die aus einem kleinen Schnitt kam, der tödlich wäre, falls er etwas tiefer gewesen wäre. Einer seiner Ärmel war aufgerissen und sein Arm blutbefleckt. Sein Blick deutete auf starke Beunruhigung hin, als er die zwei Bauern vor sich ansah.

„Die Polizei – wir wurden entdeckt!“, rief er, während er versuchte seinen Atem zu beruhigen.

Die Augen der anderen beiden weiteten sich. Unverzüglich sprangen sie auf die Füße und sammelten innerhalb weniger Sekunden all ihre Sachen. Yujiro zog seinen Strohhut bereits innen an und sie stürzten aus dem Zimmer Richtung Ausgang. Sie hatten beinahe die Schiebetür erreicht, als diese auf einmal aufgerissen wurde und ein grob aussehender Mann, der einen blauweißen, breitschultrigen Kimono trug, mit wütenden, durchdringlichen Augen hereinstolperte.

„Da sind sie!“, schrie der Dōshin, ein nachrangiger Samurai, der zur Polizei gehörte, und nahm sofort die Verfolgungsjagd auf.

Instinktiv drehten sich die drei Bauern um und rannten schnell den Gang zurück, den sie gekommen waren, sodass sie wegen ihrer Hast beinahe mit einer Magd zusammenstießen.

„Habt ihr einen Hinterausgang?“, wollte Suzaku wissen, ohne sich zu entschuldigen.

„Ja … äh er ist dort drüben“, antwortete sie verwirrt und zeigte auf eine Tür am Ende des Korridors.

Mit einem flüchtigen Dankeschön liefen die drei Gejagten auf den Ausgang zu.

„Bleibt stehen, ihr hinterhältigen Kriminellen!“, rief der Polizist, der an der Spitze und nur noch einige Schritte hinter ihnen war.

Die drei Bauern öffneten die Tür, verließen eilig das Gasthaus und sprangen in die Menschenmenge, was viel Aufruhr verursachte. Als sie einen Blick über die Schulter warfen, konnten sie eine Schar Dōshin erkennen, die ihnen dicht auf den Fersen war. Schubsend rannten sie hindurch und rempelten nicht wenige Passanten an.

„Passen Sie doch auf!“, schrie ein schlecht gekleideter Kaufmann, als Yujiro ihn fast überrannte.

Die Polizisten waren inzwischen schon in der Menge und bahnten sich ungeschickt einen Weg zu den Flüchtenden.

„Haltet die Shinobi auf!“

Kaum hatten die Menschen dieses Wort gehört, brachen manche in Panik aus und versuchten so schnell wie möglich den Marktplatz zu verlassen. Die drei Shinobi, die drei professionellen Spione und Kundschafter, rannten jetzt noch schneller, da sie wussten, dass die Dōshin, sofern möglich, Verstärkung holen würden.

„Wir müssen uns aufteilen“, schlug Rintaro vor, als er sah, wie eine weitere Gruppe von Dōshin von rechts auf sie zugerannt kam.

„Wie bitte? Aber so fangen sie uns sofort!“ Suzaku war verwirrt.

„Ich bin mit Rintaro einverstanden“, sagte Yujiro.

Weiterlaufend betrachtete Suzaku seine Kameraden. Als er ihre Entschlossenheit sah, seufzte er. „Wenn es sein muss. Aber wo treffen wir uns?“

„Hinter dem Tempel, den wir bei unserer Ankunft östlich in der Stadt gesehen hatten“, meinte Rintaro, der ein Vordenker und Stratege war.

„Na gut, dann wäre alles abgemacht.“ Yujiro nickte abschiednehmend und wechselte unvermittelt die Richtung.

„Sie teilen sich auf!“, schrie einer der Polizisten. Es kam zu einem großen Durcheinander, als auch die Dōshin versuchten sich aufzuteilen. Dies verschaffte den Shinobi einen kleinen Vorsprung.

„Ihr fünf! Folgt dem da!“, konnten sie hinter sich den Yoriki, einen Bushi von höherem Rang, der den Polizisten Befehle erteilen konnte, hören.

Schließlich konnten sich die Dōshin nach weiteren Anweisungen des Yoriki organisieren und nahmen die Verfolgung wieder auf. Aufgrund der Abruptheit ihrer Trennung war die Aufteilung nicht ganz gleichmäßig verlaufen, sodass Suzaku von knapp der Hälfte der Dōshin verfolgt wurde. Seine Chancen, einen offenen Kampf zu überleben, waren gleich null.

Ohne zurückzublicken, rannte er die Straßen entlang. Mal lief er nach rechts, mal nach links. Doch die Polizisten kannten die Gegend besser als er und er konnte sie nicht abhängen.

„Gleich haben wir ihn!“, schrie ein aufgeregter Dōshin mit einem erwartungsvollen Grinsen.

Suzaku lief direkt in eine Sackgasse hinein. Statt panisch zu werden, nahm er blitzschnell seine Umgebung wahr: Eingänge zu ein paar Häusern und einen Stall. So schnell er nur konnte, warf er die Tür des Stalls auf und rannte hinein. Kurz darauf erschienen die Polizisten.

Eilig sammelte Suzaku seine Kräfte, bevor er auf die Wand zulief, die dem Eingang gegenüberlag, und hochsprang. Mit einem Bein stieß er sich von ihr ab und nach einer halben Drehung streckte er sich mitten in der Luft aus, sodass er sich anschließend in einer fast horizontalen Position befand. Sobald seine Hände die Wand über dem Türrahmen des Eingangs berührten, drückte er mühsam die Handflächen dagegen und streckte blitzschnell die Beine aus, um seinen Sturz zu verhindern, als sie mit einem dumpfen Aufprall gegen die andere Wand schlugen und sich anschließend gegen sie stützten. Somit konnte er komplett ausgespreizt an der Decke, welche seinen Rücken beinahe berührte, hängen bleiben. Mühevoll musste er den ganzen Körper anspannen und unterdrückte ein Keuchen.

Er vernahm, wie die Dōshin die Türen der Häuser in der Sackgasse öffneten und deren Bewohner befragten, bevor sie die Gebäude betraten und durchsuchten. Suzaku hörte das quietschende Geräusch von einer sich öffnenden Tür. Als er herabschaute, sah er, wie ein Samurai und ein Komono, ein Assistent der Dōshin, in den Stall hineintraten. Wie alle üblichen Menschen begannen sie die Durchsuchung nicht, indem sie nach oben blickten.

Offensichtlich kennen sie sich mit den Wegen der Shinobi gar nicht aus, dachte Suzaku erfreut.

„Samurai-san, glauben Sie, er könnte sich hier im Heu versteckt haben?“, fragte der Komono mit einer Spur von Angst in seiner Stimme.

Der Bushi dagegen hatte äußerst ernste Gesichtszüge, die keine Anzeichen von Furcht verrieten. Er zog sein Katana, sein Langschwert, aus der Scheide und sah sich aufmerksam um.

„Es besteht nur eine Möglichkeit es herauszufinden.“

Suzaku beobachte sie dabei, wie sie das Heu durchlöcherten. Es dauerte eine Viertelminute, bis sie mit ihrer Durchsuchung zufrieden waren.

„Er ist nicht hier“, stellte der Samurai fest und steckte sein Katana wieder zurück in die Saya, die Schwertscheide.

Suzaku unterdrückte ein Seufzen, als sie den Stall verließen.

„Wir haben ihn nicht gefunden“, hörte er den Bushi sagen.

„Wir auch nicht“, stimmte ihm ein anderer Dōshin zu. „Scheint, als hätte er sich in Luft aufgelöst. Wie machen es diese verhassten Shinobi bloß?!“

Diesem Wortwechsel folgte ein weiterer, bevor die Polizisten die Suche aufgaben und fortgingen, sodass ihre Stimmen schließlich verstummten. Suzaku seufzte erleichtert. Erschöpft ließ er sich ins Heu fallen.

Shinobi - Der Weg der Schatten

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