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DIE SWEDENBORGIANER DER NEUEN WELT IN DEN 1780ERN BIS 1840ERN
ОглавлениеJames Glen wurde in Glasgow geboren. Er erhielt seinen Abschluss an der dortigen Universität und hatte sich auf die Sprachen Latein, Griechisch und Hebräisch spezialisiert. Später studierte er außerdem Arabisch, Französisch, Niederländisch und Deutsch. Als junger Mann von 20 Jahren reiste er als Matrose auf einem Schiff nach Südamerika, wo er sich in eine Schönheit des Landes verliebte. Er kehrte nach England zurück, erhielt durch den Gouverneur eine große Landkonzession und begann, eine prosperierende Plantage aufzubauen. (Später fühlte er sich durch seine swedenborgianischen Überzeugungen dazu angehalten, seine Sklaven freizulassen.) Glen war Mitglied der Londoner Gesellschaft der Neuen Kirche und ein begeisterter Unterstützer von Swedenborgs Anschauungen. Er reiste 1784 nach Philadelphia, um dort eine neue Bewegung der Neuen Kirche zu begründen. Er schaltete hierzu in der Pennsylvania Gazette eine Notiz und bewarb darin einen Vortrag, den er in einer lokalen Buchhandlung über Swedenborgs Ideen halten wollte. Der Vortrag war ein Erfolg und zog bedeutendes Interesse in der gebildeten Klasse Philadelphias an. Glen hielt mehrere weitere Vorträge, vermehrte das Interesse für Swedenborgs Überlegungen vor Ort und entschloss sich zu einer Vortragsreise, auf der er nach Boston und in andere Gegenden von Pennsylvania, Virginia und Kentucky reiste. Viele zukünftige Führer der Neuen Kirche in Nordamerika waren bei diesen ersten Vorträgen anwesend.147
Kurz nachdem Glen wieder in seine Heimat Südamerika zurückgekehrt war, kam eine Schiffsladung mit englischen Übersetzungen von Swedenborgs Büchern in Philadelphia an, die von London auf Vermittlung Robert Hindmarshs geschickt worden war. Ein Lesezirkel, der sich bald mit enthusiastischen Konvertiten in der Stadt gebildet hatte, traf sich regelmäßig. Zu dieser Gruppe gehörte eine Reihe gut ausgebildeter Personen, darunter auch Francis Bailey, ein Drucker aus Pennsylvania. Er war der Herausgeber des Freeman’s Journal und Freund eines anderen Druckers aus Philadelphia, Benjamin Franklin. Die Swedenborgianer in Philadelphia beschlossen, der beste Weg, Swedenborgs Ideen zu verbreiten, sei derjenige der Publikation. 1787 begann Bailey damit, englische Übersetzungen von Swedenborgs Schriften zusammen mit John Clowes’ Buch, das Swedenborgs Anschauungen darstellte (Ein zusammenfassender Blick auf die himmlischen Lehren) zu verbreiten. Er brachte den ersten Band der Wahren christlichen Religion heraus, gedruckt für diejenigen, die ihn per Subskription unterstützten. Einer davon war Benjamin Franklin. Zwei andere Unterzeichner der Unabhängigkeitserklärung waren ebenfalls Subskribenten: Robert Morris und Thomas McKean. Bailey folgten weitere enthusiastische Drucker, die Swedenborgs Schriften über das Land verbreiteten. Ein reicher Kaufmann aus Philadelphia gründete zur Unterstützung einen Buchladen, um Swedenborgs Werke abzugeben und pflegte sie beim Verkauf seiner Stoffballen innerhalb des Landes und nach Übersee148 an seine Kunden kostenlos mitzuschicken.
1826 hatte sich die Gesellschaft in Philadelphia zu einer Kirche entwickelt, die ihren ersten Kirchenbau errichtete. Die Versammlung in Philadelphia verbreitete entsprechend der Tradition von Hindmarsh und der Londoner Gesellschaft die neue Lehre schnell weit und breit in Neuengland, in den mittleren Staaten am Atlantik und in westlicher Richtung über die Appalachen. Die Gruppe in Philadelphia bildete eine heterogene Mischung aus Presbyterianern, Quäkern und Hugenotten. Als andere Gesellschaften sprossen, hatte jede ihren eigenen Charakter und Hintergrund. Einige Mitglieder brachten lutherische, presbyterianische oder römisch-katholische Einflüsse mit, andere waren vorwiegend baptistisch geprägt und wieder andere episkopal oder methodistisch. Weitere englische Vertreter der Neuen Kirche, sowohl von der separatistischen als auch der nicht-separatistischen Bewegung, kamen im amerikanischen Nordosten an und trugen zu weiteren neuen Versammlungen bei, allen voran in Boston und New York.149
Wie andere junge Bewegungen war auch die swedenborgianische eine eklektische Mischung unterschiedlichster Menschen. Einige bildeten parallele Überlegungen und Aktivitäten aus, andere bewegten sich in sehr verschiedene Richtungen. Das Sprichwort, dass ‚Swedenborg für viele Leute vieles bedeutete’, hat sich immer wieder und an vielen Orten als wahr erwiesen. Die Swedenborgianer in England waren komplexer als der bloße Gegensatz von Separatisten und Nicht-Separatisten. Obwohl die Fraktionen klein waren, verfügten sie doch schon bald über eigene Untergruppen. Während die Differenzen in Hindmarshs Londoner Gruppe überwunden wurden und sich ein fairer Umfang in Einheit ausbildete, entwickelten sich die Ideen der Gruppe in Manchester in sehr verschiedene Richtungen. Einige hielten sich ebenso eng an Swedenborgs Anschauungen, wie es die Londoner Gruppe tat. Andere versuchten sich im Magnetismus und anderen populären Methoden und mischten diese mit der Lehre Swedenborgs. Eine dieser Bewegungen spaltete sich ab, was 1791 zu einem Schisma führte. Diese radikale neue Bewegung entstand in Clowes’ Gesellschaft. Sie wurde von einem Vikar von Clowes geleitet, dem Reverend William Cowherd. Entgegen Clowes’ Bitten, doch innerhalb der bestehenden Kirche zu verbleiben, verließ Cowherd mit seinen Anhängern die Neue Kirche, um seine eigene Version des Swedenborgianismus zu fördern, die Vegetarismus, gänzliche Alkoholabstinenz und andere Ideen enthielt, die im Konflikt zu den Anschauungen Swedenborgs standen (Swedenborgs Schriften schreiben weder Vegetarismus noch Alkoholabstinenz vor). Diese Fraktion spaltete sich schließlich vom bestehenden Swedenborgianismus ab und wählte den Namen ‚Bibelchristen’ als Eigenbezeichnung. Wahrscheinlich bestand die häretischste Anschauung Cowherds aus der Sicht der Swedenborgianer in der Ansicht, dass die Bibel weitere verborgene Wahrheiten enthalte, die nicht von Swedenborg entdeckt worden seien, die Cowherd aber für die Bibelchristen erschloss und es ihnen so ermöglichte, eine neue Lehre zu entwickeln.150
Ebenso wirkte der Swedenborgianismus auf viele Menschen, die an keine bekannte swedenborgianische Gruppe gebunden waren. Dies geschah oft durch künstlerische und literarische Einflüsse. Solche freien Denker halfen dabei, Swedenborgs Lehren in unterschiedlicher Ausprägung zu verbreiten, wobei auch sie gelegentlich seine Ideen mit denen anderer vermischten. Als Beispiele aus England lassen sich etwa William Blake und Samuel Taylor Coleridge nennen. Sie lasen und erörterten Swedenborgs Bücher. Dabei reklamierten sie das Recht, mit einigen seiner Anschauungen nicht übereinzustimmen, aber sie bauten viele von Swedenborgs Konzepten und Paradigmen in ihr eigenes Denken, in ihr Werk und ihren eigenen Einfluss ein.151
Solche Muster eines swedenborgianischen Einflusses setzten sich fort und traten erneut auf, als Swedenborgs Anschauungen sich nach Nordamerika verbreiteten. Es bestand weiter eine institutionelle separatistische Neue Kirche, die aus Mitgliedern bestand, die Swedenborgs Ideen eng anhingen. Sie betrachteten diese als bedeutender als andere. Manche gingen gar davon aus, dass seine theologischen Werke das Alte und Neue Testament der Bibel erklärten und gleiche Autorität wie diese besäßen. Der nicht-separatistische Impuls bildete daneben weiterhin einen bedeutenden Einfluss der Ideen Swedenborgs innerhalb anderer kirchlicher Traditionen und Gemeinschaften und bei Geistlichen, insofern sie diese Konzepte in ihren eigenen Zusammenhängen annahmen und anpassten. Die Ausprägung hierbei unterschied sich zwischen Quäkern, kongregationalistischen und universalistischen Gruppen stark. Einige Quäker und universalistische Kirchen sind seit 1848 im Wesentlich swedenborgianisch geworden.152
Ebenso gab es außerhalb der kirchlichen Traditionen stehende Menschen, die begeisterte Swedenborgianer wurden, sowie andere freie Denker, welche die obigen Unterschiede verwischten und dennoch eine wichtige Rolle bei der Verbreitung von Swedenborgs Anschauungen spielten. Diese Strömungen lassen sich etwa durch die Klassifikation in Separatisten, Nicht-Separatisten und Kirchenungebundene einordnen.153
Der Begriff ‚swedenborgianisch’ kann problematisch sein. Genauso, wie Swedenborg für viele Menschen vieles sein konnte, umfasst auch der Begriff ‚swedenborgianisch’ viele recht verschiedene Bedeutungen und Bezüge. Einige Autoren benutzten den Begriff, um sich auf die Anhänger der formalen separatistischen Versammlungen der Neuen Kirche zu beziehen, mithin Mitglieder der organisierten und institutionalisierten Neuen Kirche. Andere wendeten den Begriff auf diejenigen an, die weiter in ihren kirchlichen Traditionen verblieben, dabei Swedenborgs Ideen studierten und sie verbreiteten, so wie die Nicht-Separatisten (in vielen Ländern).
Eine weitere Gruppe bildete diejenige, die Scott Trego Swank als ‚Freie Geister’ bezeichnete. Bei diesen Swedenborgianern handelte es ich um Menschen, die in Swedenborgs Schriften sehr belesen waren, oft selbst Wissenschaftler und Geistliche, und die in dem einen oder anderen Punkt mit der organisierten Neuen Kirche nicht übereinstimmten. Die Gründe schwankten zwischen Kritik an einer organisierten Priesterschaft und theologischen Gründen, insofern sie weitere Ideen aufgefasst und integriert hatten, die von außerhalb des Swedenborgianismus kamen, wie etwa vom Magnetismus. Im Allgemeinen waren swedenborgianische ‚Freie Geister’ gegen Gruppenbildung, aber obgleich ihrer antiinstitutionellen Einstellung doch auch mit der Neuen Kirche verbunden. Wie Swank notierte, war ein entscheidendes Thema der Freien Geister die Neigung zum Schreiben, Herausgeben und Veröffentlichen von Zeitschriften, Broschüren und Büchern. In den 1840ern bis 1860ern war diese Eigenschaft der Freien Geister am offensichtlichsten.154
Eine letzte Gruppe von Swedenborgianern setzte sich aus Begeisterten von Swedenborgs Anschauungen zusammen, die an überhaupt keiner kirchlichen Organisation teil hatten. Diese nicht-konfessionellen Menschen wurden vom Historiker Robert C. Fuller als ‚kirchenfern’ bezeichnet. Er verstand Kirchenferne in Nordamerika als solche Menschen, die sich selbst persönlich als stark spirituell einstuften, aber keiner besonderen kirchlichen Gruppe angehörten. Während des 19. Jahrhunderts gab es viele kirchenferne Swedenborgianer. Dabei handelte es sich naturgemäß um eine eklektische Gruppe, die Swedenborgs Ideen in unterschiedlichem Grade aufnahm und dabei zwischen gründlichem Studium und umfassender Anwendung einerseits, gelegentlichem oder sehr begrenztem Gebrauch einiger weniger Konzepte unter Ausschluss des Restes andererseits oszillierte. Viele vermischten Swedenborgs Überlegungen in hohem Maße mit anderen Ideen. Einige dieser Personen vertraten auch sehr bunte Konzepte und bezeichneten noch solche Ansichten als swedenborgianisch, die doch tatsächlich im Widerspruch zu Swedenborgs Lehren standen. Dennoch wurden sie in einigen Geschichtsbüchern unter dem Begriff ‚swedenborgianisch’ geführt.155
Aus historischer Sicht stellt sich die Situation noch um einiges verwirrender dar. Viele Personen aus diesen identifizierbaren swedenborgianischen Strömungen (Separatisten, Nicht-Separatisten, freie Geister und Kirchenferne) interagierten und beeinflussten sich wechselseitig ebenso, wie sie auf die allgemeine Öffentlichkeit einwirkten. Die Leser seien bei der Erforschung der Geschichte des Swedenborgianismus also gewarnt: Der Begriff ‚Swedenborgianer’ wird in sehr breitem Kontext verwendet und auf eine heterogene Mischung von Personen bezogen, die verschiedenste Anschauungen und Aktivitäten repräsentieren. Die Schriften Swedenborgs umfassten einen derart weiten Skopus von Ideen, darunter in den Bereichen Wissenschaft, Philosophie, Kosmologie und allen Aspekten der Religion, dass es durchaus nachvollziehbar ist, wieso sein Werk ‚vieles für viele Geister’ wurde. Nicht zuletzt im Nordamerika des 19. Jahrhunderts war das der Fall.156
Ein Beispiel für den Austausch zwischen verschiedenen Gruppen fällt etwa ins Philadelphia des Jahres 1817. Die Neue Kirche in Philadelphia folgte dem separatistischen Pfad, der von Hindmarsh und der Londoner Gesellschaft begründet worden war und stand über Jahrzehnte mit Hindmarsh in Kontakt. Diese Gruppe in Philadelphia war nicht besonders glücklich, als eine Gruppe von 41 Bibelchristen unter Führung von Reverend William Metcalf, dem Nachfolger von Reverend William Cowherd aus dem nahen Manchester eintraf. Diese liberale Gruppe überlebte und wuchs unabhängig von der eher konservativen Neuen Kirche in Philadelphia. Metcalf lehrte den spirituellen Wert des Vegetarismus und der Abstinenz und schrieb ausführlich darüber. Schließlich wurde er in der Mäßigungsbewegung aktiv und ein homöopathischer Arzt sowie Gründungspräsident der Nordamerikanischen Vegetarischen Gesellschaft. Die Bibelchristen waren stärker als die Mitglieder der Neuen Kirche sozial aktiv. Sie unterstützten aktiv die Abschaffung des Kriegs, der Todesstrafe und der Sklaverei.157
Die Neue Kirche begann in den kultivierten Städten des Ostens, wo sie vor allem Intellektuelle ansprach. Diese Gemeinschaften bestanden hauptsächlich aus berufsbezogenen Gruppen wie Geistlichen, Ärzten, Lehrern, Rechtsanwälten und Literaten. Swedenborgs philosophischer Ansatz, seine übergreifende Kosmologie, seine der Wissenschaft entnommenen Veranschaulichungen (insbesondere aus der Anatomie) sowie seine menschenfreundliche und rationale Theologie mit der Betonung des persönlichen geistigen Wachsens und sein Bruch mit der Orthodoxie der ‚alten’ christlichen Kirchen erschien diesen Menschen als der Beginn eines neuen und aufgeklärten Zeitalters. Zudem waren viele seiner Schriften in lateinischer Sprache verfügbar, die viele gebildete Menschen aus diesen Berufen ohne Weiteres lesen konnten.158
In den 1820ern bestanden mehrere bedeutende Zentren eines institutionellen Swedenborgianismus in Nordamerika, insbesondere in Baltimore, Boston, Philadelphia und New York. Es existierten aber auch Gruppen weiter im Westen, etwa in Cincinnati. Im folgenden Jahrzehnt sollte sich in Chicago ein starkes Aktivitätszentrum der Neuen Kirche entwickeln. Obgleich es stets starke Bemühungen gegeben hatte, Swedenborgs Schriften zu veröffentlichen und auf dem Wege des gedruckten Wortes zu verbreiten, kam es in den 1820ern zu einer besonderen Anstrengung, seine Lehren nach Westen zu verbreiten. Geistliche wurden zu diesem Zweck nach Ohio, Indiana, Illinois, Missouri, Tennessee, Kentucky und West Virginia entsandt. Sie hatten Erfolg und bald hielt eine ‚Westliche Gemeinschaft der Kirche des neuen Jerusalem’ regelmäßige Treffen ab, um Gesellschaften in diesen Staaten zu unterstützen. Im Zusammenhang mit dieser Bewegung nach Westen nahm die Neue Kirche einen stärker evangelikalen und emotionalen Ton an, doch sie gründete noch immer auf derselben Lehrbasis wie die intellektuellere Neue Kirche der Oststaaten. Die grundlegenden Lehren blieben gewahrt. Die Neue Kirche dieser Zeit hielt auch an ihrem Schwerpunkt, der Veröffentlichung von Swedenborgs Schriften, fest. In den 1820ern war De coelo et ejus mirabilibus ein amerikanischer Bestseller, der im Blick auf Popularität und Verkaufszahlen mit James Fenimore Cooper und Walter Scott konkurrierte.159
Es gab einen unabhängigen Missionar der Neuen Kirche, ohne den keine Erörterung der Ausbreitung der Neuen Kirche nach Westen auskommen kann: Johnny Appleseed. Johnny Appleseed wurde als Jonathan Chapman 1775 in Boston geboren. Er entschloss sich zu einem Leben als wandernder Saatguthändler und brachte Apfelbäume zu den Grenzen Ohios und weiter in den Westen. Seine Apfelsamen bekam er von den Apfelpressen im Westen Pennsylvanias und er pflanzte sie in fruchtbaren, umfriedeten Flecken in den Grenzgegenden an. Später brachte er die kleinen Pflanzen direkt zu den Farmen der Siedler, verkaufte sie an diejenigen, die bezahlen konnten, und verschenkte sie an diejenigen, die es nicht konnten. Überraschenderweise machte er gute Geschäfte und hatte stets Geld für diejenigen, die in Not waren. Ein weiteres Projekt bestand darin, Pferde zu retten, die ermüdet und von den Pionieren auf ihrem schwierigen Weg nach Westen zurückgelassen worden waren. Er sammelte die Pferde in Einpferchungen in der Nähe ärmerer Siedlungen und bezahlte die Siedler dafür, dass sie die Pferde während seiner Abwesenheit pflegten. Er reiste im Kanu und auf Pferden, doch meistens ging er zu Fuß, oft ohne Schuhe. Anstelle eines Hutes trug er eine Blechpfanne und er hatte immer eine Ledertasche voll Apfelsamen bei sich. Die Siedler waren sich nicht sicher, was sie mit diesem schrägen Vogel anfangen sollten, die Kinder liebten ihn und die amerikanischen Ureinwohner verehrten ihn als einen mächtigen Medizinmann. Er liebte alle lebendigen Geschöpfe und war strenger Vegetarier. Unter dem Namen Johnny Appleseed wurde er weithin bekannt.160
Johnny Appleseed transportierte aber auch Setzlinge anderer Art. Stets hatte er Abschnitte aus Swedenborgs Schriften bei sich, die er an Familien im Grenzland verteilte. Richter Young aus Greensburg versorgte ihn mit Büchern für seine Missionsarbeit. Chapman teilte die Bücher in Kapitel, die er zu Broschüren heftete. Er trug sie auf seinen Wegen durch die Wildnis in seiner Ledertasche zusammen mit Saatpflanzen, wie eine ‚menschliche zirkulierende Bibliothek’. Er hinterließ Kapitel bei verschiedenen Holzhäusern, wenn er unterwegs war. Bei der Rückkehr sammelte er sie wieder ein und die Zirkulation ging weiter. Es war zweifellos eine unorthodoxe Methode, Swedenborgs Ideen zu verbreiten, und es war auf diese Weise auch eher schwierig, ein Buch von Kapitel zu Kapitel zu lesen. Er predigte und sprach zudem abends am Lagerplatz zu faszinierten Gruppen. Viele Familien des Grenzlands kamen so durch Johnny Appleseed in Kontakt mit Swedenborgs Gedanken und später auch mit der organisierten Neuen Kirche, deren Mitglieder sie häufig wurden, sobald sie sich in der Gegend entfaltete. Nachdem Ohio besiedelt war, zog Appleseed weiter nach Indiana, stets an der Spitze der Siedler. Er mochte es, über Swedenborgs Ideen vor jedermann zu predigen: von amerikanischen Ureinwohnern bis zu protestantischen Predigern. Er setzte seine Wanderarbeit bis zu seinem Tod mit 72 Jahren fort.161
In den 1830ern und 1840ern waren in den größeren Städten und auch in vielen kleineren Städten Gemeinschaften der Neuen Kirche bereits fest etabliert. Obgleich keine großen Gruppen, zogen sie doch immer wieder gut ausgebildete Anhänger an, die Swedenborgs Schriften ihrerseits kraftvoll verbreiteten und englische Übersetzungen verfügbar machten. Die primären institutionellen Zentren lagen dabei in Boston, Philadelphia, New York, Chicago, Cincinnati und Detroit, dazu kamen weitere, kleinere Gemeinschaften, die über die Oststaaten und den Mittleren Westen verbreitet waren. Obgleich es auch im Südosten in vielen Gegenden ein stärkeres Interesse an Swedenborg gab, entstanden dort keine organisierten Versammlungen und Gemeinschaften der Neuen Kirche.162
Mitte der 1840 er bestanden etablierte Gemeinschaften der Neuen Kirche im Osten und im Mittleren Westen Nordamerikas. Obgleich sie nicht groß genug waren, um die größeren Gruppen zu bedrohen, wuchs die Neue Kirche während der ersten vier Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts. Sie zog eine Reihe begabter Führungspersonen an, Menschen mit Talent, Ausdauer und Mitteln. Eine ihrer Hauptaufgaben bestand in der Verbreitung der Schriften Emanuel Swedenborgs. Dieses Ziel erreichten sie und sie verteilten seine Schriften über das Land, veröffentlichten weit verbreitete, periodisch erscheinende Zeitschriften und beeinflussten dadurch auch viele Menschen weit außerhalb der eigenen Gemeinschaften.163