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6. PHRENOLOGIE
ОглавлениеDie Phrenologie war eine Bewegung, die in den 1820ern bis 1840ern über Nordamerika hinweg fegte und die Bühne für zukünftige Bewegungen bereitete, insbesondere für den Mesmerismus. Obgleich die Phrenologie selbst keine bedeutende Rolle im Swedenborgianismus und der Osteopathie spielte, so wirkte sie dennoch indirekt, indem sie einen Bruch mit der Vergangenheit und eine Plattform sowie ein Netzwerk für zukünftige Bewegungen bereitete, für den Mesmerismus, aber auch für das magnetische Heilen. Umgekehrt spielten der Mesmerismus und das magnetische Heilen insofern eine bedeutende Rolle, als sie mit swedenborgianischen Ideen kombiniert wurden und sich im Spiritismus, einer weiteren metaphysischen Bewegung, ausdrückten.
Die Theorie der Phrenologie wurde von dem deutschen Arzt, Franz Joseph Gall (1758 – 1818), entwickelt. Gall promovierte 1785 in Wien und unterhielt schon bald eine große und erfolgreiche Praxis. 1797 entwarf er eine Theorie zerebraler Lokalisationen und entwickelte ein Modell 37 unterschiedener Gehirnareale, die Charakter und Intellekt einer Person bestimmten. Sie trugen Bezeichnungen wie Wohlwollen, Verehrung, Selbstachtung und Idealität, Nervöses, Reizbares, Heiterkeit und Sprache. Gall fuhr fort, den Charakter eines Menschen methodisch zu analysieren, indem er die Schädelform in Bezug auf diese verschiedenen Bereiche betrachtete. Er lehrte zudem, dass die Fähigkeiten, die diesen Bereichen innewohnten, durch physische und mentale Übung, ferner durch Ernährung und Umgebung entwickelt und verbessert werden könnten.183
Gall verließ Wien 1802, nachdem die Regierung seine Ideen als umstürzlerisch verbot. Dabei wurde er von seinem Schüler und Kollegen Johann Gaspar Spurzheim (1776 – 1832) begleitet, der in den nächsten Jahren vortragend und lehrend durch Deutschland, die Schweiz und die Niederlande zog. Galls Ideen wurden sehr populär und 1807 ließen er und Spurzheim sich in Paris nieder. Dort veröffentlichte Gall zahlreiche Bände mit seinen Anschauungen. Beide führten anatomische Sektionen durch und erklärten ihre Sichtweise anderen Ärzten und Wissenschaftlern.
Der charismatische Spurzheim begann schließlich seine eigenen Schriften zu veröffentlichen und einige Konzepte Galls zu verändern, was zu Unstimmigkeiten zwischen den beiden Männern führte. Spurzheim prägte den Ausdruck ‚Phrenologie’ (Wissenschaft von den mentalen Zuständen), welchen der ihm methodisch vorangehende Gall ablehnte. Spurzheim beseitigte Galls Konzept der Gehirnbereiche, insoweit sie schlechte Funktionen beschrieben. Spurzheim war der Ansicht, dass die Menschen intrinsisch gut geschaffen seien und Böses sich ausschließlich durch Missbrauch der Fähigkeiten ergeben könne. Er sah die Vollendung der menschlichen Rasse durch die Anwendung der Wissenschaft der Phrenologie voraus, wobei er über Bildung, Strafsysteme und sogar Religion spekulierte. In dieser neuen Perspektive auf die Phrenologie konvergierten Wissenschaft und Religion und offenbarten die zugrunde liegenden Gesetze Gottes.184
Der umtriebige Spurzheim entwickelte missionarischen Eifer, um die frohe Botschaft der Phrenologie zu verbreiten. Er reiste nach Großbritannien und referierte 1814 – 1817 in England und Schottland, ehe er nach Paris zurückkehrte. Eines der bedeutendsten Ergebnisse war die Konversion eines jungen schottischen Anwalts mit Namen George Combe. Obgleich medizinisch ungebildet, warf Combe rasch seine calvinistische Erziehung ab und beschloss, sein Leben dem Studium und der Fortentwicklung der Phrenologie zu widmen. Er lernte Gehirne nach Spurzheims Anweisungen zu sezieren und gründete mit seinem Bruder Andrew eine begeisterte phrenologische Gemeinschaft in Edinburgh, die sehr erfolgreich war und über lange Zeit bestand. 1823 veröffentlichte diese Gruppe einen 500-seitigen Band und begann eine Zeitschrift zu phrenologischen Themen herauszugeben, welche 24 Jahre lang bestehen sollte. Die Schriften der Brüder Combe wirkten nachhaltig und beeinflussten sowohl medizinische als auch literarische Kreise. (Man kann sogar Spuren davon in den populären Schriften von Sir Arthur Conan Doyle und seinen Geschichten über Sherlock Holmes finden.) Spurzheim kehrte 1825 nach Großbritannien zurück und hielt Reden vor vollen Sälen. In den 1830ern existierten bereits zwölf phrenologische Gesellschaften und über 60 Veröffentlichungen zum Thema; eine der bekanntesten davon war The Constitution of Man aus dem Jahr 1828. Phrenologie wurde mehr als bloß eine medizinische Wissenschaft. Sie wurde zu einer Gesellschaftsphilosophie und eine populäre Bewegung.185
Die Phrenologie überquerte in den frühen 1820ern den Atlantik und schlug zunächst Wurzeln im medizinischen Berufsstand und in verschiedenen medizinischen Ausbildungsstätten, bevor sie in den gebildeten Klassen recht populär wurde. Die Werke der Combes verbreiteten sich ebenso schnell wie die ‚anspruchsvolleren’ Werke Galls und Spurzheims. Von engagierten Swedenborgianern in Boston aufs Neue publiziert, verbreitete sich insbesondere Combes The Constitution of Man sehr weit. Selbst Emerson schrieb eine wohlwollende Rezension über dieses führende phrenologische Buch.186 Obgleich sich die Phrenologie zunächst nur in den gebildeten medizinischen und wissenschaftlichen Kreisen Nordamerikas verbreitete, transformierte sie bald zu einer populären Bewegung. Das wurde auch während einer Reise Spurzheims 1832 nach Neuengland verkündet. Der mittlerweile sehr angesehene Spurzheim wurde zur Abschlussfeier nach Yale eingeladen und machte dort großen Eindruck. Er wurde rasch der Liebling vieler Professoren und bald war auch die medizinische Profession Neuenglands gleichermaßen beeindruckt von seinen Gehirnsektionen und den entsprechenden Konzepten. Spurzheim reiste weiter nach Boston, wo er wiederum engagiert dozierte. Im großen Freimaurertempel des Harvard College in Cambridge hielt er insgesamt 18 öffentliche Vorträge, worauf eine Vortragsreihe über Gehirnanatomie bei der Bostoner Medizinischen Gesellschaft folgen sollte. Unglücklicherweise forderte diese Arbeit ihren Tribut. Während seines letzten Vortrags fiel Spurzheim einem Fieber zum Opfer und starb im November des gleichen Jahres, keine drei Monate nach seiner Ankunft in Nordamerika. Sein Begräbnis wurde zu einem großen öffentlichen Ereignis, bei dem die Glocken der Stadt läuteten. 3.000 Bürger marschierten zum Old South Meeting House, darunter die gesamte Medizinische Gesellschaft Bostons. Spurzheims Persönlichkeit, die Vorträge und sein dramatischer Tod entfachten umso stärker das amerikanische Interesses für die Phrenologie, die sich weiter als populäre Bewegung verbreiten sollte.187
In den folgenden zwölf Jahren wurde George Combe als der bedeutendste Phrenologe der Welt bekannt. 1838 begab er sich auf eine 18-monatige Vortragstour durch Nordamerika und sprach vor großen Auditorien in den meisten Städten an der Ostküste. Combe wurde als legitimer Träger der Mission Spurzheims anerkannt. Er war ein ausgezeichneter öffentlicher Redner und „[…] bewegte sich [ebenso] mit Leichtigkeit und Anmut in der besten Gesellschaft.” So war er schon bald mit politischen und intellektuellen Führungspersönlichkeiten, Philosophen und Schriftstellern sowie mit dem medizinischen Establishment freundschaftlich bekannt. Seine große Zuhörerschaft war gebildet, zu ihr gehörte die intellektuelle Elite des Landes. Seine Reden umfassten 16 zweistündige Erörterungen zu Psychologie und Anatomie, wozu vieles in Zeitungen und Zeitschriften gedruckt wurde. Combe wurde auf seiner Vortragstour freundlich empfangen und so blühte die Phrenologie während dieser Zeit in Nordamerika auf und phrenologische Gesellschaften schossen im ganzen Land aus dem Boden.188
Die Phrenologie blieb aber nicht lange eine elitäre intellektuelle Bewegung. Ein Mann spielte bei ihrer Popularisierung eine bedeutendste Rolle: Orson Fowler. Fowler war 1833 Student der Lane Theological School in Massachusetts, als er sein Interesse an der Phrenologie entwickelte. Er begann über das Thema vorzutragen und bot seinen Studienkollegen Charakterbeurteilungen gegen Honorar. Er hielt weitere Reden in nahe gelegenen Städten und führte viele weitere Charakterbeurteilungen durch. Nach kurzer Überlegung entschloss sich Fowler, einen Wechsel des Berufsfeldes zu vollziehen, vom Geistlichen hin zum Phrenologen, und er überredete seinen Bruder Lorenzo Niles Fowler kurzerhand bei einer Vortragsreise im Nordosten mitzumachen. Damit brach er nicht nur mit der intellektuellen medizinischen Tradition von Gall, Spurzheim und Combe; es begann auch eine lebenslange Berufslaufbahn der Brüder Fowler, die sich durch Schreiben, Vorträge und honorierte Untersuchungen auszeichnete. Viele andere folgten ihrem Weg. Einige darunter waren gut ausgebildet, andere nicht und alle wurden sie Teil der Vortragsreisen –es war ein blühendes Geschäft. Der Historiker Davies beschreibt die Situation:189
„Während der 1830 er und 1840 er gab es wahrscheinlich kein Dorf im Land, das nicht mindestens einen Besuch eines wandernden praktischen Phrenologen erlebte. Es war eine ungewöhnliche Profession, die oft sehr lukrativ war. Sie war in Neuengland initiiert worden und wurde zuerst von Neuengländern dominiert. Mit anderen Worten: Es handelte sich um eine Kombination aus Yankee-Missionar und Yankee-Hausierer. Jedem, der es hören wollte, wurde anspornender Eifer präsentiert und ebenso nützliche Waren für alle, die kaufen wollten.” 190
Die populäre Bewegung der Phrenologie verlor viel von ihrer früheren wissenschaftlichen Konzentration und entwickelte sich bald zu einer erheblich schlichteren und unterhaltsamen Form populärer Vorträge über Phrenologie, mit Angeboten, die Köpfe von Freiwilligen aus dem Publikum einzuschätzen und ihren Charakter vorauszusagen und zu analysieren. Danach folgten einige Tage lang private Konsultationen gegen Honorar. Diese entwickelten sich bald zu einer Art von wissenschaftlichem Schicksalsgespräch.
Die Phrenologie-Vorträge der 1840 er durch die Brüder Fowler und die große Zahl derjenigen, die sich ihnen anschlossen, zogen ebenso große Zuhörerzahlen an, wie dies zuvor bei Spurzheim und Combe in den 1830ern der Fall gewesen war. Die spätere populäre Phrenologie-Bewegung erfasste Städte ebenso wie ländliche Gebiete und dehnte sich westwärts über das gesamte Land aus. Gleichwohl hatte sich der Charakter, wie bereits erwähnt, deutlich verändert: Sie war nun stark populistisch und unterhaltungsorientiert. Menschen aus allen Bildungs- und Gesellschaftsschichten nahmen daran teil, vom einfachen Landmann bis hin zum Städter, vom Professor bis zum Arbeiter, und so wurde die Phrenologie zu einem gängigen Verfahren in der amerikanischen Gesellschaft der 1840er. In jenen Zeiten war es en vogue, phrenologisch beurteilt zu werden.191
Zu jener Zeit spaltete sich die Phrenologie in zwei Richtungen: in die Wissenschaft und Philosophie von Gall und Spurzheim und in ihre praktische Anwendung bei den Charakterbeurteilungen Fowlers und anderer amerikanischer Phrenologen. Spurzheim hingegen hatte es abgelehnt, sich mit individueller Charakteranalyse zu befassen, ebenso Combe, der bestritt, etwas mit Fowler zu tun zu haben. Dennoch blühte der Fowler’sche Ansatz und wurde populärer als jener von Gall und Spurzheim. Um aber fair zu sein: Fowler schien wirklich zu glauben, dass sein praktischer Zugang die Popularität der Phrenologie befördere. Und diese wiederum würde das Fundament für eine dringend nötige Sozialreform legen, die ebenso nützlich wie lang andauernd sein würde. Unglücklicherweise – insofern die Bewegung ihren populistischen Weg für lange Zeit weiterging – nahmen die Differenzen unter den Praktikern zu. Deren mehr und mehr sinkende Qualität führte schließlich dazu, dass die Phrenologie als durchsetzt von Betrug und Täuschung wahrgenommen wurde.192
Orson und Lorenzo Fowler eröffneten 1835 ein Büro in New York City. Das Geschäft wuchs so schnell, dass sie ihre Schwester Charlotte hinzuholten, die später aus eigener Kraft ebenfalls zu einer sehr bekannten Phrenologin wurde. 1843 schloss sich ein Medizinstudent namens Samuel R. Wells dem Geschäft an, er heiratete im darauf folgenden Jahr Charlotte und wurde Geschäftspartner; der Geschäftsname wurde in Fowler & Wells geändert. Die Fowlers waren die ersten und blieben die führenden praktischen Phrenologen in Nordamerika. Ihr Geschäft blühte in den nächsten Jahrzehnten auf und avancierte zu einem Zentrum, was die Verbreitung und den Verkauf phrenologischer Materialien in den Vereinigten Staaten betraf: Bücher, Broschüren, Tabellen zur Aufzeichnung von Charakterbeurteilungen, Gipsköpfe berühmter Menschen, Skelette, Lehrhilfen aller Art – eigentlich alles, was ein Phrenologe zum Studium und zum Praktizieren seines Berufes gebrauchen konnte. Das Hauptbüro beheimatete ebenso ein berühmtes phrenologisches Kabinett, ein phrenologisches Museum, das Zehntausende von Besuchern aus New York und von anderswo anzog.193
1837 etablierten die Fowlers eine monatlich erscheinende Zeitschrift, das American Phrenological Journal. Obgleich die Veröffentlichung zunächst dem Modell der phrenologischen Zeitschriften in Edinburgh folgte, änderte sie bald ihre Richtung und konzentrierte sich auf Artikel, welche die Bedürfnisse der praktischen Phrenologen berücksichtigte. Wissenschaftliche Themen rückten gegenüber praktischen Untersuchungsmethoden in den Hintergrund. Das American Phrenological Journal wurde sehr erfolgreich und hatte 1847 eine Auflage von 20.000 Exemplaren, es war damit im Lande führend bei monatlichen Periodika. 1851 änderten Fowlers & Wells den Namen der Zeitschrift in American Phrenological Journal and Miscellany. Zur selben Zeit änderten sie auch das Format der Zeitschrift und brachten Artikel zu einer Vielzahl von Themen, die reformistische und aktuelle populäre Bewegungen ebenso wie die Phrenologie behandelten. Die Auflage stieg immer weiter und erreichte im folgenden Jahrzehnt den Spitzenwert von 50.000 Lesern monatlich.194
Obgleich die Theorie der Phrenologie auf einer materiellen Basis ruhte, prädestinierte dies nicht dazu, alles durch die Bestandteile des Gehirns zu offenbaren. Die Phrenologie lehrte darüber hinaus eine Form optimistischer Verhaltenspsychologie. Der phrenologischen Lehre zufolge vermochte ein Individuum seine Tugenden zu kultivieren und unerwünschte Tendenzen zu hemmen. Ebenso ließen sich diese durch die Lebensumstände eines Individuums beeinflussen. Auf diesen Ideen beruhte eine Sozialphilosophie, die insbesondere Reformer ansprach – auch wenn die Menschen eine Reihe ererbter individueller Tendenzen mit sich trügen, könnten diese verändert und verbessert werden. Die Phrenologie lehrte, dass der menschliche Verstand durch scheinbar alltägliche Sachverhalte wie körperliche Bewegung, angemessene Ernährung und Kleidung, gesunde Gewohnheiten und ein Leben an der frischen Luft beeinflusst werden könne. Die Phrenologie wurde zu einem Werkzeug, um Reformen zu befördern; dies galt allen voran für die Bereiche Bildung, Strafvollzug, Gesundheit, Literatur und Medizin.195
Die von der phrenologischen Bewegung geförderten Reformen waren sehr wirkungsreich, insbesondere im Bildungssektor. Die Phrenologie lehrte, dass Bildung von höchster Bedeutung sei, denn ein unerwünschter Bürger sei schlicht ein solcher, dessen mentale Organe nicht angemessen entwickelt worden seien. Vorsorge sei viel besser als Heilung. Und man nahm an, die beste Zeit, um diese Prinzipien anzuwenden, seien die prägenden Jahre des Schulbesuchs. Diese Anschauungen stimmten in wissenschaftlicher wie populärer Hinsicht mit der Phrenologie überein, und sie wurden von Spurzheim, Combe und Fowler unterstützt. Alle waren sie der Ansicht, der Verstand sei im Gehirn beheimatet. Und das Gehirn sei eng mit dem Rest des Körpers verbunden. Daher sei ein gesunder Körper integraler Bestandteil einer angemessenen mentalen Gesundheit. Folglich unterstützte die Phrenologie bildungsreformerische Vorschläge wie einen kürzeren Schultag, welcher durch mehr physische Bewegung und Spiel (insbesondere an der frischen Luft) angefüllt werden sollte, dazu wechselnde Themen, um Langeweile zu vermeiden. Anstelle von Abrichtung und strenger Konzentration auf ein Thema wie Latein sollten die Lehrer die Schüler mit Fragen und Antworten sowie weiteren Aktivitäten am Unterricht beteiligen, um weitere Funktionen des Gehirns zu verwenden, und dies immer im Zusammenhang mit Bewegung. Man ermutigte die Lehrer, die Stärken der Schüler zu berücksichtigen und ihr Selbstvertrauen zu stärken. Aufgabe sei es, die Schüler besser zu verstehen, nicht bloß Verhalten zu bestrafen, welches nicht genau zum Status quo passe. Diese Anschauungen unterschieden sich deutlich von der zeitgenössischen Bildung.196
Die Beschreibung weiterer Reformbereiche würde den Rahmen des vorliegenden Buches sprengen. Daher muss es genügen, darauf hinzuweisen, dass es eine ausgiebige Reformliteratur gab, insbesondere zu den Themen Bildung, Kleidung (etwa gegen zu enge Kleidung bei Frauen, welche die Atmung behinderte), Strafvollzug, Gesundheit, Pflege von Geisteskranken und Medizin. Das American Phrenological Journal der Fowlers unterstützte dabei viele dieser reformistischen Themen. Die Zeitschrift publizierte zudem Ideen anderer populärer Bewegungen und wurde dadurch zu einer Quelle für die Verbreitung neuer Konzepte, etwa für die Kombination von Phrenologie und Mesmerismus, die als Phrenomagnetismus bezeichnet wurde. Die Zeitschrift fuhr fort, das Werk anderer bedeutender Führer metaphysischer Bewegungen zu vermitteln, wie etwa das von Phineas Parkhurst Quimby (dem einflussreichen Vorläufer der Neugeist-Bewegung) oder jenes von Davis (dem offiziellen Philosophen des frühen Spiritismus).197
Die Phrenologie der 1830 er und 1840 er war eine Mischung aus Psychologie und Philosophie mit einem Spritzer Wissenschaft. Sie verortete den Menschen in der Wissenschaft und behauptete, dass mentale Phänomene objektiv studiert und durch natürliche Ursachen erklärt werden könnten – zugleich aber auch, dass der Mensch sich verbessern könne. Sie unterstützte eine Gesellschaftsphilosophie voller Reformideen. Zum Ende der 1850 er erlebte die Phrenologie jedoch ihren Niedergang, als andere Bewegungen populärer und von der nachfolgenden Generation aufgegriffen wurden. Gleichwohl entwickelte sie während der 1830 er und 1840 er ein großes Netzwerk von Vortragenden und Praktikern sowie einen erfolgreichen Verlag. All dies diente als Plattform, um neue Ideen auf denselben Kanälen zu verbreiten. Dies galt insbesondere für zwei weitere interessante Bewegungen: den Mesmerismus und den Magnetismus.198