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3. Geschützte Rechtsgüter
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Aus der Rechtsgutsbestimmung ergeben sich im Rahmen einer an der systemimmanenten Bedeutung des Rechtsgutsbegriffs orientierten teleologischen Auslegung Konsequenzen im Hinblick auf die aus verfassungsrechtlichen Gründen gebotene restriktive Auslegung einzelner Tatbestandsmerkmale.[413] Geschützte Rechtsgüter sind nach unumstrittener Ansicht zunächst Individualrechtsgüter des Opfers, nämlich Eigentum sowie das Vermögen auf der einen Seite und das Leben, die körperliche Unversehrtheit sowie die Willensentschließungsfreiheit auf der anderen Seite.[414]
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Streitig ist, ob auch die Kollektivrechtsgüter Sicherheit der anderen Verkehrsteilnehmer bzw. genauer die Funktionsfähigkeit des Straßenverkehrs geschützt sind.[415] Die h.M. bejaht dies zu Recht.[416] Dafür spricht die systematische Stellung bei den gemeingefährlichen Straftaten des 28. Abschnitts sowie der Wortlaut der Norm („die besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs ausnutzt“).[417] Außerdem sind die (sich auch in der systematischen Stellung des § 316a StGB niederschlagenden) Vorstellungen des historischen Gesetzgebers zu berücksichtigen, wonach § 316a StGB „auf der Nahtstelle zwischen den Vermögens- und den Verkehrsdelikten“ liege.[418] Zudem lässt sich die im Vergleich zu Vermögensdelikten sehr hohe Mindeststrafe bei gleichzeitiger Vorverlagerung der Strafbarkeit nur bei der – auch vom Gesetzgeber gewollten – Einbeziehung der Kollektivrechtsgüter legitimieren.[419] Eine Ansicht in der Literatur vertritt demgegenüber, dass ausschließlich der Schutz des Eigentums und des Vermögens intendiert sei.[420] Der Kraftverkehr werde lediglich reflexartig geschützt. Dafür spreche der Umstand, dass eine konkrete Gefährdung des Straßenverkehrs nicht notwendig sei. Allerdings zeigt das abstrakte Gefährdungsdelikt des § 316 StGB, dass es auf eine konkrete Gefährdung des Straßenverkehrs nicht ankommen kann. Diese auf Vermögens- und Eigentumsschutz beschränkte Ansicht führt zu einer Strafbarkeitsausweitung, etwa im Hinblick auf Angriffe gegenüber Personen, die sich im Fahrzeuginnern befinden, ohne dass sie ihr Fahrzeug bereits in Bewegung gesetzt haben.[421] Die besseren Gründe sprechen also dafür, mit der h.M. den Schutz des Straßenverkehrs als „tragenden Teil der Unrechtskonzeption“[422] anzusehen.