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cc) Besondere Verhältnisse des Straßenverkehrs
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Mit besonderen Verhältnissen des Straßenverkehrs sind verkehrsimmanente Gefahrenlagen gemeint, die für jeden Teilnehmer am Kraftfahrzeugverkehr typischerweise entstehen.[528] Diese opferbezogene Sichtweise liegt der Rspr. und wohl h.L.[529] zugrunde.[530] Der Führer muss also (in objektiver Hinsicht) im Zeitpunkt des Angriffs noch in einer Weise mit der Beherrschung seines Kraftfahrzeugs und/oder mit der Bewältigung von Verkehrsvorgängen beschäftigt sein, dass er gerade deshalb leichter zum Angriffsobjekt eines Überfalls werden kann.[531] Dies ergibt sich insbesondere aus der verkehrsbedingten Beanspruchung beim Führen eines Kraftfahrzeugs und die daraus resultierende Erschwerung der Gegenwehr.[532] Damit sind unstreitig Gefahren erfasst, die sich im fließenden Straßenverkehr ergeben können.[533] Hier liegt i.d.R. eine eingeschränkte Abwehrmöglichkeit beim Führer vor, weil er sich durch das Lenken des Fahrzeugs wegen der damit verbundenen Konzentration auf die Verkehrslage und die Fahrzeugbedienung auf den Verkehr konzentrieren muss.[534] Er gerät in ein Dilemma: Er kann sich des Angriffes erwehren und so den Verkehr gefährden oder den Angriff erdulden.[535] Einer besonderen Begründung durch den Tatrichter bedarf es deshalb in dieser Konstellation nicht.[536] Bei Mitfahrern (die i.d.R. nicht mit Verkehrsvorgängen beschäftigt sind) ist maßgeblich, ob diese aufgrund der spezifischen Verhältnisse des Straßenverkehrs in ihren Reaktionsmöglichkeiten (Flucht bzw. Gegenwehr) eingeschränkt sind.[537] So können die Abwehrmöglichkeiten insbesondere eingeschränkt sein, weil der Mitfahrer ein fahrendes Fahrzeug nicht ohne weiteres verlassen kann.[538]
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Auch bei einem verkehrsbedingten Halt (z.B. an einer roten Ampel) kann die Abwehrmöglichkeit des Tatopfers aufgrund der fortbestehenden oder bevorstehenden verkehrsspezifischen Beanspruchung bzw. der eingeschränkten Möglichkeit zur Gegenwehr noch eingeschränkt sein. Hier können nun Gesichtspunkte aufgegriffen werden, die die neuere Rspr. seit BGHSt 49, 8 teilweise bereits bei der restriktiven Interpretation des (vorgelagerten) Merkmals des Kraftfahrzeugführers berücksichtigt (Rn. 117): Da sich der Fahrer trotz des vorübergehenden Halts noch im fließenden Verkehr befindet und mit der Bewältigung von Verkehrsvorgängen befasst ist, liegen danach regelmäßig die besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs vor.[539]
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Doch auch bei einem nicht verkehrsbedingten Halt kann die Gegenwehr des angegriffenen Kraftfahrzeugführers erschwert sein.[540] Ein Beispiel wäre, dass der Fahrer bei Dauerbetrieb des Automatikantriebs den Fuß dauernd auf der Bremse hat.[541] In diesem Fall muss nach dem BGH der Motor des Kraftfahrzeugs noch laufen sowie weitere verkehrsspezifische Umstände vorliegen, die zu einer Beeinträchtigung der Abwehrmöglichkeiten des Tatopfers geführt haben.[542] Diese Voraussetzungen liegen etwa vor, wenn der Fahrer das Automatikgetriebe auf Dauerbetrieb belässt und mit dem Fuß auf der Bremse bleibt, um das Weiterrollen des Fahrzeugs zu verhindern.[543] Eine Erschwerung der Gegenwehr infolge der spezifischen Bedingungen des Straßenverkehrs ist z.B. dann nicht gegeben, wenn sich die Aufmerksamkeit nicht auf das Führen des Fahrzeugs, sondern auf andere Tätigkeiten (z.B. Kassieren des Fahrpreises durch den Taxifahrer,[544] Telefonieren) richtet.[545]
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Bei einem Angriff auf Mitfahrer ist ebenfalls zwischen dem fließenden Verkehr und der Haltephase zu differenzieren. Während im fließenden Verkehr wegen der Erschwerung von Gegenwehr und Flucht i.d.R. ein Ausnutzen gegeben ist, soll dies in den Haltephasen nur im Ausnahmefall vorliegen. Ein solcher Ausnahmefall kann dann bejaht werden, wenn der Mitfahrer verkehrsbedingt nicht fliehen kann, ohne sich spezifischen Gefahren des fließenden Straßenverkehrs auszusetzen;[546] etwa bei dem Halt auf einem Seitenstreifen bei starkem Verkehr.
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Kein Ausnutzen der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs liegt vor, wenn die Abwehrmöglichkeiten des Führers oder Mitfahrers nur durch die „Enge des Fahrzeuges“ und nicht auch aufgrund einer verkehrsbedingten Beanspruchung oder aufgrund sonstiger verkehrsspezifischer Umstände eingeschränkt sind.[547] Entgegen der früheren Rspr.[548] reicht für ein Ausnutzen der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs die Tatsache allein nicht aus, dass das Opfer mit Gewalt bzw. Drohung oder einer List (die als solche nicht das Verüben eines Angriffs darstellt; Rn. 111 ff.) an einen abgelegenen Ort lockt und angreift, sodass fremde Hilfe nicht erreichbar ist (sog. Vereinzelungsfälle).[549] Die Vereinzelung wird mit Hilfe des Kraftfahrzeugs als Transportmittel nur ermöglicht, stellt aber kein Spezifikum der Teilnahme am Straßenverkehr dar.[550] Erforderlich ist zudem, dass das Fahrzeug als Verkehrsmittel dient, nicht als Fluchtmittel[551] oder Gegenstand des Raubes[552] selbst.
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Fraglich ist, ob und inwieweit noch weitere Restriktionen, auch im Hinblick auf den Bestimmtheitsgrundsatz nach Art. 103 Abs. 2 GG erforderlich sind.[553] Hier werden unterschiedliche Lösungsansätze vertreten. Beyer[554] beschränkt § 316a StGB auf von außen kommende Angriffe, was z.B. Angriffe auf Taxifahrer durch Fahrgäste schutzlos stellen würde.[555] Eine andere Restriktionsmöglichkeit besteht darin, den Verkehrsschutzaspekt des § 316a StGB stärker zu betonen. Nach Duttge/Nolden sollen nur Angriffe im fließenden Straßenverkehr relevant sein, bei denen der Täter die Bewegungsvorgänge eines Fahrzeugs ausnutzt und infolgedessen genuin straßenverkehrsbedingte (Unfall-)Gefahren für die Allgemeinheit (sic!) schafft.[556] Es wird kritisiert, der BGH stelle lediglich auf die erhöhte Gefährdung des Führers bzw. Mitfahrers, nicht aber auf die spezifische Gefährdung des Verkehrs ab.[557] Danach erfasse § 316a StGB nur Angriffe im fließenden, nicht aber im ruhenden Verkehr. Baur[558] lässt hingegen auch eine Unfallgefahr für den Fahrzeugführer ausreichen, da auch dieser Teil der zu schützenden Allgemeinheit der Straßenverkehrsteilnehmer sei. Für ihn handelt es sich bei § 316a StGB um ein gemeingefährliches Delikt in Gestalt eines abstrakten Gefährdungsdelikts.[559] Die stets erforderliche Gemeingefahr sei bei Angriffen im fließenden Verkehr zu vermuten, im Übrigen zwar nicht von vornherein ausgeschlossen, aber sorgfältig zu prüfen.[560] Auch Sowada[561] weist auf die doppelte Schutzrichtung des § 316a StGB hin. Aus § 316a StGB seien alle Tatverläufe auszuscheiden, mit denen typischerweise keine nennenswerte Erhöhung von Unfallgefahren einhergeht. Die erforderliche „Verkehrstypizität“ fehle regelmäßig bei abgestelltem Motor, unabhängig davon, ob dieser aus verkehrsbedingten oder aus anderen Gründen abgestellt wurde.[562]
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Diese rechtsgutsbezogene Interpretation ist grundsätzlich zu begrüßen. Die eher „rauborientierte Norminterpretation“[563] des BGH und von einem Teil der Literatur erfasst nur einen Aspekt des Unrechts des § 316a StGB, der aber mehrere Rechtsgüter schützen will (Rn. 99 f.). Danach ist stets zumindest eine abstrakte Gefahr für den Straßenverkehr erforderlich. Eine Beschränkung auf Außenangriffe geht indes zu weit, da auch bei einer Bedrohung des Tatopfers durch einen Mitfahrer erhebliche Unfallgefahren bestehen können.[564] Eine spezifische Gefährdung des Straßenverkehrs liegt regelmäßig vor bei einem Angriff auf den Führer im fließenden Verkehr. Hier wird der Kraftfahrzeugführer in eine dilemmatische Situation gebracht, in der er sich des Angriffes erwehren und so den Verkehr gefährden oder den Angriff über sich ergehen lassen kann.[565] Die abstrakte Gefahr ergibt sich daraus, dass unklar ist, wie sich der Kraftfahrzeugführer entscheidet.[566] In der Haltephase ist hingegen eine genauere Prüfung erforderlich. Die pauschale Unterscheidung des BGH zwischen einem verkehrsbedingten und einem nicht verkehrsbedingten Halt überzeugt jedoch nicht, da der Grund für das Halten grundsätzlich ohne Bedeutung für die Unfallgefahren ist.[567] Er kann allenfalls ein Indiz sein. Dasselbe gilt für die Differenzierung danach, ob der Motor läuft oder nicht.[568] Das Ausschalten des Motors z.B. vor einer Ampel oder im Stau etwa aus Umweltschutzgründen schließt eine Beanspruchung des Kraftfahrzeugführers durch die Vorbereitung auf die Fortsetzung der Fahrt nicht aus.[569] Da zunehmend automatische Motorabschaltmechanismen (sog. Start-Stopp-Systeme) verwendet werden, würde die Strafbarkeit ansonsten außerdem häufig von rein technischen Zufälligkeiten abhängen. Selbst bei einem nicht verkehrsbedingten Halt können in Ausnahmefällen auch bei einem ausgeschalteten Motor Unfallgefahren entstehen, z.B. wenn sich das Fahrzeug während der heftigen Gegenwehr seines angegriffenen Führers plötzlich in Bewegung setzt, etwa weil die Handbremse am Berg nicht angezogen wurde.[570] Insofern ist aber eine genaue Prüfung der verkehrsspezifischen Gefahren im Einzelfall erforderlich. Ein Angriff auf Privatparkplätzen oder -straßen dürfte schon dem Wortlaut nach ausscheiden, da mit Straßenverkehr der öffentlich-rechtliche Straßenverkehr gemeint ist (Rn. 123).