Читать книгу Jenseits der Unschuld - Desirée Scholten - Страница 8

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Kapitel 4

Ärgerlich blickte Cathrynn den ungepflegten Mann an, als er sich endlich blicken ließ. Heute hatte er sich verdammt viel Zeit gelassen, bis er aufgetaucht war. »Zwanzig Minuten sind keine Dreiviertelstunde, Arschloch«, begrüßte sie den Ahnen trocken.

»Sei froh, dass ich überhaupt gekommen bin, Schlampe.«

Cathrynn lachte rau, als sie ihre Zigarette austrat und sich von der Hauswand, an der sie bis gerade gelehnt hatte, abstieß. »Selbst ein Idiot, wie du, beißt nicht die Hand, die ihn füttert«, betonte sie, als sie auf ihn zutrat. Sie wussten beide, dass seine Worte nichts als eine Pose waren. Bart Winfield war ein Feigling, der es niemals auf eine Konfrontation mit ihr hätte ankommen lassen.

»Was willst du von mir, Rayven?«, knurrte Winfield. Seine gelben Augen schweiften beim Sprechen rastlos durch die Gasse.

»Ich will wissen, was bei euch los ist.«

»Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst.«

»Ich spreche davon, dass ihr für meinen Geschmack in letzter Zeit ein bisschen zu unauffällig seid«, erklärte sie ihm nonchalant. Wieder kam sie nicht umhin, seinen gehetzten Blick zu bemerken. »Also, Bart: Was spielt ihr gerade für ein Spiel? Dass ihr Hurensöhne plötzlich ehrbare Bürger geworden seid, glaube ich euch nämlich nicht.«

Der Ahn schluckte. Wieder schweifte sein Blick.

»Erwartest du noch jemanden oder ist das dein neuer Tick?«, knurrte Cathrynn. Langsam begann sich Winfields Unruhe, auf sie zu übertragen, als sie sich unwillkürlich fragte, ob er so lange gebraucht hatte, um sich hier einzufinden, weil er ihr eine Falle gestellt hatte.

»Wenn die rauskriegen, dass ich mich mit dir treffe, bin ich tot«, flüsterte er angespannt.

Cathrynn begann bei seiner Eröffnung zu lachen, als sie seinen Blick suchten. »Sei unbesorgt, ich werde dir mit Sicherheit keine Träne nachweinen.« Ihre Züge wurden sofort wieder hart, als sie den Ahnen lauernd taxierte. »Aber vorher darfst du mir noch erzählen, wer ‚Die‘ sind, ansonsten habe ich dich schneller umgebracht.«

»Es gibt ein paar neue Spieler auf dem Plan«, murmelte Winfield ausweichend. »Die Kerle verstehen keinen Spaß.«

Cathrynn verdrehte die Augen. Etwas in dieser Art hatte sie bereits befürchtet. Die plötzliche Ruhe innerhalb der Sieben Ahnen deutete in der Tat auf einen Machtwechsel hin. »Erzähl mir was über die Kerle.«

Nackte Panik huschte über die Züge des Ahnen, als er kopfschüttelnd vor ihr zurückwich. »Ich kann nicht!«

Cathrynn grinste ihn kalt an. »Bart, mein Kleiner, du solltest dir darüber im Klaren sein, dass du nur aus einem Grund nicht zum Abschuss freigegeben bist und der ist, dass du uns mit nützlichen Informationen versorgst«, erinnerte die schwarzhaarige Hunterin ihn ausnehmend freundlich.

»Dann bring mich um. Ich werde dir nichts sagen.«

»Wer spricht hier von umbringen?«, konterte Cathrynn mit einem süffisanten Lächeln. »Ich dachte viel mehr daran, dass Nathan sich mit dir über die neue Führung unterhält.«

»Das, was Gregory mit mir anstellen könnte, ist sicherlich nichts gegen das, was mich erwartet, wenn ich dir etwas erzähle«, beharrte Winfield.

Cathrynn stieß einen stummen Fluch aus. Eine Begegnung mit Nathan hatte bis heute immer als Druckmittel gezogen. Der ungepflegte Ahn musste wirkliche Todesangst vor diesen neuen Männern haben. Der Gedanke beunruhigte sie noch mehr. »Sage mir, was du weißt und ich spreche mit Frank darüber, wie wir dich vor den Pissern beschützen können«, bot Cathrynn ihm seufzend an. Vermutlich musste sie ihre Strategie ändern und beginnen, Zugeständnisse zu machen, wenn sie etwas Brauchbares aus Winfield herausbekommen wollte. Ihre Gedanken glitten kurz zu Nathan, als sie sich fragte, wie er reagieren würde, wenn der Ahn wirklich einschlug.

»Keiner kann mich schützen! Kapierst du das nicht?«, hielt er dagegen, bevor ein hartes Lachen seiner Kehle entstieg. »Ich habe gesehen, was sie nur mit Querulanten anstellen«, murmelte er. »Was glaubst du wohl, wie es da einem Verräter ergehen wird?«

Cathrynn blickte ihn interessiert an. Konnte es möglich sein, dass die neue Führung bereits, innerhalb der Sieben Ahnen selbst, aufzuräumen begann, fragte sie sich.

»Die haben Walter dafür getötet, dass er ihnen offen widersprochen hat.«

Die Hunterin stieß ein ungläubiges Lachen aus, als sie diese Information aufnahm. Dass Walter Mayfield, der Ahn, den sie heute Abend versucht hatten, hochzunehmen, bereits tot war, erklärte, warum sie nur Laufburschen erwischt hatten. Wahrscheinlich, spann sie den Gedanken weiter, als sie sich erinnerte, dass die Information über seinen Aufenthaltsort aus heiterem Himmel reingekommen war, hatte die neuen Bosse sich der Einheit bedient, um für sie die Drecksarbeit zu machen. Cathrynn öffnete automatisch den Mund, um einen weiteren Überredungsversuch zu starten.

»Besonders ihr könnt mich nicht schützen«, fuhr Winfield ihr mit einem Knurren über den Mund. Ein unangenehmes Ziehen meldete sich in ihrem Magen, als sie seine Worte hörte. Er bestätigte damit ihre Theorie, dass die Hunter heute Abend bewusst benutzt worden waren, um Mayfields Leute hochzunehmen. »Was glaubst du denn, was los sein wird, wenn sich die Aufregung bei uns erst einmal gelegt hat?«, rief Winfield in ihre Gedanken hinein. »Wer, glaubst du, steht wohl ganz oben auf der Prioritätenliste, wenn nicht deine beschissene Einheit?« Er wandte sich mit einem langen Blick zu ihr, zum Gehen. Cathrynn fasste ihn an der Schulter. »Verdammt, Rayven!«, fuhr er sie harsch an. »Tu dir selbst einen Gefallen und halte dich bedeckt. Du stehst ganz oben auf der Abschussliste.«

Cathrynn erschrak über diese Eröffnung, während sie sich im selben Atemzug dafür zurechtwies. Warum, fragte sie sich amüsiert, sollte ausgerechnet sie, soviel Aufmerksamkeit verdienen. Es gab wichtigere Primärziele innerhalb der Hunter – Frank, Nathan, Smith und Montgomery zum Beispiel. Gemessen an diesen Männern war sie ein ganz kleines Licht. »Du weißt, dass ich mich nicht heraushalten werde.«

Der Ahn musterte sie von oben bis unten. »Ich kann dir versprechen, dass ich dir ebenfalls keine Träne nachweinen werde«, wiederholte er die Worte, die sie ihm etwas früher entgegengespien hatte, dann flüchtete er aus der Gasse, ohne dass sie ihn noch einmal hätte aufhalten können.

Mit einem tiefen Seufzen blickte sie ihm nach, während sie sich gegen eine Verfolgung entschied, um die Informationen, die er möglicherweise hatte, gewaltsam aus ihm herauszuholen. Nach diesen spärlich gesäten Informationen und der nicht besonders subtilen Andeutung, dass sie selbst vermutlich auf irgendeiner ominösen Abschussliste stand, brauchte sie zuerst einmal einen Drink. Gegen ihren Willen war sie mit einem Mal erstaunlich beunruhigt über die Botschaft, wenngleich es zum Arbeitsalltag der Hunter gehörte, sich im Fadenkreuz irgendwelcher gedungenen Mörder zu befinden. Solange die Hunter existierten, solange hatte es Attentate auf einzelne Mitglieder der Spezialeinheit gegeben. Manche waren glimpflich ausgegangen, andere tödlich. Das waren die Risiken, des von ihr gewählten Weges, das hatte sie gewusst, als sie der Einheit beigetreten war. Die Möglichkeit, dass ihr ein Attentäter auf den Fersen war, war es nicht, die sie hier vordergründig beunruhigt, stellte sie erstaunt fest. Es war viel mehr die Aussicht darauf, einen möglicherweise offenen Krieg gegen einen unbekannten Gegner, führen zu müssen.

Winfields beschissene Andeutungen hatten sie gegen ihren Willen zutiefst verstört, stellte sie fest, wenngleich sie sich noch nicht ganz sicher war, ob sie seine Worte für bare Münze nehmen konnte oder nicht. Wenn er allerdings die Wahrheit gesagt hatte, dann wäre das, gelinde gesprochen, eine Katastrophe, besonders in Anbetracht ihrer massiven Unterbesetzung. Die Hunter konnten jetzt gerade keine Überraschungen gebrauchen und einen Gegner, den sie nicht einschätzen konnten, noch weniger.

Frustriert blickte Cathrynn auf die Uhr. Ihre Kollegen würden sicherlich schon auf sie warten, doch bevor sie endlich zu ihnen stoßen konnte, um sich bis zum Anschlag volllaufen zulassen, hatte sie noch etwas zu erledigen. Auch wenn sie wusste, dass die Männer, besonders Beckett und Montgomery, sauer werden würden, wenn sie sich nicht langsam blicken ließe, hatte das jetzt eindeutig Priorität. Die Hunterin griff zu ihrem Handy und wählte eine Nummer. Sie wartete nur kurz, als bereits nach dem zweiten Klingeln abgehoben wurde. »Was ist los, Cat?«, meldete Frank sich knapp.

»Ich bin in zehn Minuten bei dir, wir müssen reden«, informierte sie ihn, bevor sie die Verbindung grußlos unterbrach und sich auf den Weg zu ihrem Firebird machte. Sie verspürte kein großes Verlangen, sich heute Abend noch mit Frank auseinanderzusetzen, aber die Umstände ließen ihr keine andere Wahl, als ihren Vorgesetzten umgehend über dieses beunruhigende Gespräch mit Winfield in Kenntnis zu setzen.

*

Mit wachsendem Interesse beobachtete Jason, wie Bart Winfield sich schnell von der unbekannten Schwarzhaarigen entfernte, nachdem er ein, soweit er es von seiner Position aus beurteilen konnte, durchaus unerfreuliches Gespräch mit ihr geführt hatte. Was hat das zu bedeuten, fragte er sich verwundert und, viel wichtiger: Wer war diese schwarzhaarige Frau?

Er warf einen weiteren Blick in die Gasse, bevor er sich langsam in Bewegung setzte, als der ungepflegte Ahn, dem er schon den ganzen Abend gefolgt war, sich weiter vom Treffpunkt entfernte. Er musste jetzt hinter ihm her, wenn er ihn nicht verlieren wollte.

Sein Blick schweifte ein letztes Mal in die Gasse. Er blieb erstaunt stehen, als er sah, dass die Schwarzhaarige ein Handy an ihr Ohr führte und kurz mit jemandem sprach. Adrenalin begann durch seine Adern zu pumpen, als ihm bewusst wurde, wem er hier folgen musste, wenn er in Erfahrung bringen wollte, was dieses abendliche Treffen zu bedeuten hatte. Sein eingangs getätigter Verdacht, dass diese Frau keine weitere Nutte war, verfestigte sich noch mehr.

Sie setzte sich in Bewegung und er folgte ihr mit den Augen, als sie zu einem schwarzen Firebird ging.

Jason stieß einen anerkennenden Pfiff aus, als er, selbst von seinem Beobachtungsposten aus, den tadellosen Zustand des Schlachtschiffs auf vier Rädern sah. Offensichtlich hatte diese Frau ein Auge für zeitlose Klassiker. Er selbst war ebenfalls ein Fan alter Autos.

Er hörte den Motor schnurren und sofort schallten harte Gitarrenklänge durch die laue Nacht. Er lauscht kurz, als er zu seinem 65er Ford Mustang schlich, dann begann er zu lachen, als er den Black Sabbath-Song erkannte.

Spätestens jetzt bestand für ihn kein Zweifel mehr daran, dass er die richtige Entscheidung getroffen hatte, als er beschlossen hatte, der Unbekannten zu folgen. Selbst, wenn dieses Treffen mit Winfield bedeutungslos sein sollte, was er nicht glaubte, musste er herausfinden, wer diese Frau war und sie dann definitiv kennenlernen.

Vorsichtig folgte er ihr in einiger Entfernung durch die spärlich befahrenen Straßen von Los Angeles, während er sich erlaubte seine Gedanken, inspiriert durch die Klänge von Type-O-Negative, umherschweifen zu lassen.

Kurz dachte er an den zurückliegenden Abend und seine Observation Winfields. Er hatte fast drei Stunden auf der Lauer vor Winfields Wohnung gelegen, in der Hoffnung, irgendetwas herauszufinden, das ihn weiterbringen würde.

Seit er vor wenigen Tagen aus der Forschungseinrichtung in Frankreich nach Los Angeles beordert worden war, um McConaghey als King of Spades zu ersetzen, hatte er sich in einem Zustand fortdauernder Anspannung befunden, als er sich wieder lebhaft all der Gründe entsann, die ihn dazu bewogen hatten, die Vereinigten Staaten zu verlassen. Die Nähe zu seiner Familie und die an jeder Ecke lauernden Erinnerungen an das Leben, dass er früher, vor einer Ewigkeit, wie ihm schien, geführt hatte, zermürbten ihn bereits nach vier Tagen. Die Zusammenarbeit mit McConaghey tat dabei ihr Übriges.

Mit einem ärgerlichen Knurren versuchte er, die aufkommenden Gedanken an McConaghey zu verscheuchen, doch es wollte ihm nicht gelingen. Er hatte schon bei ihrer ersten kurzen Begegnung, direkt nach seiner Ankunft, das dumpfe Gefühl nicht verhehlen können, dass es durchaus unangenehm zwischen ihnen beiden werden könnte. Schon in der Vergangenheit, als sie zusammen bei den Huntern gedient hatten, war es einige Male eskaliert. Nur der tiefe Respekt, den Jason, so lange er denken konnte, für Frank Jackson empfunden hatte und die überaus deutliche Drohung Montgomerys, dass er ihn unangespitzt in den Boden rammen würde, sollte nicht endlich Frieden einkehren, hatten ihn dazu bewogen, sich leidlich mit dem schwarzhaarigen Hünen zu arrangieren.

Dieses Mal waren weder Frank, noch Montgomery da, um den überfälligen Eklat zu verhindern, wenngleich Jason, im Rückblick, noch immer erstaunt darüber war, dass er seine Abneigung über die Jahre, die McConaghey und er sich nicht begegnet waren, derart kultiviert hatte. Es hatte eines kurzen Blickes auf den anderen Agenten bedurft und all die Verachtung war wieder so präsent, wie am ersten Tag gewesen. Das Feuer in McConagheys fast schwarzen Augen hatte ihm bei ihrem ersten Aufeinandertreffen versichert, dass seine Gefühle entschieden auf Gegenseitigkeit beruhten und die Vermutung war laut geworden, dass es nur eine Frage der Zeit sein konnte, bis einer von ihnen auf der Strecke bleiben würde.

Sein Eindruck hatte sich bereits an seinem zweiten Tag in der Genesis-Einrichtung hier in Los Angeles bestätigt, als er, mehr durch Zufall, die beiden Männer bemerkt hatte, die ihn verfolgten. Er hatte sie erst einmal gewähren lassen, bis heute Abend. Jason grinste in sich hinein, als er sich fragte, ob die beiden Knallerbsen inzwischen schon bemerkt hatten, dass er sich abgesetzt hatte oder ob sie noch immer in dem Buick gegenüber seiner Wohnung saßen und auf seine dunkle Fensterfront starrten.

Der Firebird vor ihm bog überraschend ab und Jason runzelte die Stirn, als die Frau, die er verfolgte, das Stadtzentrum verließ und auf einen, ihm bekannten Vorort zuhielt, dann glitten seine Gedanken wieder zu seiner Arbeit für Genesis. Die Observation einzelner Ahnen war sicherlich nicht Teil seiner Aufgabe als Auftragskiller, aber er war einfach neugierig gewesen, als er die kursierenden Gerüchte aufgeschnappt hatte, dass einer unter den Sieben Ahnen die Hunter mit internen Informationen versorgte. Er hatte, gelinde gesprochen, ins Blaue geschossen, als er heute Abend spontan beschlossen hatte, Bart Winfield zu verfolgen. Der rückgratlose Ahn war, seines Erachtens, die einzige logische Wahl, die die Hunter hätten treffen können, gewesen. Wenngleich es ihm noch immer Schwierigkeiten bereitete, zu glauben, dass Frank wirklich einen Handel mit Winfield in Erwägung gezogen hätte, nachdem dieser Nathans schwangere Frau umgebracht hatte. Dennoch hatte er seiner Intuition vertraut, als er zu dem Schluss gekommen war, dass er selbst ausschließlich Winfield einen Handel angeboten hätte und er hatte richtig gelegen.

Wieder bog der Firebird ab und fuhr in eine ihm gut bekannte Seitenstraße.

Jason runzelte die Stirn, als das schwarze Schlachtschiff darüber hinaus vor einem, ihm noch besser bekannten, Haus zum Halten kam. Sein Herz setzte fast aus, als er begriff, dass er gerade den Jackpot gewonnen hatte, als die schwarzhaarige Frau ausstieg und auf die Haustür zutrat. Dann begriff er etwas ganz anderes und stieß fassungslos die Luft aus, als ihm schlagartig klar wurde, wer die Frau war, der er soeben gefolgt war.

Katie Jackson. Er schüttelte den Kopf, als er sich im Geist korrigierte.

Cathrynn Rayven. Sie hatte, aus für ihn nicht nachvollziehbaren Gründen, Celines Mädchennamen angenommen und er hatte in den letzten beiden Jahren oft von ihr gehört. Interessiert hatte er die Berichte über die Hetzjagd verfolgt, die die Geheimdienste auf sie veranstaltet hatten, als Joe Gonzales dafür Sorge getragen hatte, dass sie ins Fadenkreuz geriet. Sie hatte eine ganze Nation in Angst und Schrecken versetzt, als sie eine nicht zu verachtende Blutspur hinter sich durchs Land gezogen hatte, um ihre Unschuld zu beweisen und dabei einige der mächtigsten Männer der Vereinigten Staaten das Fürchten gelehrt hatte, als sie fast eines der Schwarzen Projekte hatte auffliegen lassen. Weiter erinnerte er sich daran, in einem Gespräch mit Edward Koczinski, dessen rechte Hand er in Frankreich gewesen war, aufgeschnappt zu haben, dass Genesis die schwarzhaarige Hunterin zu rekrutieren gedachte, doch offensichtlich hatte Gonzales bei der Ausführung dieser Pläne versagt und war schließlich durch ihre Hand gestorben.

Er fuhr überrascht zusammen, als auf der anderen Straßenseite ein Verandalicht aufflammte und blickte kurz hinüber. Frank hatte ihr die Tür geöffnet und sie trat ein.

Andere Erinnerungen drängten in Jasons Geist, als er an die letzte Begegnung mit ihr dachte. Sie war gerade fünf Jahre alt gewesen und er fast elf. Er musste kurz grinsen, als er an das kleine Mädchen dachte, das sie damals gewesen war, und daran, dass er, so uncool das sicherlich für einen fast Elfjährigen gewesen sein mochte, schon damals einen Narren an ihr gefressen hatte. Er hatte sich jederzeit mit Freuden dazu bereit erklärt, auf die Tochter seiner Nachbarn aufzupassen und er war dementsprechend eine Weile untröstlich darüber gewesen, dass sie und ihre Familie überraschend aus Virginia weggezogen waren.

Jason erschrak, als sich das Kribbeln in seinem Nacken meldete und ihm versicherte, dass Gefahr drohte. Er blickte kurz zu Franks Haus hinüber und fuhr zusammen, als er sah, dass sich eine der Gardinen gerade ganz leicht bewegt hatte.

Schnell startete er den Motor seines Mustangs und lenkte den Wagen zurück auf die Straße, um, so schnell er konnte, das Weite zu suchen. Frank durfte ihn auf keinen Fall erkennen, dann wäre alles, was er bis jetzt getan hatte, umsonst gewesen und er hätte die von ihm geforderten Opfer der letzten zehn Jahre, vollkommen umsonst erbracht.

Mit einem Anflug von Bedauern dachte er noch einmal an Cathrynn, als ihm bewusst wurde, dass er in diesem Moment bereitwillig seine Seele dafür verkauft hätte, herauszufinden, wie es ihr ergangen und zu was für einem Menschen sie geworden war.

Während er den Mustang zurück in Richtung Stadtzentrum lenkte, griff er zu seinem Handy und wählte aus dem Kopf eine Nummer. Es klingelte fünfmal, bis am anderen Ende abgehoben wurde. »Hill?«, meldete sich eine emotionslose Stimme knapp und Jason verdrehte die Augen. Auch nach all den Jahren, die er nun mit diesem Mann zusammenarbeitete, nervte ihn seine kurzangebundene, humorlose Art.

»Marcus, ich brauche, so schnell wie möglich, alle Informationen, die wir über Cathrynn Rayven zur Verfügung haben«, erklärte er dem Mann am anderen Ende der Leitung. »Ich befürchte, wir werden es hier mit ihr zu tun bekommen.« Er war nicht glücklich darüber, diese Meldung machen zu müssen, er konnte sich lebhaft vorstellen, was er damit ins Rollen brachte, dennoch er musste, ob er wollte oder nicht, den Verdacht weitergeben, dass sie möglicherweise Probleme machen würde.

In seinem Ohr ertönte ein freudloses Lachen. »Scheiße«, knurrte Hill, »das hat uns gerade noch gefehlt.« Er hörte das tiefe Seufzen des Mannes, als er die Vororte endgültig hinter sich ließ. »Also schön«, fuhr Hill, nach einer angespannten Pause, zu sprechen fort. »Triff mich in einer halben Stunde an gewohnter Stelle«, wies er Jason an. »Ich werde in der Zeit Prescott informieren.«

Jason schluckte. Er musste kein Hellseher sein, um zu wissen, dass Prescott bei der Nachricht, dass Cathrynn Rayven ihm möglicherweise erneut bei seinen Plänen in die Quere kommen würde, ausrasten würde. Schnell bestätigte er Hills Anweisung und beendete das Gespräch, bevor er den Mustang wendete, um zum Treffpunkt mit seinem Verbindungsagenten zu fahren.

Jenseits der Unschuld

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